Das innere Heiligtum
Interview mit Saxon
Heavy Metal aus Großbritannien - South Yorkshire
Heavy Metal aus Großbritannien - South Yorkshire
Hallo Nibbs, dankeschön, daß du dir Zeit für uns genommen hast. Ihr seid ja gerade mal wieder auf großer Tour. Wie viele Gigs habt ihr denn bisher gespielt?
Bisher waren es 17 Konzerte. Die Tour hat uns nun nach Antwerpen, Amsterdam, Oberhausen, Köln, Berlin und Leipzig geführt. Daneben waren wir in Spanien unterwegs (Madrid, Barcelona, Valecia), ebenso in Frankreich, wo wir in Lyon und Paris gespielt haben…
Wie siehts mit eurem Heimatland aus?
Am 15. Mai geht’s Richtung England, wo wir u.a. in Wolverhampton, Manchester und London Station machen.
Werden das die letzten Shows der Tour sein?
Ja, das wird dann das Ende sein. Unsere Reise führt uns innerhalb Großbritanniens noch nach Schottland (Glasgow) und Irland (Belfast und Dublin). Das müsste dann alles gewesen sein.
Wo wir gerade von Großbritannien reden: wie sieht denn im Moment der metallische Markt dort aus?
Der Markt bei uns scheint im Moment recht interessant zu sein. Es gibt definitiv viele Acts, die man sich gut anhören kann, die versuchen, laut, heavy und schnell zu spielen…
Auch auf traditioneller Ebene?
Traditioneller Metal hält sich im Moment recht gut. Es gibt da ein sehr gutes Magazin namens „Classic Rock“, das in seiner Bandbreite auch Bands wie SAXON gut abdeckt. Außerdem werden wir auch von Magazinen akzeptiert, die sich nicht auf klassischen Rock beschränken und natürlich vermehrt über Newcomer-Acts berichten. Es gibt ja auch ein paar gute neue Bands wie z. B. TRIVIUM oder DRAGONFORCE, die in Großbritannien sehr populär sind. Gerade letztere werden demnächst 2 Shows im Astoria spielen. DRAGONFORCE spielen eigentlich klassischen Rock, den sie aber gleichzeitig in Power Metal umwandeln. Solange man Hard´n Heavy-Riffs hört mit Melodien und gutem Gesang, dann ist mir eigentlich auch der Stil egal. In England scheinen sie mit Bands wie TRIVIUM und DRAGONFORCE jedenfalls ganz zufrieden zu sein.
Kann man also davon ausgehen, daß sich das neue Zeug wieder eher in die traditionelle Richtung entwickelt?
Ich würde nicht sagen, daß es sich großartig ändert. Vielleicht insofern, daß die Musik wieder wichtiger wird als das Stage-Acting.
Kommen wir wieder zurück zur Tour: wie läuft´s denn bisher so? Seid ihr zufrieden mit eurer Reise?
Oh ja, sehr sogar. Es läuft alles fantastisch, und ich muß zugeben, daß diese Tour für mich seit meinem Einstieg 1988 die beste ist. Und das sagt so einiges, nachdem wir über die Jahre mit Alben wie „Killing Ground“, „Metalhead“, „Dogs Of War“ oder „Solid Ball Of Rock“ getourt sind. Ja, für mich ist es definitiv unsere bisher beste Tour.
Vor ein paar Wochen sind wir in England in einer TV-Show aufgetreten. Wir mussten so tun, als ob wir aus einem brennenden Haus raus laufen. Die haben da ein großes TV-Set aufgebaut und wir mussten uns wegen einer großen Explosion auf den Boden werfen. Die Feuerwehr kommt darin nebenbei auch vor…
Hat das vielleicht auch damit zu tun, was Biff mit seinem Haus widerfahren ist?
Könnte man annehmen (lacht)…Der Typ, der diese Show macht, sucht jemanden, den er aus diesem Disaster befreien kann, und er hat eben uns gewählt. Ich glaube aber nicht, daß er von dem Feuer in Biff´s Haus gewusst hat.
Eine andere lustige Geschichte, an die ich mich erinnere, ist, als wir mal Leute zurückgelassen haben. Wir spielten einen Gig in Oklahoma und am nächsten Tag hatten wir einen „Day Off“, mussten aber erst die ganze Strecke nach St. Antonio fahren, wo der nächste Gig stattfinden sollte. Eine sehr lange Strecke, fast 20 Stunden Fahrzeit. Am nächsten Tag sind wir aufgewacht und fragten uns: „Wo ist Paul (Quinn, Gitarrist – d. Verf.)? Er war nirgends zu sehen und wir dachten uns noch: „Wie kann man denn so lange schlafen?“. Aber in seinem Bett war er auch nicht, sondern noch in Oklahoma. (Überlegt:) Oder war´s Baltimore? Nein, ich glaube, Alberquerque. Aber egal…jedenfalls hatte er wohl mit dem Tour-Manager den Bus verlassen, um sich was zu essen zu besorgen, und wir sind versehentlich ohne die beiden weiter gefahren. Natürlich hatten sie auch keine Jacken dabei, aber gottseidank hatte der Tourmanager seine American Express-Karte nicht vergessen, so daß sie den nächsten Flug nach St. Antonio nehmen konnten.
Lustige Sache, auch wenn die beiden das zu dem Zeitpunkt wohl eher weniger lustig fanden. Aber was anderes: vor etwa 15 Jahren wart ihr mit MOTÖRHEAD im Rahmen der „Bombers And Eagles“-Tour unterwegs. Letztens habe ich ein Gerücht gehört, daß diese Tour wiederholt werden solle.
Keine Ahnung, ob wir das noch mal machen werden, von den Gerüchten hab ich allerdings noch nichts gehört. Wir werden zwar immer wieder danach gefragt, und das ganze wäre ein klasse Package, geplant ist aber nichts in dieser Hinsicht.
Ich weiß nicht genau, was das für Probleme waren…
Und jetzt hat er keine Probleme mehr?
Doch, aber er ist soweit wieder auf dem Damm, daß er wieder spielen kann. Wir haben ihn schon vor 3 oder 4 Jahren darauf angesprochen, ob er Lust hätte, wieder bei uns einzusteigen. Seine Antwort war immer „Nein“, weil er meinte, es mache keinen Sinn, ein paar Shows zu spielen und danach die Band wieder verlassen zu müssen. Vor 2 Jahren, glaube ich, hat er dann doch wieder fest zugesagt und bei der „…The Boys“-Tour war er dann wieder dabei. Hier in der Garage haben wir ja seinerzeit auch gespielt.
Nigel spielt eher spontan. Er wechselt zwischen dem Feeling, von dem er selbst glaubt, daß es zu dem Song passt und dem, von dem er denkt, daß wir ihn für richtig halten würden. Er sagt nicht: „Hey Guys, das hier ist der Rhythmus, und ihr müsst euch mir anpassen!“. Darüberhinaus improvisiert er viel. Fritz war da ähnlich, aber auch sehr strukturiert. Manchen gefällt das, manchen nicht so sehr. Was mich betrifft, ich mochte es.
Jörg war sehr strikt. Er war eher der Typ, der den Beat vorgab, und wir sind ihm gefolgt. Mir persönlich hat das ebenso viel Spaß gemacht, es war halt „anders“! Bei Paul und Dougie war das etwas anders, sie hatten anfangs Probleme, sich mit seinem Stil anzufreunden. Nach ein paar Shows legte sich das das dann aber auch wieder.
Ich weiß, daß ihr den Kontakt zu Nigel nie abgebrochen habt, so daß du mir sicherlich erzählen kannst, was er denn in der Zwischenzeit so getrieben hat. Ich habe nichts davon gehört, daß er in einer anderen Band gespielt hätte.
Nein, in einer anderen Band war er nicht, aber er hat wohl ab und zu mit Freunden ein paar Gigs in Clubs oder Pubs gespielt. Er liebt es einfach zu spielen, aber er hat halt keine Tourneen bestritten. Ansonsten hat er sich mit Drumcomputern und seinem Keyboard beschäftigt. Mit Dougie hat er Musik für eine Instrumental-CD namens „Mad Men And English Dogs“ komponiert. Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob er die Drums selber gespielt hat oder ob er dafür eine Drum-Machine programmiert hat. Jedenfalls war er für die Keyboards zuständig und Dougie hat die Gitarren beigesteuert. Ein Teil dieser Musik wurde dann fürs Fernsehen verwendet, für (auf Deutsch) Werbung und solche Dinge. Eigentlich ist Nigel mit TV-Musik sogar ziemlich erfolgreich und oft findet man sie dort, wo man sie nicht erwarten würde, wie beispielsweise in Dokumentationen. Natürlich unterscheidet sich seine Musik auch sehr stark von Metal. Langer Rede, kurzer Sinn: das ist das, was Nigel die Jahre über gemacht hat.
Laß mich eine Gegenfrage stellen. Was würdest du denken, was der Titel bedeutet?
Wenn ich den Titel wörtlich übersetze (inneres Heiligtum), bedeutet es vielleicht, daß Ihr zufrieden mit euch selbst seid…
Wir mögen den Titel, weil er genau diese Bedeutung für uns hat. Als Band sind wir mit uns selbst im Reinen. Wir sind zufrieden mit dem, was wir tun und stehen dazu. Für uns hat dieser Ausdruck aber auch eine sehr intime Bedeutung, so wie etwas persönliches, wie ein Geheimnis, das wir preisgeben. Und wir laden dich ein, im Inneren dessen zu sein, was wir sind. Es fühlt sich einfach alles richtig gut an. Ich schreibe jeden Tag ein wenig über die Gigs, die wir spielen. Und ich denke beispielsweise darüber nach, wie viele Leute wohl auf unserer letzten Show waren. Heute abend werden es vielleicht um die 900 sein, und dann denke ich: „900 Leute waren ein Teil des „Inner Sanctum“!“ Es gibt natürlich verschiedene Möglichkeiten, den Titel zu betrachten, für uns hat er aber definitiv die Bedeutung, daß wir zufrieden mit dem sind, was wir tun.
(Kurze Anmerkung von mir an Klaus): Also hattest du Recht mit der Bedeutung!
Ja, zum Teil hattest du Recht!
(überrascht): Hast du das etwa verstanden?
Ja!
Ihr habt zu dem Album mit „If I Was You“ auch eine Single veröffentlicht. Die Single-Version wird hingegen etwas anders sein als die Album-Version. Warum eigentlich? Denkt ihr, daß die Album-Version vielleicht nicht eingängig genug ist?
Mit der Eingängigkeit hat das nichts zu tun. Wir haben eine TV-Dokumentation für England bzw. Großbritannien gemacht, und im Rahmen dieser Doku kam die Frage auf, ob es möglich ist, eine Band wie SAXON dadurch zu pushen. Ein Teil der Sendung konzentrierte sich auch auf unser Image und die Musik. Wir hatten den Song bereits fertig und den Machern gefiel er. Wir wurden dann gefragt, ob wir „If I Was You“ noch mal machen könnten. Entweder so wie auf der Platte oder auch anders, so wie wir´s für richtig hielten. Die Single unterscheidet sich auch kaum von der Album-Version, es sei denn, du bist Musiker oder Komponist des Songs. Dann fällt´s vielleicht auf. Vielleicht ist die Produktion ein bisschen anders und die Vocals sind aggressiver. Meiner Meinung passt genau diese Produktion aber vielleicht besser zur Stimmung des Songs als die Produktion, die wir dem Album verpasst haben. Ihr könnt euch diese Version gerne mal im Internet runterladen. Check it out!
Also wird es diese Single nicht in Form einer EP oder ähnlichem geben?
Nein. Klick einfach unsere Website (www.saxon747.com) an und du wirst sie gleich finden.
Ein anderer Song heißt „Need For Speed“. Wurde der Titel etwa einem gleichnamigen Videospiel entliehen?
Der Titel wurde wohl von Biff´s „Need for Speed“ inspiriert. Biff ist ein Freak in Sachen Motorräder und Autos. Ein Freak, wenn es darum geht, den Adrenalinspiegel zu erhöhen. Der Titel ist bildlich gemeint, und wenn du den Song hörst, wirst du merken, daß hier eine Menge Dinge zusammen kommen. Nachdem ich das Riff für den Titel fertig hatte, kamen die Drums dran, und Biff hörte es sich an und meinte: „Das symbolisiert Geschwindigkeit!“. Also benutzten wir das ganze als Fundament, und Biff schrieb einen Text dazu.
Und wer kam auf die Idee, den Blast-Beat-Part am Ende des Songs einzubauen?
Das war Nigel´s Idee. Er wollte am Ende einfach explodieren.
Mit „Atila The Hun“ habt habt ihr mal wieder einen Song, bei dem euer Interesse an geschichtlichen Themen deutlich wird…
Das ist Biff´s Ding. Er und auch Nigel interessieren sich total für Geschichte.
Und woher kommt dieses Interesse?
Bei Attila handelt es sich um eine interessante Persönlichkeit, die überaus aktiv war, sehr clever und intelligent, was Strategien und solche Dinge betrifft. Ein wirklich interessanter Mensch, den wir in einer Weise würdigen und interpretieren, die noch niemand so gehört hat. Ich kenne keinen anderen Song, der „Atila The Hun“ heißt. Kämpfen liegt in der Natur des Menschen, obwohl wir das sicherlich nicht sollten. Nimm einen Film wie „Gladiator“ zum Beispiel! Den Film hab ich mir vorher mindestens einmal die Woche angeschaut, was aber nicht bedeutet, daß ich deswegen auf die Straße gegangen wäre und Leute verprügelt hätte. Irgendwie ist es packend, Songs über Kreuzritter oder Attila zu schreiben. Allerdings muß man aufpassen, was man sagt. Heutzutage wird aufgrund der globalen und schnelllebigen Kommunikation vieles schnell missverstanden. Wir sind eine Heavy Metal-Band. Auf unserem ersten Cover ist ein
Wo du gerade die Kontroversen ansprichst: Ihr hattet mit „Crusader“ doch Probleme in den USA!
Wir hatten Probleme in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Von Problemen in den Staaten weiß ich nichts, nur von denen in Dubai. Das Thema „Crusader“ war ihnen wohl zu gewalttätig und es wurde auch als rassistisch interpretiert. Deshalb sagten sie uns, daß wir nicht in ihr Land kommen könnten.
Hat sich diesbezüglich etwas in der Zwischenzeit geändert?
Nein, wir dürfen noch immer nicht dort rüber. Habt ihr schon mal von einem Sänger namens Chris De Burgh gehört?
Natürlich!
Er hat auch mal ein Album namens „Crusader“ auf den Markt gebracht, aber er durfte in Dubai spielen. In der einen Woche sind sie dagegen, in der nächsten wieder nicht. Anscheinend haben wir in Dubai wohl einfach die falsche Woche erwischt!
Nun, das ist wirklich dumm…
Das hast du gesagt (lacht und beugt sich über das Aufnahmegerät): Klaus hat gesagt, das sei dumm! Hallo Dubai! Auf Wiedersehen, Dubai!
Hoffentlich versteht diese Witzeleien nun niemand falsch! Bleiben wir einfach mal bei geschichtlichen Texten, denn auch „Red Star Falling“ scheint einen historischen/politischen Hintergrund zu haben.
Es geht darin um den Kommunismus, so wie wir ihn sehen und verstehen. Es gibt auch heute noch viele Kommunisten, die sagen, daß der Kommunismus das einzig richtige war. Der Text spiegelt nur unsere Sicht wider, wir sagen nicht, daß er richtig oder falsch war. „Red Star Falling“ ist ein Song über etwas, das passiert ist, wie z. B. in Russland. Der Song handelt wertfrei davon, was dort vor sich ging. Und der Satz „Did you see the red star falling“ klingt einfach cool.
Der Song klingt irgendwie etwas von „The Eagle Has Landed“ inspiriert.
Hmmm, Dougie hatte die erste Strophe, die sehr ruhig und melancholisch ausgefallen ist, danach setzen der Bass und die Drums ein. Das ganze fühlt sich an wie ein Traum über eine Situation in Russland, als der Kommunismus herrschte. Als dann die Heavy-Riffs und der Rhythmus sowie die Drums ergänzend dazu kamen, wurde alles zu unserer Interpretation von dem, was die Menschen dort empfunden haben müssen, als Panzer durch die Straßen fuhren. In einem Land zu leben, in dem man seine Meinung nicht frei äußern darf, wo die Zustände chaotisch waren. Musikalisch gesehen hatten wir am Anfang die Gitarren und das Heavy-Riff, bevor wir diesen Chor einfügten. Wir haben vor ein paar Jahren mal eine Version von KING CRIMSON´s „Court Of The Crimson King“ gemacht. Beide Songs haben dieselbe Technik, die wir alle sehr mögen.
Als Dougie mit diesem Riff ankam, wussten wir, daß der Song Potential für eine gute Rock-Ballade hat. Heavy, melancholisch…in dieser Struktur hat „Red Star Falling“ sicherlich auch eine Ähnlichkeit zu „The Eagle Has Landed“. Für die Demo-Aufnahme des Songs habe ich übrigens das Schlagzeug eingespielt und Nigel hat sich hinters Keyboard geklemmt. Er kam auf einmal mit diesem Harpsycord-Teil an, und der Rest von uns wusste erstmal nicht, was man damit anfangen könnte. Er spielte diese Harpsycord-Teile so, als wollte er, daß der Rest der Band sich erstmal in den Pub verzieht. Wir mochten das Zeug zwar, wussten aber – wie gesagt - nicht, was wir damit machen sollten. Aber irgendwo würden die Parts schon passen. Wir bearbeiteten den Song also, wussten in der Mitte des Songs aber erst nicht, ob wir mehr Gitarren verwenden sollten oder mehr Bass. Also entschieden wir uns, Nigel´s Part genau dort unterzubringen. Biff spielte übrigens Bass, dazu Doug und Paul an der Gitarre und Nigel an den Keyboards. Auf der CD klingt das ganze letztendlich sehr tight und geradeaus, aber als wir den Song einspielten, versuchten wir eigentlich, sehr frei damit umzugehen. It´s a bit self-indulgent, wir mögen es, so zu spielen, auch wenn das alles – um ehrlich zu sein – in fertigem Zustand sehr strukturiert klingt. Das Arrangement ist sehr unorthodox, vielleicht nicht besonders spektakulär, aber es macht uns einfach viel Spaß, einen Song auf diese Weise zu entwickeln.
Ich wollte sowieso fragen, wie bei euch der Songwriting-Prozess vonstatten geht. Wie du es gerade erklärt hast, scheint jeder von euch seinen Input einzubringen. Wie sieht das beispielsweise bei dir aus? Kommst du auch öfter mal mit einem Bass-Riff um die Ecke, das als Grundstruktur eines Songs dient?
Nicht sehr oft. In der Tat kommt eigentlich Biff sehr oft mit der Idee für Bass-Läufe und –Riffs an. Ich selber habe manchmal Ideen für Gitarren und Drums, hier und da sogar für die Keyboards. Dougie und Paul dagegen sind Gitarristen durch und durch, aber auch Paul hat ab und zu Idee für den Bass. So gesehen bringt jeder von uns Ideen ein, alles ist recht gleich verteilt. Wobei sich Biff natürlich hauptsächlich auf die Texte konzentriert. Dieses Feld überlassen wir ihm auch komplett. Manchmal haben wir die Idee zu einem Thema, aus dem er dann einen Text strickt. Auch ich selber bringe viele Texte zu Papier. Diese sind jedoch nicht so direkt wie die von Biff und auch nicht so, wie ihr sie von SAXON erwarten würdet.
Ist die Musik zuerst da, oder hat Biff einen Text im Kopf, zu dem ihr dann die Musik bastelt?
Meistens ist die Musik zuerst da. Wir haben viele musikalische Ideen, und wir versuchen, die Stimmung, die zu einem Song passt, zu entwickeln. Manchmal steht aber auch mal ein Titel fest und wir wissen, das wird der Titel einer unserer nächsten Songs. Dann müssen wir die Musik finden, die zu diesem Thema passt. Wir haben vorhin gerade über „Need For Speed“ und „Red Star Falling“ gesprochen; zu beiden Songs hätte die Musik des jeweils anderen Titels nicht gepasst. Hier ist es beispielsweise offensichtlich, was man mit einem solchen Track tun muß. Bei einem Ferrari verändert man auch nicht zu viel, höchstens mal ein bisschen was an der Form, aber nicht an der Maschine. Wenn „Need For Speed“ der Ferrari ist, dann wechseln wir vielleicht die Räder, um ihn zu perfektionieren, aber die Maschine haben wir so, wie wir sie brauchen. So verhält es sich auch mit 70% des neuen Albums. Um beim Vergleich zu bleiben: Manche Songs sind wohl weniger orthodox, wie ein Ferrari mit Flügeln und einem an der Front angebrachten Maschinengewehr.
Welche Einflüsse hast du als Bassist eigentlich?
(da gerade MASTERPLAN spielen): Jan von MASTERPLAN beeinflusst mich sehr im Moment.
Habt ihr und MASTERPLAN euch eigentlich vorher schon einmal getroffen?
Nein, vorher noch nicht, obwohl ich sie vor ein paar Jahren mal in England live gesehen habe. I wanted to check them out! Es ist gut, mit einer solchen Band auf Tour zu sein, weil sie wirklich alle fantastische Musiker sind.
Ansonsten mag ich übrigens Bassisten wie Geddy Lee von RUSH. Geddy ist wirklich fantastisch, und ich mag im Übrigen auch RUSH eh sehr gerne. Nicht zu vergessen Cliff Williams von AC/DC, der sehr gut ist. (Nachdem er sich vergewissert hat, daß wir noch genug Bier haben): Früher interessierte ich mich auch sehr für Funk, obwohl das allerdings Musik ist, die mit einer Band wie SAXON nicht allzu viel zu tun hat. Aber Geddy Lee und Cliff Williams…
…sind also deine Lieblingsbassisten?
Definitiv!
(Als die Rede auf die RUSH-DVD „RUSH In Rio“ und speziell dann auf das überirdische Drum-Solo von Neil Peart kam, rief Nibbs auf Deutsch:)
Aaah, der Trommler!
Als wir uns vorhin vorgestellt haben, hast du gesagt, daß du kein Deutsch sprichst. Wie sich bisher im Gespräch herausgestellt hat, kennst du viele deutsche Wörter und verstehst auch einiges. Wie kommt das?
Meine Frau ist Deutsche. Sie spricht mit den Kindern immer Deutsch, ich immer Englisch. Natürlich schnappe ich dabei zwangsläufig deutsches Vokabular auf
Deine Kinder werden also zweisprachig aufgezogen!?
(wieder auf Deutsch): Ja, zweisprachig. Das ist auch sinnvoll!
Mal eine andere Frage: Was ist Nibbs eigentlich für ein Name?
Das ist ein Spitzname. Ich war mal in einer Band mit einem Kerl, der den Namen „Bram“ trug. Sein richtiger Name ist Bram Tschaikowski, das klingt cool. Er meinte, ich solle mich Nibbs nennen. In Wirklichkeit heiße ich Tim Carter, aber er schlug Nibbs vor. Deshalb der Spitzname.
Hat der Name eine Bedeutung?
Keine Ahnung. Schlagt mal in einem Wörterbuch nach, vielleicht findet sich dort eine passende Bedeutung. Falls ihr aber eine „shitty“ Bedeutung findet, schreibt nichts darüber!
Ok, dann wären wir mit den Fragen soweit durch.
Ich muß mich auch gleich für die Show fertig machen. Außerdem will ich auch noch kurz mit meiner Frau telefonieren. Ist das ok für euch?
Absolut. Dann danken wir dir für das nette Gespräch. Und viel Glück für die Show nachher!
Vielen Dank. Rock you all!!!
Mein Dank geht an dieser Stelle übrigens auch an Klaus-Georg Pauls, der mir mit der Auswertung des Interviews ein gutes Stück Arbeit abgenommen hat. Das nächste Bier geht auf mich!