Verräter oder Helden ?


Interview mit Agathodaimon
Dark Metal aus Deutschland - Mainz
Sathonys ist Gitarrist und kreativer Kopf der deutschen Düster Kombo Agathodaimon, welche mit "Blacken the Angel" meiner Meinung nach einen Meilenstein der tiefschwarzen Tonkunst erschaffen haben. Songs wie "Banner of Blasphemy" und das 15 Minütige Opus "Near Dark" waren über jeden Zweifel erhaben und ließen so manchen Kritiker abenteuerliche Lobeshymmnen verfassen.
Es folgte das in Rumänien produzierte Album "Higher Art of Rebellion". Trotz einem gewöhnungsbedürftigen Sound und einigen neuen Stilelementen war dieses Werk eine konsequente Weiterentwicklung des Konzeptes welches Agathodaimon schon mit ihrem Debut erschaffen hatten. Der dritte Streich, schlicht "Chapter 3" betitelt, konnte mit neuem Sound und atemberaubenden Instrumentalleistungen (der Marke Schweden-Death) an der Gitarre überzeugen.
Allerdings war der Weg dieser Ausnahmeformation nicht immer so rosig wie man jetzt vermuten könnte. Die Schar der selbsternannten "Black Metal Polizei" welche der Band theatralischen Kitsch und ein Verrat der ursprünglichen Werte des Black Metals vorwarfen, war immer präsent. Auch mit der extrem ätzenden Lobby der Political Correctness-Fanatikern mußte sich die Band herumschlagen. Ausschlaggebend war der Gastauftritt des umstrittenden Josef Klumb auf der aktuellen Scheibe. Eine Menge Stoff für interessante Fragen also lass ich den Meister einfach mal selbst zu Wort kommen:



Greetz Sathonys !
Du warst lange bevor die große Zeit für Agathodaimon kam als Journalist für Magazine wie das Ablaze oder das Rock Hard tätig. Kannst du mir sagen inwiefern dich das als späterer Erfolgsmusiker geprägt hat ? Welche Konzerte haben dich besonders beeindruckt. Welche Bands ließen den jungen Mainzer Düsterheimer ehrfürchtig in die Knie gehen ?


Nun, für das Rock Hard war ich nicht tätig, das verwechselst Du sicher mit dem Metal Hammer. Dem Ablaze trat ich bei, nachdem ich das erste Magazin erhielt; damals fragte mich Tiziana von Misanthropy Records, ob ich ein Marduk- und Dark Funeral-Interview für sie übernehmen könnte. Danach stieg ich fest ein und blieb vier Jahre dabei, bis die ständigen Diskussionen überhand nahmen, welche Band für das Magazin denn noch tragbar sind oder nicht. Großen Respekt habe ich seit jeher vor Samael, King Diamond, Slayer...
Die weiteren Bands existieren leider nicht mehr, wie Celtic Frost, Autopsy, Alice In Chains etc, oder die neueren Alben vieler Bands vermögen mich weniger zu begeistern als die älteren, wie bspw. Emperor, Overkill, Queensryche, Entombed oder meine alten Helden Morbid Angel.


Wie stehst du heute dieser Zeit gegenüber ? Sind die Erinnerungen eher nostalgischer (Der Marke "Damals war alles besser",- eine weit verbreitete Meinung in der Szene) Natur, oder kannst du dir mit der heutigen Musik immernoch ähnlich starke Traumwelten bewahren ? Verliert der Metal mit dem Einzug der Routine an Intensität ?

Ich würde sagen, je mehr Einblick man in die Szene bzw. die Hintergründe der Musikszene erhält, umso mehr verliert alles seine Faszination. Dennoch habe ich mir eine gewisse Faszination für die Musik bewahren können. Der Vergangenheit hänge ich nicht nach; dennoch halte ich einige Entwicklungen speziell in der extremen Metal-Szene für sehr bedenklich.
Dieses Gehabe, möglichst "true"und "unkommerziell" zu sein ist für viele einfach nur ein Marketingaspekt.


OK, was kontroverses: Das Label Nuclear Blast ist für viele ein rotes Tuch. Für mich steht dieses Label für musikalische Qualität aber eben auch für eine imaginäre Schablone die ich Hollywood Metal zu nennen pflege.
In der Welt von Nuclear Blast ist kein Platz für Ecken und Kanten, geschweigedenn extrem vertonte Individualität. Gerade wenn ich eure neuen Bandfotos sehe wird mir ziemlich unwohl. Sathonys mit Jacky, Zigarre und zwei kitschig bekleideten Damen posend vor einem Caddi. Ist dieses Rockstar Gehabe als augenzwinkerndes "Fuck off !" an die ewig Besserwissenden gedacht, oder einfache deine Vorstellung von Metal im Jahre 2002 ?


Herrje, das Problem in der Metal-Szene ist, dass man selbst mit Ironie oder offensichtlichen Übertreibungen noch bierernst betrachtet wird.
Uns warfen viele vor, wir wären Rockstars, weil wir bei Blast sind etc., und das ist einfach Quatsch. Die Fotosession war extra so überzogen, oder glaubt jemand tatsächlich, dass dies unseren Lebensstil reflektiert ? Davon abgesehen, wer mich kennt, weiß außerdem dass ich weder trinke noch rauche. Ich war entsetzt, wie viele Leute den Witz dahinter nicht verstanden haben. Seltsamerweise hatte sich bei ähnlichen Sessions damals bei den Urvätern Venom niemand aufgeregt...
Wir hätten halt statt eine Luxuslimousine einen Privatjet verwenden sollen, vielleicht wäre dann aufgefallen, dass hier ein wenig übertrieben wurde. Ich hielt es für interessanter, als Fotos im Wald mit Fackel und selbstgeklebten Äxten zu schießen..


Eine Frage über die ich mir schon oft den Kopf zermartert habe ist die nach dem deutschen Metal-Selbstbewußtsein.
Meiner Meinung liegt das auf Seiten der Fans wie auch der Musiker deutlich unter dem Ausländischen. In der Blütezeit des Thrash war Deutschland mit Sodom, Kreator und Destruction noch Exportnation. Im Death und Black-Bereich haben wir International nichts zu bieten. Warum hab ich das Gefühl das ihr nie mit Bands wie Slayer auf die Bretter gehen werdet ? An der musikalischen Qualität der Deutschen Bands kann es nicht liegen...


Haha, ein Grund warum wir wohl nie mit Slayer auf die Bühne gehen werden, liegt daran, dass wir bei der Pay To Play-Attitüde nicht mitmachen. Mag sein dass uns viele als kommerziell bezeichnen, aber wir beugen uns nicht dem Regime der Szene. Bei der Destruction/Kreator/Sodom-Tour waren beispielsweise Wykked Witch (oder wie die auch immer hießen ;) dabei, welche ca. 60.000 DM Support abdrücken mußten, um dort mitzumachen. Uns wurde bspw. vor Jahren die Ehre gewährt, für läppische 40.000 DM mit Moonspell zu touren. Danke nein. Ein Problem ist natürlich auch, dass es deutsche Bands im Aus- und Inland schwer haben, sich überhaupt einen Namen machen zu können.


Zurück zu Agathodaimon: Kannst du unseren Lesern kurz die Umstände schildern die schließlich zu dem Rausschmiss von Hyperion führten ? Werdet ihr für Live-Auftritte einen zweiten Gitarristen engagieren ?

Eigentlich ist das Thema für mich abgehakt, die Band und ich haben sich erschöpfend dazu auf unserer Website geäußert. Grund war hohles Politikgefasel und die Hypersensibilisierung vieler Menschen in Bezug auf alles, was rechtstendenziell sein könnte.
Hyperion ist ein politisch aktiver Mensch, der auch in diese Richtung tendiert, aber weit davon entfernt, Faschist zu sein. Allerdings wußten wir nicht, wie sehr sein Engagement außerhalb der Band reicht, bzw. schlimmer, was genau er mit seiner anderen Band treibt. Band und Privatleben sind zwei Dinge, aber ein Nebenprojekt vermag immer ein falsches Licht auf die Hauptband zu werfen.
Und da wir stets eine Band waren, die niemals politische Statements abgab bzw. gegen Schubladendenken sind, kam es letztendlich zur Trennung. Der Stein, welcher alles in Rollen brachte, waren zwölf Zeilen einer Ballade, die letztendlich den ideologischen Makel besaßen, vom Ex-Weißglut-Sänger eingesungen worden zu sein. Ich kann den Wirbel auch heute noch nicht verstehen, da die Anschuldigungen uns gegenüber meiner Meinung stark übertrieben wurden. Aber die Fans sind uns wichtig, und wir hielten es für eine gute Idee, eine zweite Version aufzunehmen. Nach dem Wechsel hatten wir zeitweise einen zweiten Gitarristen, aber Akaias wird in Zukunft die zweite Gitarre übernehmen und gleichzeitig den Gesang. Dies praktiziert er seit Jahren bei Asaru, was ihn vor keinerlei Probleme stellt.


Was hat es mit der Neuaufnahme von "Sacred Divinity" auf sich ? Hat euch die Klumb-Version nicht mehr gefallen oder geschah es aufgrund des nicht zu übersehenden öffentlichen Drucks ?
Ich halte die Version immer noch für gelungen


Mit der ersten Version waren wir wirklich nicht hundertprozentig zufrieden, da sie ursprünglich nur mit cleanem Gesang gedacht war, aber einige Gesangsspuren ließen sich später nicht mehr verwenden, weshalb Akaias einige Parts übernehmen mußte. Die neue Version wurde von Ophelia eingesungen, welche bereits bei "Near Dark" den cleanen Gesang übernahm. Der Song hat dadurch natürlich ein völlig anderes Feeling, aber ist gerade dadurch auch sehr interessant ausgefallen.


"Black Metal ist Krieg !",- Was hältst du von dieser Aussage und dem Mann der dahinter steht ?

Hehe, kein Kommentar hierzu. Nur soviel; manchmal ist Black Metal auch ein gutes Deckmäntelchen, um die wahren Gründe zu verbergen, warum gegen manche Bands oder Individuen gewettert wird. Ich finde es nur schade, dass der gute Kanwulf seinen Ruf auf etlichen Lügen aufgebaut hat. Musikalisch hätte er es eigentlich nicht nötig gehabt, das Debüt gefiel sogar mir sehr gut.


Wie sehen eure Zukunftspläne aus ? Welche Touren/Festivals stehen an ? In diesem Zusammenhang: Wieso rauft sich der deutsche Underground nicht mal zusammen und organisiert eine Tour mit einem Package wie Agathodaimon, Nocte Obducta, Lunar Aurora, Bluttaufe etc... ?

Oh, Tourneen sind ein sehr fragiles Gefüge.
Ein solches Package würde wohl bereits an der Abstimmung der Zeitpläne, Ego- und Besetzungsproblemen scheitern. Nocte und Bluttaufe sind meines Wissens derzeit nicht in der Lage, Gigs zu absolvieren, abgesehen davon hätte Matthias dann eine Doppelbelastung pro Abend. 1996 hatte ich allerdings das "United Underground Festival" in Trier organisiert, bei dem u.a. Nocte, Lunar Aurora und wir spielten, sowie Desaster, Impending Doom etc. War eine schöne Zeit, vielleicht gibt es mal einen dritten Teil, wer weiß...

Ok Sath, das wars schon. Danke für das Interview und metallische Greetings

Ciao !
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