Von wegen funny funny happy happy HELLOWEEN


Interview mit Helloween
Power Metal aus Deutschland - Hamburg
Nach „Unarmed“, dem etwas anderen Rückblick auf die eigene Geschichte, über den die Meinungen weit auseinander gehen, hat die Hamburger Metallegende HELLOWEEN offenbar vorerst genug von sanften Klängen, so wuchtig und schnell wie das neue Album „7 Sinners“ klingt, obwohl es auf dem sonnigen Teneriffa eingespielt wurde. Ob zocken unter Palmen noch Metal ist, was das Gemetzger von Saw mit dem neuen Album zu tun hat und der Unterschied zwischen einem Album mit Konzept und einem Konzeptalbum sind ein paar der Themen, zu denen der bestens gelaunte Drummer Dani Löble am Telefon einiges erzählen konnte.

Ich finde die neue Platte fast überraschend energiegeladen und nach vorne gehend. War das auch ein bisschen Absicht nach dem ganz anderen Projekt „Unarmed“ am Anfang des Jahres?

Dani: Eigentlich ja, wir wollten ein hartes, schnelles Album machen, was aber nicht direkt zurückzuführen ist auf „Unarmed“. Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, um „Unarmed“ zu verwirklichen, haben dieses neue „7 Sinners“ Album aber erst möglich gemacht. Dieses Mal wollten wir einfach ein hartes, schnelles Album machen, aber nicht mehr so wie früher, wie sonst, wie wir es gewohnt haben, sondern irgendwie wieder mal was Herausstechendes. Also kam uns die Idee, lasst uns einfach wie früher aufnehmen. Bedingt durch die Weiterentwicklung von Technik, Studiotechnik und so klangen ja die Alben in den letzten zehn Jahren - Wie viele waren das, ich weiß es gar nicht? (Es waren vier.) - alle sehr glatt gebügelt, sehr poliert und sehr aufgeräumt. Dadurch ging natürlich viel Roughness verloren und da wollten wir wieder hin. Und dann haben wir einfach ohne Click Track, so wie früher eben, wie zu den ganzen früheren Tagen von HELLOWEEN. Ohne Click Track, ohne irgendwas, einfach voll auf die Fresse aufgenommen. Egal ob‘s eiert oder nicht. Wir haben darauf verzichtet, so präzise wie möglich zu arbeiten, in punkto von Timing und Präzision überhaupt und somit kam eigentlich die ganze Energie wieder zustande. Wir waren selber verblüfft vom Ergebnis.

Ich finde auch, am Schlagzeug ist so viel los wie lange nicht mehr bei HELLOWEEN.

Ja, ich durfte auch endlich mal wieder richtig Gas geben.

Und dann kommt ausgerechnet bei „Raise The Noise“ diese Flöte…

Hahaha! Geiles Ding eigentlich, find ich.

Also ich hab beim ersten Mal dumm geguckt, dann hab ich sehr gelacht.

Jeder redet über diese Flöte. Ich finde es jetzt nicht störend, ich finde es einfach ein außergewöhnliches Element für Heavy Metal. Ursprünglich war mal geplant, dass von JETHRO TULL der Ian Anderson nen Part übernehmen sollte, was aber von ihm aus leider zeitlich in die Hose ging, weil er selber gerade unterwegs ist. Somit hat ein guter, bekannter oder recht bekannter Musiker – Ich kenn ihn selber nicht – den Job übernommen. Und ich find, es ist einfach HELLOWEEN. Unerwartet oder erwartet unerwartet.

Ich hab mich an der Flöte eigentlich überhaupt nicht gestört. Beim ersten Mal war es halt ungewohnt, aber dann fand ich es lustig. Ich fand, es war eigentlich fast schon der typische HELLOWEEN Humor, dass es ausgerechnet bei dem Lied „Raise The Noise“ kommt.

Das ist eigentlich ne textliche Geschichte. Der Text ist so abgefahren und so crazy, was der Weiki (Michael Weikath, Bandurgestein an der Gitarre) da zusammengesponnen hat, wie dieses Flötensolo da reinpasst. Es geht im Grunde um Außerirdische, die einen anderen außerirdischen Planeten besetzt haben. Die eine Partei möchte den Planeten wieder haben, und die besetzende Partei, die schon da ist, steht total auf Popmusik, tut sich aber mit komplexen Zusammenhängen richtig schwer, da werden sie ohnmächtig. Drum haben sie diesen Flötenspieler, der hat sogar im Text nen Namen (Aldo), der spielt. Also die kommen immer in diese Stadien, so in der Art von Fußballstadien, und da treffen sie sich auch, um diese Popmusik zu hören. Und der Flötenspieler fängt an, ganz komplexe Arrangements zu spielen, dann werden die alle ohnmächtig und die Partei, die unbedingt wieder auf den Planet möchte, sammelt diese Ohnmächtigen ein und erpresst die Regierung mit diesen Ohnmächtigen, dass die sich verpissen sollen und dann würden sie ihre ohnmächtigen Bewohner wiederkriegen. Somit ist gewährleistet, dass der Flötenspieler da spielen muss in diesem Solo. Darum in diesem Song. Abgefahrene Nummer echt.

Also fällt das ein bisschen raus aus diesem sieben Todsünden Konzept.

Ja genau. Wobei ich sagen muss, dass es prinzipiell gar kein Konzeptalbum ist. Ich mein, du kannst natürlich, wenn du möchtest, in jedem Text dieser Platte Connections zu „7 Sinners“ finden, aber eigentlich hat es mit nem Konzeptalbum nix zu tun.

Ok. In dem Promozettel stand halt, dass es so grob das übergeordnete Konzept ist.

Genau, eigentlich für alles. Das Coverartwork… Die prinzipielle Idee war Weiks und Andis (Sänger Andi Deris). Weiki kam irgendwann mit diesem kleinen roten Stern, den du da unten siehst in dem Schriftzug „7 Sinners“. Das ist eigentlich ein Siebenzack, und die Mythologie von diesem Stern ist, dass es so ein Engel/Elfenstern ist, also ein recht positiver Stern, der sehr viel Kraft hat. Andi hat da so ne Geschichte gefunden, dass die Erde von Sündern besetzt wurde, um im Namen des Bösen auf der Erde Unruhe zu stiften, und nur dieser Elfenstern mit seinen sieben Zacken, jeder Zacken hat so seine eigene Energie, kann gegen diese Sünder ankämpfen. Damit kam das ganze Konzept so zustande, fanden wir eigentlich ne ganz coole Geschichte und haben sie so adaptiert. Daraufhin entstanden schon so zwei bis drei Songs, „Where The Sinners Go“ & „The Sage, The Fool, The Sinner“ und diese Texte standen schon. Warum sollten wir das jetzt übern Haufen schmeißen, nur um den Konzeptalbumtouch zu vermeiden? Somit gibt’s dazu schon Verbindungen. Prinzipiell haben wir aber für jede Platte ein Konzept. „Gambling With The Devil“ war ja auch ein Konzept, aber kein Konzeptalbum. Bevor wir anfangen aufzunehmen, setzten wir uns immer zusammen und dann kommt automatisch so ne Idee, sprich ein Konzept, das spinnen wir dann zusammen aus und dann hast du schon irgendwie so ein Feeling, um Songs zu schreiben. Aber prinzipiell ist es kein Konzeptalbum.

In dem Zusammenhang finde ich dann auch das Coverartwork mit dem Ninjastern mit den sieben verschiedenen Klingen schlüssiger, weil ich mich gefragt hab, wie sind denn die sieben Todsünden mit diesem Ninjastern in Verbindung zu bringen?

Die sieben Todsünden haben mit diesem Stern eigentlich nichts zu tun. Wir wollten das ganze Album, diesen unerwartet harten Sound - Für mich persönlich ist es eins der härtesten HELLOWEEN Alben muss ich sagen - natürlich auch in ein passendes Cover eintüten. Mit funny funny happy happy HELLOWEEN Kürbissen haben wir uns wirklich schwer getan, und so kam dann die Idee von dem Film Saw. Es ist eigentlich alles so verwandt und wir haben uns davon, speziell mit dem Cover, dem Artworkmann, wir haben uns da so beeinflussen lassen, mit diesen Klingen im Schriftzug, diese Holzmesserteile, das Saw. Allein schon dieses Wort war eine Inspiration, um so ein rotierendes Klingensternchen zu machen, um die Heavyness von diesem Konzept des Sinners & weiß der Kuckuck was und von diesem harten Sound zu unterstützen. Find ich eigentlich, wenn ich es so anschaue, die Musik dazu höre und auch drüber rede total passend. Also es fühlt sich echt saugut an.

Und das klassische Handwerkszeug, aus dem der Schriftzug gebastelt ist, passt ja auch zu dem roheren Aufnahmekonzept.

Das stimmt auch, richtig. Wir haben das auch angepasst. Wieder von Saw diese Klingen, diese Messerklingen, ich glaub, ne Säge ist noch drin, so ne Zimmermannssäge und auch der Kürbis hat ja so ne metallische Form bekommen. So Metallblätter. Das alles in sich ist kein Konzept für eins, aber inspiriert von Saw und dem harten Sound. Ich muss sagen, ich bin richtig happy, weil es so richtig geil zusammenpasst.

Den Saw Stil habt ihr ja auch im Video zu „Are You Metal?“ aufgegriffen, aber ich hab mich gefragt, warum am Ende die zwei Nicht-Metallerinnen, die da gefangen sind und sich gepeinigt von der Musik den Helm wieder aufsetzen müssen, weil sie nicht mit eurer Musik zurecht kommen und der Metal ihnen zu hart ist, gerettet werden. Die dritte kommt damit zurecht und befreit die beiden anderen. Aber warum befreit sie die beiden anderen?

Jaaa.

Die sind ja dann eigentlich Poser, kommen nicht mit Metal zurecht. Hehe.

Hahahahaha! Saugeil, saugeil! Das ist ja saugeil, so hab ich das noch gar nicht gesehen. Ok, gehen wir mal davon aus, dass es Poser sind, dann siehst du mal, wie gutmütig eigentlich die richtig harten Jungs sind. Wir befreien uns mit unserer harten Musik und helfen natürlich den anderen aus der Patsche, die damit nicht zurecht kommen.

Ok.

Immer noch lachend: Ehrlich, es ist ein Drehbuch gewesen, das fanden wir eigentlich ganz geil, so ne richtige Beziehung seh ich jetzt nicht, es ist einfach „Are You Metal?“ Dieser Titel ist natürlich schon ein toughes Statement für ein Album. Dementsprechend wollten wir das auch umsetzen und wenn du diese Musik hörst, wie setzt du das im Drehbuch um? Natürlich muss es ja dramatisch sein, also lassen wir mal so hollywoodmäßig zwei kurz vor dem Kollaps zugrundegehen, einer überlebt und happy happy end. So könnte man eine Brücke bilden.

Im anderen Teil des Videos spielt ihr vor Fans, die übers Internet eingeladen wurden. Wie hat das so mit Dreh funktioniert, ganz unkompliziert?

Ja, relativ. Wirklich sehr unkompliziert. Ich weiß gar nicht, wer da ein Casting gemacht hat oder so richtig, wie es von statten ging. Es waren, glaub ich, 30, 40 oder 50 Leute, muss ich so schätzen, die Einladungen bekommen haben. Die waren dann Mittags da und der Regisseur, das ganze Filmteam hat sie eingeteilt und sie wurden zu speziellen Sequenzen immer umgestellt usw. Die hatten eigentlich auch nen recht harten Drehabend, also die ganze Zeit Kopf schütteln & alles geben, wieder Stop und wieder von vorne, Positionswechsel, wieder alles geben. Ich glaub, sie wissen jetzt, wie hart es eigentlich ist, ein Heavy Metal Video zu drehen, oder ein Video allgemein. Die Jungs und Mädels waren echt nett, wir haben ein bisschen Smalltalk betrieben, sofern Zeit war, denn wir haben natürlich zur gleichen Zeit unsere Szenen gedreht oder Interviews gemacht und sonst was, aber wenn du mal freie Zeit gehabt hast, war es echt total klasse, mit den Fans mal so abzuhängen und in Ruhe, ohne irgendwelchen Stress, mal ein bisschen Spaß zu haben.

Zum Thema “Are You Metal?” stellt sich dann aber auch die Frage, wie Metal ist aufnehmen auf Teneriffa, auch wenn da Riff im Namen der Insel steht…

Och, ich denk mir, Metal hast du ja überall, so wie Funk, Jazz & Fusion auch. Und in Teneriffa aufzunehmen… Jeder meint, wir sitzen da unter der Sonne und mal so easy going, aber eigentlich haben wir da unser Studio und sobald wir landen, geht die Arbeit los. Da merk ich nicht viel davon, ob ich in Hamburg aufnehme oder in Teneriffa. Ich muss einfach alles geben, so wie jeder andere auch. Das find ich platzunabhängig. Ob das jetzt nicht Metal ist oder nicht, völliger Quatsch. Metal machst du überall.

Die Frage sollte auch nichts unterstellen oder ähnliches.

Schon ok, ich habs schon richtig verstanden. Ich sag nur, Metal - Ach, wenn ich das jetzt als Unterstellung verstanden hätte, dann bring das mal spanischen Metalbands bei. Viel Spaß! Hehe!

Gut, die fünf, die es da gibt…

Haha!

HELLOWEEN ist eine Band, die schon sehr lange aktiv ist, mit der Karaoke Scheibe, der Coverscheibe, „Unarmed“ und so weiter ist schon sehr viel ausgereizt worden an Experimentellem. Gleichzeitig werden aber immer noch, was ich recht oldschool finde, Singles rausgebracht. Zu „Are You Metal?“ gab es jetzt auch ne Single, soweit ich weiß. Wie geht das zusammen?

Prinzipiell, ach... “Are You Metal?“ wird nicht mehr als Single veröffentlicht, wie man es gewohnt ist, dass du in den Laden gehen kannst und kriegst ne Auskopplung von Songs, vollgepackt mit irgendwelchen B-Seiten drauf. Ich muss ehrlich sagen, ich glaube, du kriegst den nur als Download, ne digitale Single. So ne richtige kaufbare Single, mit Cover und so, wie wir es gewohnt sind, bekommst du nur noch in Japan. Japan released noch ne gewöhnliche Single, aber an und für sich gibt’s gar keine Heavy Metal Singles mehr. Singles allgemein sterben langsam aus, so dass du Singles eigentlich nur noch per Download, also digital, bekommen kannst.

Bist du sicher, dass euch noch was neues einfällt, wenn das nächste Mal ein besonderes Datum ansteht, wie zum 30. Jubiläum?

Och, zum 30jährigen in vier Jahren schon, bestimmt. Uns fällt immer irgendein Blödsinn ein. Vielleicht machen wir keine „Unarmed“ Geschichte mehr, also Unarmed 2, aber - Ach, ich weiß es nicht. Soweit haben wir noch gar nicht gedacht. HELLOWEEN gibt’s jetzt 26 Jahre, es ist jetzt das 13. Studioalbum und man denkt immer, wenn man eine Scheibe gemacht hat, „Woah, des jetzt zu toppen…“, aber wenn es dann soweit ist, fällt einem immer etwas Geiles ein. Momentan kann ich es mir ehrlich nicht vorstellen, weil ich relativ müde und ausgepowert bin von der Arbeit an dem Album, aber wenn ich mal wieder ein bisschen auf den Füßen bin, sprich nach der nächsten Tour, dann kommen auch wieder Ideen und dann hab ich auch wieder Bock, irgendwas zu machen. Ideen gehen uns nicht aus, dafür sind wir viel zu kreativ.

Ein Videospiel würde ja zur aktuellen Zeit passen, also SingStar oder Guitar Hero.

Ja, da waren wir auch schon im Gespräch, aber es ist nicht einfach da rein zukommen, denn diese Idee haben viele Bands. Ich weiß, dass wir bei Guitar Hero und auch bei solchen anderen Video Games schon zur Auswahl standen, aber ich kann dir leider nicht sagen… Ich würde es tun, aber ich weiß nicht, warum gewissen Sachen nicht zustande kamen.

Ok, kommen wir zur Band direkt zurück. Bei so einer großen & bekannten Band wie HELLOWEEN, welche Erwartungen habt ihr eigentlich, wenn ein neues Album rauskommt?

Sagen wir es mal so, erwarten tut man natürlich immer das positive, dass die ganze Welt austickt, total hysterisch wird und sich schier totschlägt, nur um das HELLOWEEN Album zu bekommen. Das erwartet natürlich jeder! Spaß beiseite, man erwartet natürlich, dass es den Fans oder dass es den Leuten draußen gefällt, ganz klar, weil so ne große Band ist natürlich auch abhängig von Fans, die diese Band am Leben halten. Und ich meine, es ist ja echt geil, dass es da draußen HELLOWEEN Fans, sprich Leute gibt, die alles geil finden oder das Meiste geil finden, was wir tun und was wir lieben zu tun. Das find ich schon echt abgefahren geil. Und von dem her erwarten wir, mit jeder Idee, die wir releasen, dass es den treuen Fans, neuen Fans oder auch Leuten überhaupt, dass es der Menschheit draußen um uns rum auch gefällt. Das ist für uns schon ne Erwartung, aber die kannste natürlich nicht vorhersehen.

Und für euch ist der Knackpunkt für ein neues Album, dass zum einen immer noch neue Musik in euch drin steckt und zum anderen es auch ein guter Anlass ist, um wieder neu auf Tour zu gehen?

Ja natürlich. Auf Tour gehen… Wir sind natürlich Musiker nach wie vor und Heavy Metal Fans. Natürlich nicht mehr solche Fans, wie wir mal waren mit 14, 15, aber nichtsdestotrotz nur im Studio rumsitzen... Ich meine, Musik machen heißt ja auch auf die Bühne zu gehen, diese Magie. Es ist echt ein abgefahren geiles Gefühl, auf so ner Bühne zu sitzen und dann mit so ner Band wie HELLOWEEN, wo auch noch richtig Leute unten stehen. Und diese Fans von HELLOWEEN, die find ich schon auch sehr passioniert und – Ja – freakig, die gehen ja teilweise echt ab wie Schmidts Katze. Das ist echt ein saugeiles Gefühl, das ist ja eigentlich ne Droge. Dieses Gefühl wollen wir uns auch immer holen. Andersrum müssen wir ja wie alle Bands heutzutage auch live spielen, weil die Plattenindustrie immer weiter runter geht. Es gibt eigentlich fast keine Recordlabels mehr, die Plattenläden ums Eck, die machen auch langsam die Hose zu. Also musst du dir schon was einfallen lassen, wo du dein monatliches Einkommen herbekommst. Und somit sind natürlich viele Bands auf live spielen und Merchandise angewiesen, und darum gehen wir auch auf Tour. Natürlich in erster Hinsicht, weil wir Bock drauf haben und um das Album zu promoten, das ist der Grundgedanke, aber natürlich auch aus finanziellen Gründen, ganz klar.

Ärgert man sich dann auch mal live, wenn die Fans bei den alten Sachen viel mehr abgehen oder eher diese verlangen als Sachen von dem neuen Album, wegen dem man auf Tour ist bzw. das man promoten will auf der Tour?

Nö, ganz und gar nicht. Ich freu mich auch nach wie vor, wenn ich „Dr. Stein“ einzähle, was mich da erwartet. Es ist jedes Mal das gleiche, da freu ich mich natürlich drauf, dass die Fans es immer noch geil finden und sich auch drauf freuen und nicht müde sind, zu solchen Klassikern zu stampfen. Klassiker sind Klassiker und drum sind sie Klassiker. Und dass natürlich Fans zu neuen Songs nicht so abgehen wie zu alten, liegt ja auf der Hand. Lass mal ein paar Jahre vergehen, irgendeiner, irgendwelche Songs werden dann auch schon langsam zu Klassikern werden, und dann sieht‘s auf der nächsten Tour schon ganz anders aus. So hat es auf jeden Fall die Erfahrung gezeigt.

Also dann rufen die nach „Are You Metal?“ oder „Who Is Mr. Madman?“?

Hoffe ich doch mal. Also „Are You Metal?“ wär mir lieber, ist nicht ganz so schnell wie „Wo Is Mr. Madman?“. Da kann ich mich auch mal zurücklehnen und den Abend genießen, hehe.

Kommen wir mal zur Geschichte der Band vor deiner Zeit. Was ist dein Lieblingsalbum von HELLOWEEN? Von denen, an denen du nicht teilgenommen hast.

An denen ich nicht teilgenommen habe? Ja, das ist natürlich ne toughe Frage. Die Keeper Alben sind natürlich Klassiker, die stehen bei mir weit vorn dabei, gefolgt von „Master Of The Rings“, sogar „The Dark Ride“. Das steht ja immer noch zur Diskussion bei den Fans, für mich persönlich ein saugeiles Album. Jedoch HELLOWEEN untypisch. Gerade die Keeper Alben, um mal ne flotte Antwort zu geben, find ich schon weit vorn dabei. Inklusive „Master Of The Rings“.

Und welches findest du grenzwertig? Ich will nicht sagen schlecht, deshalb sag ich mal „grenzwertig“.

Houuu, pffff… (und andere schwer in Worten ausdrückbare Laute) Grenzwertig? Für mich gibt’s eigentlich kein grenzwertiges Album. (Dani grübelt kurz.) Hmm, neee, find ich keins.

Ich hab mir gedacht, ich könnte dir noch ein paar Namen vorwerfen zum Thema Metal oder nicht, aber mir ist nicht so viel vernünftiges eingefallen.

Ok, wär jetzt lustig gewesen.

Zum Beispiel Ozzy oder Lars Ullrich.

Also wer jetzt Metal ist?

Ja, oder ob sie NOCH Metal sind.

Ich glaube, sie sind immer noch Metal. Also ich möchte ihre Musik jetzt mal nicht als Funk oder Fusion abtun. Natürlich, aus eigener Erfahrung, Lars Ullrich... METALLICA früher oder auch Ozzy früher, die waren ja alle viel härter früher, aber das bringt das Alter halt einfach auch mit sich, dass du dich veränderst. Und wenn METALLICA jetzt immer noch so wären wie früher, das 10. „Master Of Puppets“ oder „Ride The Lightning“ zum 10…. Ich weiß nicht, ob das interessant wäre.

Dafür gibt’s ja SLAYER.

Ja zum Beispiel. Aber da muss ich auch sagen, ich bin SLAYER Fan, doch das fängt mich jetzt langsam an ein bisschen zu langweilen.

Genau das meinte ich. Die haben jetzt so oft sehr ähnliche Alben aufgenommen.

Das meinte ich eben. Es ist so, ich weiß was kommt, und - Ey man, ich finds geil, auch auf der neuen Scheibe sind so viele geile Songs drauf, aber MAN! Ich hab doch schon alles in der Richtung. Drum sag ich, es wär doch auch geil, wenn sie mal nen Kontrast schaffen würden. Aber die sollen auch andersrum spielen, was sie spielen wollen und was von Herzen kommt. Und wenn das Produkt, welches vorliegt, ihr Herzblut ist, dann find ich das natürlich geil.

Da find ich zum Beispiel, dass bei METALLICA live immer noch die Post abgeht, während bei SLAYER live alle nur rumstehen. Gut, Tom Araya ist verletzt, aber die anderen stehen immer nur rum.

Ich muss sagen, ich hab schon länger kein SLAYER Konzert mehr gesehen. Wir haben ein paar Mal zusammen mit ihnen auf Festivals gespielt, da hab ich es mir natürlich mal gegeben, wenn ich Zeit hatte. Aber sonst kann ich da gar nichts zu sagen.

Auf jeden Fall ist es ein bisschen die Rumstehshow geworden. Tom hat ne RückenOP gehabt, darf nicht mehr bangen (Dani: Oh Oh!), Jeff hat sich noch nie mit viel Bewegung hervorgetan, also bleibt alles an Kerry hängen.

Und der macht nichts mehr? Oder der will nicht mehr?

Es ist sehr von der Tagesform abhängig, möchte ich sagen.

Aber das ist auch bei uns so. Ich mein, wir spielen bestimmt auch mal so um die 80-100 Shows pro Platte und wenn du dann erst mal in dem Alter bist… Die machen ja echt extreme Hochleistungsmusik. Das kenn ich aus eigener Erfahrung. Es gibt Tage, da denkst du, ja hier heute, dicker Max machen, und am nächsten Tag, gleiche Voraussetzungen, alles gleich, merkst du (er stöhnt ein Oaah), heute geht nur ein kleiner Max. Also das nehm ich den Jungs nicht übel, ich möchte auch keine anderen Bands kritisieren, weil die sind eigentlich alle Wegbereiter. Solange sie Musik machen, find ichs noch geil. Meine Besorgnis ist eigentlich, wenn diese Bands, die man jetzt kritisiert, die schon 25 Jahre das gleiche machen mehr oder weniger, wenn die mal nicht mehr sind, dann frage ich, wer headlinet dann irgendwelche Festivals?

Dann gibt’s keinen, der in die Lücke reinsticht.

Ja! Ich geb zur Zeit viele Interviews, das ist ein Gesprächsthema, das ich immer hab. Ich find immer noch keine Band, die in solche Größenordnungen reinrutschen kann. Wenn JUDAS PRIEST mal nicht mehr ist, wer machts dann? Wenn METALLICA mal sagen, so jetzt ists genug, wer machts dann? In dieser Größenordnung…

Ja, da bleibt wenig, und ob zum Beispiel VOLBEAT mal so groß werden ist… zweifelhaft.

Ja klar, es ist zweifelhaft. Ich würde es ihnen wünschen, aber es ist jetzt natürlich nicht abzusehen. Es gäbe Anwärter, wo man denkt, es könnte. Joaah, sieht alles gut aus. Aber diese Grenzmarken, die die angesprochenen Bands erreicht haben, die sind echt noch weit weg. Von dem her seh ich schwarz für Festivals, überhaupt. So richtig fette Bands, wo man dann sagt: „Man so ne Band!“ Eine, die ne richtige Hysterie auslöst wie METALLICA. Wow.

Ich glaube, dafür ist die Zeit aber auch zu weit fortgeschritten. Heute strömen jeden Tag hunderte Bands auf einen ein, das waren damals auch einige weniger. Vielleicht führt es auch zum Gesundschrumpfen bei den Festivals. Mittlerweile finde ich, die Gigantomanie bei einigen Festivals ist auch schon deutlich über dem, was ich noch als angemessen empfinde.

Joah, da kann ich nicht mitreden, das beobachte ich zu wenig. Aber wenn ich manchmal hör, Festivals mit 80 Bands, wow, Respekt. Aber diese Flut von neuen Bands… Früher, da hast du Recht, gabs auch dieses Medium Internet nicht. Geh mal auf Youtube, jede Band, die so ein bisschen ein Instrument spielen kann, dreht ein Video, stellt es ins Internet und lässt sich feiern. Die Qualität der Songs, hmmm. Ich hab schon lang keine richtig geilen Songs mehr gehört, im Stile von METALLICA oder sonst was. Von daher, diese Flut ist zwar da, aber die Qualität…

Technik über songwriterischen Fähigkeiten.

Ah ja klar. Wenn ich mich mit jungen Trommlern unterhalte, die sind ja alle in diesem Olympikwahn: Schneller, noch schneller, hyperschnell und hey! Teilweise spielen im Vorprogramm oder auf Festivals Bands, da sind die Trommler 19 oder 18. Hey, ich weiß gar nicht, wie das geht, so schnell zu trommeln, keine Ahnung. Aber die haben das einfach nicht, ich weiß auch nicht, wie ein Tommy Aldridge zu meiner Zeit oder Lars Ullrich oder Dave Lombardo… Es gibt auch aufstrebende Talente, die diesen eigenen Stil haben und da bin ich auch ganz froh drum. Das nur mal so zum Unterstreichen, was du so gesagt hast.


Damit war der Interviewteil dann zu Ende, es folgen als kleines Amüsement aber noch die letzten Sätze aus meinem Gespräch mit Dani. Ausgangspunkt ist die Tour Anfang 2011 und mein geplanter Besuch auf einem der Konzerte der Tour.

Wenn du dann da bist, mach mal auf dich aufmerksam, vielleicht können wir dann mal nen Kaffee zusammen trinken oder so.

Also wenn wir Kaffee trinken, bin ich enttäuscht.

Wieso, was willst du denn trinken?

Ja Bier!

Ich trink doch kein Bier!

Wieso trinkst du kein Bier?

Nein, ich vertrag Bier nicht gut. (lachend) Ich trink lieber Whisky oder so’n bisschen Rotwein.
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