Musik kennt keine Grenzen
Interview mit Firewind
Power Metal aus Griechenland - Athen
Power Metal aus Griechenland - Athen
Seit dem Einstieg von Gus G. bei OZZY OSBOURNE vor zwei Jahren hat auch die Aufmerksamkeit für „seine“ FIREWIND angezogen, selbst wenn sich die Qualität der Alben der zu 80% aus Griechen bestehenden Band noch nicht in jedermanns Haushalt rumgesprochen hat. Auf der Tour mit WOLF kann ich demzufolge ganz entspannt mit dem sympathischen Gus im Tourbus plaudern, der als mittlerweile gestandener Vollprofi prompt versucht, mich bei sich bietenden Gelegenheiten auf dem falschen Fuß zu erwischen. Wie gut ihm das gelungen ist, dürft ihr selbst beurteilen.
Wir sind in der Mitte der Tour, wie läuft es bisher?
Es läuft richtig gut. Es ist unsere erste Europatour seit drei Jahren und überhaupt erst unsere zweite Headlinertour. Wir haben schon eine Menge Touren als Support gespielt und jetzt beim zweiten Mal, dass wir uns als Headliner versuchen, ist es richtig gut. Es gibt mehr Faninteresse und langsam scheint die Sache in Schwung zu kommen. Wir haben bis jetzt in England, Holland und Belgien gespielt und es waren sehr gute Shows. Heute Abend ist die erste Show in Deutschland.
Dann werden wir sehen, ob Köln bereit ist für FIREWIND.
Wir haben hier erst einmal gespielt, auch in diesem Club, vor fünf Jahren zusammen mit DRAGONFORCE. Deutschland ist immer ein bisschen härter als die anderen Länder, weil hier immer so viele Konzerte sind. Ich habe aber gehört, es soll ziemlich in Ordnung sein.
Von meiner Erfahrung mit Konzerten anderer Power Metal Bands hier kann ich sagen, dass es nicht unbedingt gerammelt voll ist, die Leute, die da sind, aber mit Leidenschaft bei der Sache.
Das ist super. Eine gute Rückmeldung vom Publikum zu bekommen ist für mich das Wichtigste. Es ist mir egal, ob es 1.500, 200 oder 500 Leute sind: Wenn sie richtig mitgehen, macht das den Unterschied.
Zu „Days Of Defiance“ habe ich geschrieben, wenn jemand sagen würde oder die Mitglieder der Band erzählen würden, von all ihren Bands hätte sie den meisten Spaß bei FIREWIND, würde ich das auf jeden Fall glauben.
Du meinst, man kann den Spaß hören, den jedes Mitglied von FIREWIND hat und den sie auch in FIREWIND stecken? Ja, obwohl es mein Baby ist, weil ich die Band gestartet habe, hat es sich über die Jahre so entwickelt, dass jeder sich als Teil begreift. Wir haben so viele Sachen zusammen durchgemacht, die Welt ein paar Mal betourt und mit diesem Line-up jetzt drei Alben gemacht. Wir kennen uns und es ist zu einer Familie geworden, nicht einfach fünf Kerle, fünf gute Musiker, die man für eine CD zusammengesteckt hat. Es ist jetzt wie eine Familie, wir sind näher zusammen gerückt und das kann man hören bzw. man kann sogar hören, wie wir noch weiter zusammenwachsen. Wir haben eine Menge Spaß und bei der Musik geht es in erster Linie darum, Spaß zu haben. Warum solltest du ein Album machen, wenn du daran keine Freude hast?
(Einen Wechsel hat es allerdings seit "Days Of Defiance" gegeben: Das Album wurde noch von Mark Cross eingetrommelt, jetzt bedient Michael Ehré das Schlagzeug.)
Wie bekommst du deine ganzen Bands unter einen Hut?
Weißt du, an wie vielen Bands ich zur Zeit beteiligt bin?
OZZY OSBOURNE, FIREWIND und
OZZY und FIREWIND.
Und du wirkst häufiger auf Alben anderer Bands mit, aktuell bei NIGHTRAGE zum Beispiel.
Ah, ok, du meinst die Gastbeteiligungen. Das mach ich so nebenher und es kostet mich normalerweise etwa einen Tag. Es macht mir Spaß, Gastsolos für Bands, die ich mag, oder Freunde, die mich einladen, zu spielen. Gerade erst hab ich etwas für das Album einer finnischen Band eingespielt. Sie heißen HEVISAURUS, eine Heavy Metal Band für Kinder. Die Leute sind wie Dinosaurier angezogen und singen auf Finnisch, aber die Musik ist wie PANTERA, METALLICA, NIGHTWISH oder so. Und die Kinder lieben es! Es ist für junge Kinder und in Finnland eine Doppel-Platin Band, die in großen Arenen auftritt.
(Zu gerne hätte ich Videos der Band verlinkt, aber leider sind die offiziellen Videos in Deutschland alle gesperrt. Stilistisch ist HEVISAURUS aber doch eher im melodischen Power Metal Bereich anzusiedeln als die genannten Namen vermuten lassen. Gus‘ Verwendung dieser Namen sollte wohl einfach zeigen, dass es sich tatsächlich um eine Metalband handelt.)
Wie unterscheiden sie sich, haben sie also freundliche Texte?
Es ist auf Finnisch!
Aber sie fluchen zum Beispiel nicht oder wie?
Nein, nein. Ich hab einfach nur die Leadgitarre für den Titeltrack ihres neuen Albums eingespielt. Es war ein wenig anders, aber cool. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, mache ich solche Sachen, aber natürlich ist für OZZY zu spielen eine sehr große Verpflichtung, die viel von meiner Zeit in Anspruch nimmt. Die Tour ist gerade vorbei und jetzt sind wir mit FIREWIND unterwegs. So teile ich das auf. Wenn ich mit der einen Band arbeite, arbeite ich nicht mit der anderen, und umgekehrt.
Wie viel von den Texten dreht sich um allgemeine Gedanken zum Weltgeschehen oder werden eher persönliche Probleme und Entwicklungen thematisiert?
Ich bin nicht wirklich der große Textschreiber der Band. Für ein paar Lieder hab ich die Texte geschrieben, den Rest überlasse ich Apollo (Papathanasiou, voc.). Er ist sehr gewachsen als Texter und auf den letzten Alben immer besser geworden, speziell auf dem letzten. Ich hab ihn ehrlich gesagt noch nie gefragt, ob er über Persönliches schreibt, seine Sicht auf die Welt oder was immer. Ich vermute, es sind Sachen, die man nachfühlen oder nachvollziehen kann. Wenn du über Menschliches wie Gefühle und Sachen, die man täglich durchmacht, schreibst, hat jeder auf die eine oder andere Weise eine Verbindung dazu.
Ich habe die Lyrics zu „The Ark Of Lies“ geschrieben, die eher allgemein und nicht persönlich sind. Darüber, wohin die Welt geht, was wir sehen. Ich war wohl ziemlich beeinflusst vom Nachrichten gucken im Fernsehen, wie deprimierend das war, und habe darüber geschrieben. Außerdem hab ich einiges von „Chariot“ geschrieben.
Dessen Text für mich sehr persönlich klingt.
(Auszug: „There are things I should have said and there are things I shouldn’t have. What I kept inside – has only hurt my pride. This is my only regret.”)
Speziell “Chariot” ist tatsächlich recht persönlich. Ich habe das geschrieben, als ich durch harte, dunklere Zeiten ging, nicht zurecht kam mit bestimmten Mitgliedern der Band und einiges in Frage gestellt habe. Es war zu einer Zeit, als ich sogar das Gefühl hatte, eventuell diese Band sein zu lassen und etwas anderes zu machen. Du hast immer Zweifel, du hast gute und schlechtere Tage. Das ist zusammengekommen und ich hab es dann zu Papier gebracht. Dann kam Apollo mit dem Chorus über den Streitwagen und ich hab überhaupt keine Ahnung, was das bedeuten soll, aber ich denke, es nimmt die positive Note des Lieds auf.
Helios, der Sonnengott, ist den Streitwagen gefahren.
(Auszug: „Oh chariot, black wheels burn the ground. Oh chariot, I hear this magic sound.)
Ja, ich glaube schon.
Du hast auch „Ark Of Lies“ erwähnt und da gibt es eine Verbindung zu Religion im Text des Liedes. Welche Art von Religion hast du da gemeint, die traditionelle Form oder die Art moderner „Religion“, die sich um Geld, Ruhm und Macht dreht?
Traditionelle Religion. Wenn im Text von „du folgst Religionen“ die Sprache ist, spricht das von dem ganz normalen Durchschnittstyp. Die Leute gehen in die Kirche und stecken eine Menge Geld da rein. Ihnen wird suggeriert, wirklich an etwas zu glauben, weil man ihnen sagt, dass sie in der Hölle schmoren werden, wenn sie es nicht tun. Es geht darum, wie die Religion oder auch die Politik die große Masse, ganze Nationen kontrollieren und dass es wirklich an der Zeit ist aufzuwachen. Und langsam fangen die Menschen auch an, es zu realisieren. Ich komme ja aus Griechenland, das ein sehr religiöses Land ist – oder es zumindest war. In den letzten Jahren gab es so viele Skandale, mit schwulen Priestern und dass von dem vielem Geld nicht wirklich etwas zurückgegeben wird, und das gerade in den Zeiten, die wir durchleben. Was für eine große Diskrepanz da herrscht. Ich denke, organisierte Religion ist der größte Betrug überhaupt in der Menschheit. Und ich bin froh, dass die Griechen ein wenig Abstand dazu gewinnen und bemerken, dass diese Leute nicht so heilig sind. Das Lied handelt also davon, dass diese Leute dir erzählen, du hast das zu glauben und dies zu tun, aber es verdammt nochmal an der Zeit ist aufzuwachen.
Ok, gerade in diesen Zeiten hätte ich mir auch vorstellen können, dass es um Leute geht, die alles tun, um Ruhm, Geld und Macht zu erlangen, ohne links und rechts zu schauen oder mögliche Opfer ihres Weges zu bemerken.
Über alles drüber trampeln, um zu tun, was man will. Ja, genau.
Der Punkt an dem Lied ist nicht, dass ich eine Lösung vorschlage. Ich bin kein Politiker. Man könnte denken, dass ich mich politisch einmische mit diesem Lied, aber ich bin wirklich kein Politiker oder so vertraut mit der Materie, dafür fehlt mir auch das Interesse. Ich will mit dem Lied einfach nur sagen, dass es gut ist, wenn wir ein bisschen mehr nachdenken, bevor wir handeln, und nicht alles glauben sollen, was irgendein Idiot im Fernsehen erzählt.
Den Finger in die Wunde legen und den Menschen sagen, dass sie ihren Verstand einsetzen sollen.
Genau. Denk darüber nach, bevor du eine Wahl triffst, weil das am Ende den Unterschied ausmachen könnte.
Die Zeile stammt nicht von dir, aber in „Embrace The Sun“ heißt es „You can’t change the world but you can change yourself“
Ja, ziemlich coole Zeile, finde ich.
Was war das letzte, was du verändert hast?
(Gus überlegt einige Zeit.) Hmm, ich hab einen neuen Schrank für mein Wohnzimmer gekauft. Hahahaha
Wir können Apollo fragen, ob er an so etwas gedacht hat beim Schreiben, das glaube ich aber nicht.
Wenn ich einen schlechten Tag habe und nicht nett zu jemandem bin, sage ich mir immer, dass man zu jedem nett sein muss. Zum Beispiel den Leuten, mit denen man arbeitet, was in meinem Fall unter anderem die Crew, die anderen Musiker und die Fans sind. Du musst nett zu ihnen sein und sie mit Respekt behandeln. Wenn du wegen irgendwas sauer bist, versuch, die negativen Gefühle wegzuschieben, die eventuell dafür sorgen könnten, dass du nicht nett zu jemandem bist. Darüber denke ich ständig nach.
Was ich für mich geändert habe? Hmm, ich hab im letzten Jahr ungefähr zehn Pfund verloren. Ich wollte besser aussehen, dünner sein, also hab ich das gemacht.
Respekt!
Nun zu etwas anderem, ihr habt bei den Alben zusätzliche Sachen wie Bonustracks
Wir haben eine limited Edition gemacht, genau bei diesem Album.
Ja, aber auf den vorherigen Alben auch zum Beispiel Bonustracks für Japan. Ist es ein harter Kampf zu entscheiden, welches Lied überall und auf jede Version des Albums kommt und welcher ein Bonustrack wird?
Ich mag das ehrlich gesagt überhaupt nicht, das ist Plattenlabelpolitik. Mir wäre es lieber, die zehn, elf oder wie viele Lieder wir schreiben wären für jedermann verfügbar. Ich sehe keinen Grund, warum jemand zwei Lieder mehr haben sollte. Aber so läuft das Geschäft. Japan ist zum Beispiel ein sehr wichtiger Markt für eine Band wie uns. Sie fragen nach dem Extratrack, weil sonst die Verkaufszahlen dort ganz anders aussehen. Da muss man eben ein wenig nach den Regeln spielen. Aber eigentlich kann heutzutage jeder Zugang zu allen Sachen haben, also ist es nicht mehr sooo wichtig.
Ob es ein harter Kampf ist? Schon, gerade direkt nachdem das Produkt fertig ist, kann man das schwer entscheiden, weil dein Kopf zu voll ist mit der ganzen Musik und dem ganzen Projekt. Man hat das in dem Moment erst beendet und hat keine Ahnung, was man auswählen soll, weil man nur schwer klar denken kann. Erst ein paar Monate später, wenn du ein bisschen Abstand zum Album gewonnen hast, siehst du, ob du einen Fehler gemacht hast oder nicht. Hehe.
Es kommt also nicht vor, dass jemand, der in ein Lied vielleicht besonders viel Zeit oder Arbeit investiert hat, härter darum kämpft, dass dieses Lied aufs Album kommt?
Ich weiß nicht, wie das üblicherweise abläuft… Beim letzten Album „The Premonition“ hatten wir einen Song namens „Riding On The Wind“ (vermutlich der Arbeitstitel von „Riding To The Rainbow’s End“), der auf einer sehr coole Idee basierte. Bob (Katsionis, keys & live-git) hat ihn zusammen mit unserem Ex-Drummer Mark (Cross, u.a. OUTLOUD und seit kurzem TANK) geschrieben. Ursprünglich war die Idee ziemlich gut, aber als am Ende jeder daran mitgewirkt hatte, um ihn fertigzustellen, war das Ergebnis nicht so gut wie gedacht. Ich fand, er passte nicht zur restlichen Ausrichtung des ganzen Albums. Und wenn etwas nicht zum Gesamtsound und der Stimmung eines Albums passt, lassen wir es raus. Es ist wirklich kein schlechtes Lied, hat nur nicht zu den übrigen Liedern gepasst, also haben wir ihn bei iTunes oder so verwendet.
In Japan gibt es doch auch immer Bonustracks, weil die CDs dort wesentlich teurer sind als in Europa oder den USA.
Das auch.
Kommen wir mal von FIREWIND weg zu etwas anderen Fragen. Wie bist du zur Gitarre gekommen?
Als ich neun Jahre alt war, hatte mein Vater diese Platte zu Hause, Peter Frampton „Frampton Comes Alive“. Es ist eine 70er Platte von dem Gitarristen von HUMBLE PIE. Er hat das Talkbox Ding gemacht, die Gitarre zum Sprechen gebracht und ich dachte nur, „Wie cool ist das?“ Also habe ich meinen Vater gebeten, mir eine Gitarre zu kaufen, und seit ich zehn war spiele ich mittlerweile. So hab ich angefangen.
(OZZY-Solo von Gus mit Talkboxeinlage)
Mir ist heute beim Betrachten der Bandfotos aufgefallen, dass jeder in der Band lange Haare hat. Denkst du, lange Haare sind immer noch wichtig für eine Metalband?
Bei zwei Kurzhaarigen, die hier sitzen (neben mir noch Tourmanager Mik), musst du aufpassen, was du sagst.
Wir machen das auf jeden Fall nicht, um cool auszusehen. Wenn wir eine dieser Frisurenbands sein wollten, würden wir wie Emos aussehen. Denn wenn du heutzutage im Heavy Metal erfolgreich sein willst, musst du die Haare auf eine bestimmte Weise geschnitten haben. Aber wir sind keine „Kerrang!“ Band, keine dieser Metalcore Bands, sondern einfach nur Rocker. Ich glaube, lange Haare werden nie aus der Mode kommen. Ich finde, es sieht cool aus und wir in der Band mögen das alle.
Apollo hat mal kürzere Haare gehabt, sie aber wieder wachsen lassen, weil es cooler ist und besser aussieht. Beim letzten Album „The Premonition“ war das lustig, weil seine Haare gerade erst wieder zu wachsen begonnen hatten und er beim Versuch cool auszusehen irgendwas damit gemacht hat, also fingen die Leute an, mit dem Finger auf uns zu zeigen: „Oh, FIREWIND sind jetzt Emos.“ Und das war zu einer Zeit, als Emo richtig groß war. Als wir das erste Video zu dem Album, „Mercenary Man“, gemacht haben, war sein Haar halblang (grinsend), er hat Spray benutzt und ein wenig Eyeliner, dafür haben uns die Leute eine Menge Mist an den Kopf geworfen. Aber jetzt sind seine Haare ja gewachsen.
Cool auszusehen ist natürlich schon wichtig für eine Band. Es muss die Kids ansprechen und so. Aber wie ich schon gesagt habe, sind wir nicht darauf aus, eine dieser Lifestyle Bands zu sein.
Und Headbangen sieht blöd aus mit kurzen Haaren.
Genau.
Kommen wir gen Ende zu etwas Ernsterem. In Griechenland sind die Zeiten härter, als sie wohl jemals zu unseren Lebzeiten waren, und gleichzeitig veröffentlichen mehr griechische Musiker denn je Metalalben, Constantine mit DESCENDING, Marios mit NIGHTRAGE oder du mit FIREWIND. Denkst du, dass es da eine Verbindung gibt?
Um klarzumachen was ich meine: Zum Beispiel war in England die Lage Ende der 70er nicht unbedingt rosig und IRON MAIDEN und die anderen NWOBHM Bands haben losgelegt.
Ok, ich verstehe, was du meinst. Die ganze Situation führt dazu, dass mehr Leute sich künstlerisch ausdrücken. Vielleicht.
Und auf extremere Art und Weise, denn Metal ist immer noch extrem.
Vielleicht, allerdings habe ich mir in der Form noch keine Gedanken dazu gemacht, weil ich nicht wirklich Zeit damit verbringe, darauf zu achten, was andere Bands machen, speziell in Griechenland. Aber ich habe das Gefühl, dass eine Band wie wir in den letzten Jahren den Weg bereitet hat, weil die jungen Leute und Musikern dort gesehen haben, dass wir zum Beispiel Erfolg in Japan haben und eine Tour in Amerika oder durch Europa machen können. Es ist machbar. Es gibt keine Grenzen mehr im Musikgeschäft, die Leute können dich gut finden, egal woher du kommst. Besonders in den letzten Jahren – Hey, ein Grieche hat es in Ozzy Osbournes Band geschafft und eben kein Amerikaner. Gut möglich, dass solche Sachen die Leute mehr inspiriert haben.
Ich weiß nicht, ob das etwas mit der politischen Situation zu tun hat, weil ich nicht weiß, ob das ein kulturelles Ding ist. Aber du hast in dem Punkt Recht, dass es heutzutage definitiv mehr Anstrengungen gibt und die Leute besser werden. Vor zehn oder fünfzehn Jahren waren die Bands in Griechenland ziemlich lausig, jetzt werden sie besser und es gibt ein gewisses Level. Aber das hat vielleicht auch mit dem technischen Fortschritt zu tun, jeder kann jetzt ein vernünftiges Heimstudio für weniger Geld besitzen. Es ist eine Kombination der verschiedenen Faktoren, würde ich sagen.
Deiner Meinung nach sind technischer Fortschritt und positive Beispiele also entscheidender dafür als die allgemeine gesellschaftliche Situation.
Ja, das würde ich so sagen. Das wäre wahrscheinlich meine Erklärung, aber vielleicht habe ich auch keine Ahnung.
In einem Punkt muss ich dir auf jeden Fall zustimmen. Jedes Album, das ich in den letzten Jahren von einer griechischen Band gehört habe, war besser, als ich es erwartet hatte.
Haha, ja.
Und Griechenland hat Italien überholt. Dort gibt’s immer noch eine Menge lausige Bands.
Die sehr populären Bands, die aus Italien kamen, sind LACUNA COIL und RHAPSODY, danach ist nichts Vergleichbares mehr gekommen und das ist jetzt zehn oder fünfzehn Jahre her. Aber es ist kein Wettstreit der Länder oder sowas. Wie ich eben gesagt habe, vielleicht hat es eine Menge damit zu tun, dass Musik heute keine wirklichen Grenzen mehr kennt. Es ist egal, wo du herkommst. Möglicherweise ist es sogar cooler, wenn du aus einem ungewöhnlichen Land kommst, wie Indien oder Malaysia. Dieses kulturelle Ding scheint heute immer mehr eingesetzt zu werden. Vielleicht hat das damit zu tun, dass im Heavy Metal alles schon so oft gemacht wurde und die Leute die Nase voll haben von zum Beispiel noch einer hundsgewöhnlichen deutschen Metalband. Wenn es nicht gerade sowas verdammt cooles wie RAMMSTEIN ist! Aus einem Land zu kommen, dass vielleicht nicht so bekannt ist für Heavy Metal, ist heutzutage ein guter Ansatzpunkt für eine Band, um mehr Presse zu bekommen.
Wie NERVECELL aus Dubai oder MELECHESH…
(Gus guckt mich fragend an, weil ihm die beiden Namen offenbar nichts sagen.)
Oder ORPHANED LAND.
Ja, das ist ein gutes Beispiel.
Letzte Frage: Nach dieser Tour spielt ihr im Oktober mit FIREWIND noch eine US-Tour. Was steht danach bei dir an, weiter FIREWIND oder wieder OZZY?
Für den Rest des Jahres FIREWIND. Ich werde in Japan eine „Clinic Tour“ machen und wenn ich Mitte November davon zurück bin, werden wir für das nächste Album ins Studio gehen. Wir planen die Veröffentlichung für nächsten Sommer. Es wird also noch ein arbeitsreiches Jahr.
Das ist eine Information, die mir gefällt, und auch ein gutes Ende für das Interview. Die letzten Worte überlasse ich dir.
Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, das zu lesen und sich mit uns beschäftigt haben. Ich hoffe, dass FIREWIND nächstes Jahr für mehr Auftritte nach Deutschland wiederkommen.
(Bild 1 von links nach rechts: Michael Ehré, Petros Christo, Gus G., Apollo Papathanasio, Bob Katsionis)
Es läuft richtig gut. Es ist unsere erste Europatour seit drei Jahren und überhaupt erst unsere zweite Headlinertour. Wir haben schon eine Menge Touren als Support gespielt und jetzt beim zweiten Mal, dass wir uns als Headliner versuchen, ist es richtig gut. Es gibt mehr Faninteresse und langsam scheint die Sache in Schwung zu kommen. Wir haben bis jetzt in England, Holland und Belgien gespielt und es waren sehr gute Shows. Heute Abend ist die erste Show in Deutschland.
Dann werden wir sehen, ob Köln bereit ist für FIREWIND.
Wir haben hier erst einmal gespielt, auch in diesem Club, vor fünf Jahren zusammen mit DRAGONFORCE. Deutschland ist immer ein bisschen härter als die anderen Länder, weil hier immer so viele Konzerte sind. Ich habe aber gehört, es soll ziemlich in Ordnung sein.
Von meiner Erfahrung mit Konzerten anderer Power Metal Bands hier kann ich sagen, dass es nicht unbedingt gerammelt voll ist, die Leute, die da sind, aber mit Leidenschaft bei der Sache.
Das ist super. Eine gute Rückmeldung vom Publikum zu bekommen ist für mich das Wichtigste. Es ist mir egal, ob es 1.500, 200 oder 500 Leute sind: Wenn sie richtig mitgehen, macht das den Unterschied.
Zu „Days Of Defiance“ habe ich geschrieben, wenn jemand sagen würde oder die Mitglieder der Band erzählen würden, von all ihren Bands hätte sie den meisten Spaß bei FIREWIND, würde ich das auf jeden Fall glauben.
Du meinst, man kann den Spaß hören, den jedes Mitglied von FIREWIND hat und den sie auch in FIREWIND stecken? Ja, obwohl es mein Baby ist, weil ich die Band gestartet habe, hat es sich über die Jahre so entwickelt, dass jeder sich als Teil begreift. Wir haben so viele Sachen zusammen durchgemacht, die Welt ein paar Mal betourt und mit diesem Line-up jetzt drei Alben gemacht. Wir kennen uns und es ist zu einer Familie geworden, nicht einfach fünf Kerle, fünf gute Musiker, die man für eine CD zusammengesteckt hat. Es ist jetzt wie eine Familie, wir sind näher zusammen gerückt und das kann man hören bzw. man kann sogar hören, wie wir noch weiter zusammenwachsen. Wir haben eine Menge Spaß und bei der Musik geht es in erster Linie darum, Spaß zu haben. Warum solltest du ein Album machen, wenn du daran keine Freude hast?
(Einen Wechsel hat es allerdings seit "Days Of Defiance" gegeben: Das Album wurde noch von Mark Cross eingetrommelt, jetzt bedient Michael Ehré das Schlagzeug.)
Wie bekommst du deine ganzen Bands unter einen Hut?
Weißt du, an wie vielen Bands ich zur Zeit beteiligt bin?
OZZY OSBOURNE, FIREWIND und
OZZY und FIREWIND.
Und du wirkst häufiger auf Alben anderer Bands mit, aktuell bei NIGHTRAGE zum Beispiel.
Ah, ok, du meinst die Gastbeteiligungen. Das mach ich so nebenher und es kostet mich normalerweise etwa einen Tag. Es macht mir Spaß, Gastsolos für Bands, die ich mag, oder Freunde, die mich einladen, zu spielen. Gerade erst hab ich etwas für das Album einer finnischen Band eingespielt. Sie heißen HEVISAURUS, eine Heavy Metal Band für Kinder. Die Leute sind wie Dinosaurier angezogen und singen auf Finnisch, aber die Musik ist wie PANTERA, METALLICA, NIGHTWISH oder so. Und die Kinder lieben es! Es ist für junge Kinder und in Finnland eine Doppel-Platin Band, die in großen Arenen auftritt.
(Zu gerne hätte ich Videos der Band verlinkt, aber leider sind die offiziellen Videos in Deutschland alle gesperrt. Stilistisch ist HEVISAURUS aber doch eher im melodischen Power Metal Bereich anzusiedeln als die genannten Namen vermuten lassen. Gus‘ Verwendung dieser Namen sollte wohl einfach zeigen, dass es sich tatsächlich um eine Metalband handelt.)
Wie unterscheiden sie sich, haben sie also freundliche Texte?
Es ist auf Finnisch!
Aber sie fluchen zum Beispiel nicht oder wie?
Nein, nein. Ich hab einfach nur die Leadgitarre für den Titeltrack ihres neuen Albums eingespielt. Es war ein wenig anders, aber cool. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, mache ich solche Sachen, aber natürlich ist für OZZY zu spielen eine sehr große Verpflichtung, die viel von meiner Zeit in Anspruch nimmt. Die Tour ist gerade vorbei und jetzt sind wir mit FIREWIND unterwegs. So teile ich das auf. Wenn ich mit der einen Band arbeite, arbeite ich nicht mit der anderen, und umgekehrt.
Wie viel von den Texten dreht sich um allgemeine Gedanken zum Weltgeschehen oder werden eher persönliche Probleme und Entwicklungen thematisiert?
Ich bin nicht wirklich der große Textschreiber der Band. Für ein paar Lieder hab ich die Texte geschrieben, den Rest überlasse ich Apollo (Papathanasiou, voc.). Er ist sehr gewachsen als Texter und auf den letzten Alben immer besser geworden, speziell auf dem letzten. Ich hab ihn ehrlich gesagt noch nie gefragt, ob er über Persönliches schreibt, seine Sicht auf die Welt oder was immer. Ich vermute, es sind Sachen, die man nachfühlen oder nachvollziehen kann. Wenn du über Menschliches wie Gefühle und Sachen, die man täglich durchmacht, schreibst, hat jeder auf die eine oder andere Weise eine Verbindung dazu.
Ich habe die Lyrics zu „The Ark Of Lies“ geschrieben, die eher allgemein und nicht persönlich sind. Darüber, wohin die Welt geht, was wir sehen. Ich war wohl ziemlich beeinflusst vom Nachrichten gucken im Fernsehen, wie deprimierend das war, und habe darüber geschrieben. Außerdem hab ich einiges von „Chariot“ geschrieben.
Dessen Text für mich sehr persönlich klingt.
(Auszug: „There are things I should have said and there are things I shouldn’t have. What I kept inside – has only hurt my pride. This is my only regret.”)
Speziell “Chariot” ist tatsächlich recht persönlich. Ich habe das geschrieben, als ich durch harte, dunklere Zeiten ging, nicht zurecht kam mit bestimmten Mitgliedern der Band und einiges in Frage gestellt habe. Es war zu einer Zeit, als ich sogar das Gefühl hatte, eventuell diese Band sein zu lassen und etwas anderes zu machen. Du hast immer Zweifel, du hast gute und schlechtere Tage. Das ist zusammengekommen und ich hab es dann zu Papier gebracht. Dann kam Apollo mit dem Chorus über den Streitwagen und ich hab überhaupt keine Ahnung, was das bedeuten soll, aber ich denke, es nimmt die positive Note des Lieds auf.
Helios, der Sonnengott, ist den Streitwagen gefahren.
(Auszug: „Oh chariot, black wheels burn the ground. Oh chariot, I hear this magic sound.)
Ja, ich glaube schon.
Du hast auch „Ark Of Lies“ erwähnt und da gibt es eine Verbindung zu Religion im Text des Liedes. Welche Art von Religion hast du da gemeint, die traditionelle Form oder die Art moderner „Religion“, die sich um Geld, Ruhm und Macht dreht?
Traditionelle Religion. Wenn im Text von „du folgst Religionen“ die Sprache ist, spricht das von dem ganz normalen Durchschnittstyp. Die Leute gehen in die Kirche und stecken eine Menge Geld da rein. Ihnen wird suggeriert, wirklich an etwas zu glauben, weil man ihnen sagt, dass sie in der Hölle schmoren werden, wenn sie es nicht tun. Es geht darum, wie die Religion oder auch die Politik die große Masse, ganze Nationen kontrollieren und dass es wirklich an der Zeit ist aufzuwachen. Und langsam fangen die Menschen auch an, es zu realisieren. Ich komme ja aus Griechenland, das ein sehr religiöses Land ist – oder es zumindest war. In den letzten Jahren gab es so viele Skandale, mit schwulen Priestern und dass von dem vielem Geld nicht wirklich etwas zurückgegeben wird, und das gerade in den Zeiten, die wir durchleben. Was für eine große Diskrepanz da herrscht. Ich denke, organisierte Religion ist der größte Betrug überhaupt in der Menschheit. Und ich bin froh, dass die Griechen ein wenig Abstand dazu gewinnen und bemerken, dass diese Leute nicht so heilig sind. Das Lied handelt also davon, dass diese Leute dir erzählen, du hast das zu glauben und dies zu tun, aber es verdammt nochmal an der Zeit ist aufzuwachen.
Ok, gerade in diesen Zeiten hätte ich mir auch vorstellen können, dass es um Leute geht, die alles tun, um Ruhm, Geld und Macht zu erlangen, ohne links und rechts zu schauen oder mögliche Opfer ihres Weges zu bemerken.
Über alles drüber trampeln, um zu tun, was man will. Ja, genau.
Der Punkt an dem Lied ist nicht, dass ich eine Lösung vorschlage. Ich bin kein Politiker. Man könnte denken, dass ich mich politisch einmische mit diesem Lied, aber ich bin wirklich kein Politiker oder so vertraut mit der Materie, dafür fehlt mir auch das Interesse. Ich will mit dem Lied einfach nur sagen, dass es gut ist, wenn wir ein bisschen mehr nachdenken, bevor wir handeln, und nicht alles glauben sollen, was irgendein Idiot im Fernsehen erzählt.
Den Finger in die Wunde legen und den Menschen sagen, dass sie ihren Verstand einsetzen sollen.
Genau. Denk darüber nach, bevor du eine Wahl triffst, weil das am Ende den Unterschied ausmachen könnte.
Die Zeile stammt nicht von dir, aber in „Embrace The Sun“ heißt es „You can’t change the world but you can change yourself“
Ja, ziemlich coole Zeile, finde ich.
(Gus überlegt einige Zeit.) Hmm, ich hab einen neuen Schrank für mein Wohnzimmer gekauft. Hahahaha
Wir können Apollo fragen, ob er an so etwas gedacht hat beim Schreiben, das glaube ich aber nicht.
Wenn ich einen schlechten Tag habe und nicht nett zu jemandem bin, sage ich mir immer, dass man zu jedem nett sein muss. Zum Beispiel den Leuten, mit denen man arbeitet, was in meinem Fall unter anderem die Crew, die anderen Musiker und die Fans sind. Du musst nett zu ihnen sein und sie mit Respekt behandeln. Wenn du wegen irgendwas sauer bist, versuch, die negativen Gefühle wegzuschieben, die eventuell dafür sorgen könnten, dass du nicht nett zu jemandem bist. Darüber denke ich ständig nach.
Was ich für mich geändert habe? Hmm, ich hab im letzten Jahr ungefähr zehn Pfund verloren. Ich wollte besser aussehen, dünner sein, also hab ich das gemacht.
Respekt!
Nun zu etwas anderem, ihr habt bei den Alben zusätzliche Sachen wie Bonustracks
Wir haben eine limited Edition gemacht, genau bei diesem Album.
Ja, aber auf den vorherigen Alben auch zum Beispiel Bonustracks für Japan. Ist es ein harter Kampf zu entscheiden, welches Lied überall und auf jede Version des Albums kommt und welcher ein Bonustrack wird?
Ich mag das ehrlich gesagt überhaupt nicht, das ist Plattenlabelpolitik. Mir wäre es lieber, die zehn, elf oder wie viele Lieder wir schreiben wären für jedermann verfügbar. Ich sehe keinen Grund, warum jemand zwei Lieder mehr haben sollte. Aber so läuft das Geschäft. Japan ist zum Beispiel ein sehr wichtiger Markt für eine Band wie uns. Sie fragen nach dem Extratrack, weil sonst die Verkaufszahlen dort ganz anders aussehen. Da muss man eben ein wenig nach den Regeln spielen. Aber eigentlich kann heutzutage jeder Zugang zu allen Sachen haben, also ist es nicht mehr sooo wichtig.
Ob es ein harter Kampf ist? Schon, gerade direkt nachdem das Produkt fertig ist, kann man das schwer entscheiden, weil dein Kopf zu voll ist mit der ganzen Musik und dem ganzen Projekt. Man hat das in dem Moment erst beendet und hat keine Ahnung, was man auswählen soll, weil man nur schwer klar denken kann. Erst ein paar Monate später, wenn du ein bisschen Abstand zum Album gewonnen hast, siehst du, ob du einen Fehler gemacht hast oder nicht. Hehe.
Es kommt also nicht vor, dass jemand, der in ein Lied vielleicht besonders viel Zeit oder Arbeit investiert hat, härter darum kämpft, dass dieses Lied aufs Album kommt?
Ich weiß nicht, wie das üblicherweise abläuft… Beim letzten Album „The Premonition“ hatten wir einen Song namens „Riding On The Wind“ (vermutlich der Arbeitstitel von „Riding To The Rainbow’s End“), der auf einer sehr coole Idee basierte. Bob (Katsionis, keys & live-git) hat ihn zusammen mit unserem Ex-Drummer Mark (Cross, u.a. OUTLOUD und seit kurzem TANK) geschrieben. Ursprünglich war die Idee ziemlich gut, aber als am Ende jeder daran mitgewirkt hatte, um ihn fertigzustellen, war das Ergebnis nicht so gut wie gedacht. Ich fand, er passte nicht zur restlichen Ausrichtung des ganzen Albums. Und wenn etwas nicht zum Gesamtsound und der Stimmung eines Albums passt, lassen wir es raus. Es ist wirklich kein schlechtes Lied, hat nur nicht zu den übrigen Liedern gepasst, also haben wir ihn bei iTunes oder so verwendet.
In Japan gibt es doch auch immer Bonustracks, weil die CDs dort wesentlich teurer sind als in Europa oder den USA.
Das auch.
Kommen wir mal von FIREWIND weg zu etwas anderen Fragen. Wie bist du zur Gitarre gekommen?
Als ich neun Jahre alt war, hatte mein Vater diese Platte zu Hause, Peter Frampton „Frampton Comes Alive“. Es ist eine 70er Platte von dem Gitarristen von HUMBLE PIE. Er hat das Talkbox Ding gemacht, die Gitarre zum Sprechen gebracht und ich dachte nur, „Wie cool ist das?“ Also habe ich meinen Vater gebeten, mir eine Gitarre zu kaufen, und seit ich zehn war spiele ich mittlerweile. So hab ich angefangen.
(OZZY-Solo von Gus mit Talkboxeinlage)
Bei zwei Kurzhaarigen, die hier sitzen (neben mir noch Tourmanager Mik), musst du aufpassen, was du sagst.
Wir machen das auf jeden Fall nicht, um cool auszusehen. Wenn wir eine dieser Frisurenbands sein wollten, würden wir wie Emos aussehen. Denn wenn du heutzutage im Heavy Metal erfolgreich sein willst, musst du die Haare auf eine bestimmte Weise geschnitten haben. Aber wir sind keine „Kerrang!“ Band, keine dieser Metalcore Bands, sondern einfach nur Rocker. Ich glaube, lange Haare werden nie aus der Mode kommen. Ich finde, es sieht cool aus und wir in der Band mögen das alle.
Apollo hat mal kürzere Haare gehabt, sie aber wieder wachsen lassen, weil es cooler ist und besser aussieht. Beim letzten Album „The Premonition“ war das lustig, weil seine Haare gerade erst wieder zu wachsen begonnen hatten und er beim Versuch cool auszusehen irgendwas damit gemacht hat, also fingen die Leute an, mit dem Finger auf uns zu zeigen: „Oh, FIREWIND sind jetzt Emos.“ Und das war zu einer Zeit, als Emo richtig groß war. Als wir das erste Video zu dem Album, „Mercenary Man“, gemacht haben, war sein Haar halblang (grinsend), er hat Spray benutzt und ein wenig Eyeliner, dafür haben uns die Leute eine Menge Mist an den Kopf geworfen. Aber jetzt sind seine Haare ja gewachsen.
Cool auszusehen ist natürlich schon wichtig für eine Band. Es muss die Kids ansprechen und so. Aber wie ich schon gesagt habe, sind wir nicht darauf aus, eine dieser Lifestyle Bands zu sein.
Und Headbangen sieht blöd aus mit kurzen Haaren.
Genau.
Kommen wir gen Ende zu etwas Ernsterem. In Griechenland sind die Zeiten härter, als sie wohl jemals zu unseren Lebzeiten waren, und gleichzeitig veröffentlichen mehr griechische Musiker denn je Metalalben, Constantine mit DESCENDING, Marios mit NIGHTRAGE oder du mit FIREWIND. Denkst du, dass es da eine Verbindung gibt?
Um klarzumachen was ich meine: Zum Beispiel war in England die Lage Ende der 70er nicht unbedingt rosig und IRON MAIDEN und die anderen NWOBHM Bands haben losgelegt.
Ok, ich verstehe, was du meinst. Die ganze Situation führt dazu, dass mehr Leute sich künstlerisch ausdrücken. Vielleicht.
Und auf extremere Art und Weise, denn Metal ist immer noch extrem.
Vielleicht, allerdings habe ich mir in der Form noch keine Gedanken dazu gemacht, weil ich nicht wirklich Zeit damit verbringe, darauf zu achten, was andere Bands machen, speziell in Griechenland. Aber ich habe das Gefühl, dass eine Band wie wir in den letzten Jahren den Weg bereitet hat, weil die jungen Leute und Musikern dort gesehen haben, dass wir zum Beispiel Erfolg in Japan haben und eine Tour in Amerika oder durch Europa machen können. Es ist machbar. Es gibt keine Grenzen mehr im Musikgeschäft, die Leute können dich gut finden, egal woher du kommst. Besonders in den letzten Jahren – Hey, ein Grieche hat es in Ozzy Osbournes Band geschafft und eben kein Amerikaner. Gut möglich, dass solche Sachen die Leute mehr inspiriert haben.
Ich weiß nicht, ob das etwas mit der politischen Situation zu tun hat, weil ich nicht weiß, ob das ein kulturelles Ding ist. Aber du hast in dem Punkt Recht, dass es heutzutage definitiv mehr Anstrengungen gibt und die Leute besser werden. Vor zehn oder fünfzehn Jahren waren die Bands in Griechenland ziemlich lausig, jetzt werden sie besser und es gibt ein gewisses Level. Aber das hat vielleicht auch mit dem technischen Fortschritt zu tun, jeder kann jetzt ein vernünftiges Heimstudio für weniger Geld besitzen. Es ist eine Kombination der verschiedenen Faktoren, würde ich sagen.
Deiner Meinung nach sind technischer Fortschritt und positive Beispiele also entscheidender dafür als die allgemeine gesellschaftliche Situation.
Ja, das würde ich so sagen. Das wäre wahrscheinlich meine Erklärung, aber vielleicht habe ich auch keine Ahnung.
In einem Punkt muss ich dir auf jeden Fall zustimmen. Jedes Album, das ich in den letzten Jahren von einer griechischen Band gehört habe, war besser, als ich es erwartet hatte.
Haha, ja.
Und Griechenland hat Italien überholt. Dort gibt’s immer noch eine Menge lausige Bands.
Die sehr populären Bands, die aus Italien kamen, sind LACUNA COIL und RHAPSODY, danach ist nichts Vergleichbares mehr gekommen und das ist jetzt zehn oder fünfzehn Jahre her. Aber es ist kein Wettstreit der Länder oder sowas. Wie ich eben gesagt habe, vielleicht hat es eine Menge damit zu tun, dass Musik heute keine wirklichen Grenzen mehr kennt. Es ist egal, wo du herkommst. Möglicherweise ist es sogar cooler, wenn du aus einem ungewöhnlichen Land kommst, wie Indien oder Malaysia. Dieses kulturelle Ding scheint heute immer mehr eingesetzt zu werden. Vielleicht hat das damit zu tun, dass im Heavy Metal alles schon so oft gemacht wurde und die Leute die Nase voll haben von zum Beispiel noch einer hundsgewöhnlichen deutschen Metalband. Wenn es nicht gerade sowas verdammt cooles wie RAMMSTEIN ist! Aus einem Land zu kommen, dass vielleicht nicht so bekannt ist für Heavy Metal, ist heutzutage ein guter Ansatzpunkt für eine Band, um mehr Presse zu bekommen.
Wie NERVECELL aus Dubai oder MELECHESH…
(Gus guckt mich fragend an, weil ihm die beiden Namen offenbar nichts sagen.)
Oder ORPHANED LAND.
Ja, das ist ein gutes Beispiel.
Letzte Frage: Nach dieser Tour spielt ihr im Oktober mit FIREWIND noch eine US-Tour. Was steht danach bei dir an, weiter FIREWIND oder wieder OZZY?
Für den Rest des Jahres FIREWIND. Ich werde in Japan eine „Clinic Tour“ machen und wenn ich Mitte November davon zurück bin, werden wir für das nächste Album ins Studio gehen. Wir planen die Veröffentlichung für nächsten Sommer. Es wird also noch ein arbeitsreiches Jahr.
Das ist eine Information, die mir gefällt, und auch ein gutes Ende für das Interview. Die letzten Worte überlasse ich dir.
Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, das zu lesen und sich mit uns beschäftigt haben. Ich hoffe, dass FIREWIND nächstes Jahr für mehr Auftritte nach Deutschland wiederkommen.
(Bild 1 von links nach rechts: Michael Ehré, Petros Christo, Gus G., Apollo Papathanasio, Bob Katsionis)