I guess I took your virginity today


Interview mit Huntress
Heavy Metal aus USA - Highland Park, Kalifornien
Bei der Vorbereitung eines Interviews ist es oft hilfreich, ältere Interviews mit dem Gesprächspartner zu lesen, um Anknüpfungspunkte für eigene Fragen zu finden oder einfach nur einen ersten Eindruck von dem Menschen zu gewinnen, dem man in Kürze gegenübersitzt. Problematisch kann das jedoch werden, wenn die betreffenden Gespräche eine Menge Fragezeichen hinterlassen und fast schon zu einer leichten Voreingenommenheit führen.
Kein Neuland scheint das, auch wegen ihrer bewegten Vergangenheit (aufgewachsen auf einer Farm, mit 14 als Teil eines Chors auf Tour in Europa, später Model und bis tief in die Nacht des 10. September 2001 DJane im Windows on the World im WTC1), für die ziemlich ausgebufft wirkende Jill Janus zu sein, wenn man den den ersten Antworten anhaftenden Hauch von Promobaukasten betrachtet. Lässt man die so zierliche wie fokussierte Sängerin aber aussprechen, gewährt sie gerne und mit sympathischer Lockerheit auch einen Blick hinter die Fassade. Dabei muss man gerade im Bezug auf die „Witchcraft“ im ersten Moment nicht unbedingt folgen können, betrachtet man es allerdings als eine Form von religiösem Glauben, sind die Parallelen zur „normaleren“ Welt kaum von der Hand zu weisen. Und damit genug der Vorrede, die *ähem* Jagd ist eröffnet.



Die erste Frage ist tatsächlich die erste Frage, die mir jemals beim Lesen des Bandnamens HUNTRESS in den Sinn gekommen ist: Wen oder was jagt die Jägerin?

Der Name HUNTRESS ist der Göttin der Jagd, Artemis, gewidmet. Ich bin in einer sehr exzentrischen Familie auf einer Farm aufgewachsen, war also immer von der Natur umgeben. Die Jägerin ist die Wächterin der Tiere und der Wildnis. Damit verbunden ist die Fähigkeit, die wilden Tiere zu jagen, dankbar zu sein und eine spirituelle Verbindung dazu zu haben - wie ich sie seit vielen Jahren habe, nachdem ich so aufgewachsen bin. Aber die Jägerin ist auch bekannt dafür, Menschen auszuschalten, wenn es notwendig ist. Das hängt immer von der Situation ab. Das ist auch das coole daran, so einen Charakter zu haben, weil ich das alles stellvertretend durchleben kann.

Auf Bildern stellst du zum Beispiel eine Reinkarnation des Charakters dar?

Klar. Im Grunde ist das alles Entertainment. Es ist etwas, das ich gerne immer weiter ausgestalten und entwickeln würde. Die bildliche Darstellung und den Stil der HUNTRESS. Es ist dabei weniger wichtig, wie die Leute es wahrnehmen. Wichtig ist, dass wir eine klare Vorstellung, eine klare Vision haben. Beim ersten Album, „Spell Eater“, war ich in meiner Jungfer-Phase. Man hat viel mehr gesehen, so wie ich die Promo gemacht habe. Das zweite Album jetzt ist die Mutter-Phase, deshalb ist der Stil etwas anders. Und beim dritten Album, das wir nächstes Jahr veröffentlichen werden – drei Alben, drei Jahre – ist es die alte Vettel. Also plane ich, eine alte Vettel zu sein. Wir werden sehen…

Ist das auch der Grund, warum du deine Banshee-Stimme auf dem neuen Album nur noch selten einsetzt?

Sie ist noch da, die Banshee-Schreie tauchen an bestimmten Stellen auf. Die neue Platte habe ich mit der Band und dem neuen Mitglied geschrieben, Anthony Crocamo ist jetzt an der Gitarre. Er war am Songwriting beteiligt und man kann seinen Einfluss auf dem Album hören. Wir haben uns entschieden, einen melodischeren Weg einzuschlagen. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass das nächste Album nicht bösartiger ausfallen kann. Das Interessante daran, ein Album pro Jahr zu veröffentlichen und von Anfang an einen Plan für drei Alben zu haben, ist, dass wir schon anfangen, das Konzept für das dritte Album zusammenzustellen und Ideen zu sammeln. All das spielt eine Rolle.

Also hat die Veränderung weniger mit der Entwicklung des Charakters als mit der der Band zu tun?

Ja, ich würde es eine Evolution nennen. Wir haben nicht getüftelt und dann entschieden, das Album so und so zu schreiben. Nicht wir haben die Richtung gewählt, die Richtung hat uns gewählt. Es war sehr natürlich und so sollte es auch sein. Eine natürliche Folge.

Als ich zum ersten Mal dem Titel „I Want To Fuck You To Death“ begegnet bin, hab ich etwas Aggressives wie „Eight Of Swords“ erwartet, aber es ist eher betörend.

Ich würde es ein Liebeslied nennen. Ich habe Lemmy Kilmister gebeten, einen Text für uns zu schreiben, und damit kam er dann an. Er hat der HUNTRESS einen Song geschrieben, der „I Want To Fuck You To Death“ heißt! Statt ihn aggressiv zu machen, was der naheliegende Weg gewesen wäre – Aggression, FUCK you to death! – habe ich entschieden, es mehr… Es rockt immer noch, ist sehr schnell und sehr heavy und es ist eine Menge Biss in meiner Stimme, aber es ist auch sehr melodisch. Ich wollte einen melodischen Refrain, um dem Lied ein wenig das Gefühl eines Liebesliedes zu verleihen.

Was benutzt du als Inspiration für deine Texte? Bei „Blood Sisters“ zum Beispiel habe ich an Thelma & Louise gedacht.

Ah, cool! Das ist das Schöne am Texterleben: Dass du mit diesen Ideen kommst, dich an irgendetwas erinnerst oder es eine Reaktion bei dir hervorruft. „Blood Sisters“ handelt von einem Mädchen, das ich in meinen Teenagerjahren getroffen habe. Sie hat es inspiriert und eines Tages werde ich vielleicht aufdecken, wer es ist. Es geht also um ein Mädchen, mit dem ich während des Aufwachsens Zeit verbracht habe.

Du lässt dich also von deinem Leben inspirieren?

Hier ja, das beruht auf faktischer Lebenserfahrung. Natürlich habe ich es dramatisiert: Die „Blood Sisters“ laufen schließlich Amok und werden am Ende auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet, das ist also extremer. Aber wir hätten diesen Pfad einschlagen können, wenn wir länger zusammen gewesen wären… Hehe.

Am letzten Wochenende wart ihr auf einem Festival und am kommenden wieder. Wie fühlt es sich an, dazwischen in kleinen Clubs wie heute zu spielen?

Wir lieben kleine Clubs! Ich bevorzuge sie, weil es sich intimer anfühlt. Es fühlt sich an, als bräuchte ich einfach nur die Hand auszustrecken und könnte mit der Menge interagieren. Natürlich sind auch Festivalbühnen toll. Wir sind noch eine sehr junge Band und müssen noch einiges über größere Bühnen lernen. Aber dann ergibt sich so etwas Lustiges wie beim Sweden Rock. Wir sind in Kopenhagen gelandet, haben den Zug zum Sweden Rock genommen – es ist eine ziemliche Low Budget Tour -, sind angekommen, zum Soundcheck auf die Bühne gegangen und dann fiel uns auf: „Wow, wir werden gleich zum ersten Mal etwas von „Starbound Beast“ spielen!“ Das war wirklich eine schöne Erfahrung für uns, die ersten „Starbound Beast“ Lieder auf dieser großen Bühne zu spielen. Ich würde daraus gerne eine Vorhersage machen für die Dinge, die noch kommen werden. Hehe. Zwischendrin kleiner Shows zu spielen ist cool, weil wir wirklich mit dem Publikum interagieren können.

Nachmittags auf einem Festival vor vielleicht 40% der Leute zu spielen, die den Headliner ansehen werden, ist auch so ähnlich wie in einem Club zu eröffnen…

Ich war so geehrt, wir als Band waren so geehrt, auf dem Sweden Rock Festival spielen zu dürfen. Die Promoter haben uns auch sehr gut behandelt, sie haben uns eine tolle Position gegeben. Wir haben um 16 Uhr gespielt, also bevor alle zu betrunken sind. Und es war großartig, die Leute waren immer noch aufmerksam, nicht zu versengt von der Hitze, die an dem Tag herrschte. Die Chance, die uns das Sweden Rock gegeben hat, war wirklich toll.
Und jetzt fahren wir zum Download Festival, wieder ein sehr großes und angesehenes Festival. Das sind Festivals mit Bands, die wir vergöttern, die in unserer Jugend unsere Idole waren. IRON MAIDEN, das ist verrückt! Wir sind wirklich begeistert und dankbar, das werden wir nie vergessen.

Und auf Festivals kann man eine Menge neue Hörer anziehen.

Die Reaktionen bisher waren sehr gut, wirklich positiv. Auch das Feedback, das wir bisher zum Album bekommen haben, ist sehr positiv. Wir denken aber stets daran, wie viel harte Arbeit noch vor uns liegt. Wir feiern jetzt nicht wirklich, dass unser Album erscheint. Naja, wir werden es schon feiern, aber wir wissen, dass es ein langer Weg ist, den wir beschreiten wollen. Deshalb denken wir immer ein paar Schritte voraus, wie bei einem Schachspiel, dessen Ende nicht absehbar ist.

Das nächste Aufsehen planen, bevor das aktuelle wirklich begonnen hat.

Haha, ja, aber so kann man das nicht planen. Wir sind jetzt erst mal fokussiert auf „Starbound Beast“. In meinem Hinterkopf weiß ich, dass es erscheint, und das betrachte ich auch unter dem „Drei Alben, drei Jahre“ Gesichtspunkt. Es ist Teil des Plans, da steckt auch ein wenig Numerologie und Hexerei drin. Wir fühlen, dass wir uns als Band weiterentwickeln. „Starbound Beast“ hat einen erwachseneren Ansatz für uns. Das Songwriting ist besser. Wir wollten melodischer sein und in mehr Themen eintauchen, die den Kosmos, den Weltraum, die Galaxien betreffen. Das hat mich inspiriert. Das sind die Nachrichten, die ich empfangen habe, also wollte ich mich diesem Aspekt widmen. Für mich ist „Alpha Tauri“ am Ende des Albums die Antwort, die alles irgendwie zusammenfügt.

Ok, dann werde ich mir das Album nochmal anhören, mit diesem Gedanken im Kopf.

Ja, mach das! Es stecken jede Menge kleine Geheimnisse in den Texten. Wieder! Hehe.

Wenn du von Hexerei sprichst, wie muss ich mir das vorstellen?

Ich werde mich immer von Hexerei leiten lassen, in allen Aspekten meines Lebens und bei meinen Texten. Es ist kein Geheimnis, dass ich meine Inspiration daraus bezogen habe und beziehe, dass ich in eine Trance falle. Das ist etwas, dass ich schon mein Leben lang mache.

Eine Art von Meditation?

Gewissermaßen. Es kann manchmal etwas heftig (Jill benutzt den Ausdruck „violent“) werden, so dass es wahrscheinlich besser ist, wenn ich dabei allein in einem abgeschlossenen Raum bin. Aber es kommt darauf an… Ich bin nicht der erste Künstler, der darüber spricht, dass er das Gefühl hat, seine Einflüsse von woanders zu beziehen. Der Einfluss ist nicht notwendigerweise erdgebunden. Ich glaube, er ist außerirdisch, und ich beginne langsam, das zu verstehen. Das Album ist von diesem Wissen inspiriert, diesem Gefühl des Verstehens.

Ist das eine rein psychische Angelegenheit oder bedienst du dich irgendwelcher Hilfsmittel?

Naja, es werden immer Rituale Teil des Ganzen sein, aber das betrifft mein persönliches Leben. Für die Band bediene ich mich eigentlich keiner Rituale, das mache ich lieber organischer, hehe. Bei dem Album war ich psychisch inspiriert und habe psychisch Botschaften empfangen. Das Album wurde von diesen Botschaften aus dem Jenseits inspiriert. Nicht das Grab, jenseits dieser Welt.

Hast du es jemals bereut, den Metalpfad eingeschlagen zu haben?

Niemals. Ich habe sogar sehr lange Zeit darauf gewartet, hierhin zu gelangen. Genau auf diesen Moment. Alles was ich in meinen ganzen Leben gemacht habe, hat zu diesem Punkt hingeführt. Das klassische Training, das ich früher in meinem Leben erhalten habe. Alles war Teil meiner Bestimmung. Jeder Job, den ich vorher hatte – ich war viele Jahre lang DJane -, alles diente immer dazu, meine Musik zu finanzieren. Fast ein Jahrzehnt habe ich nach Musikern für HUNTRESS gesucht. Und schließlich habe ich meine Jungs gefunden. Alles hat zu diesem Punkt hingeführt. Es gibt kein Bedauern, das könnte es niemals geben. Ich kannte meinen Pfad schon immer. Ich wusste immer, dass ich eine Metalsängerin werde.

All die Anstrengungen, all die Erschöpfung… Ich meine, es ist ein ganz anderes Leben, in einem Van zu touren…

Es ist verrückt, ja. Das Touren musste ich wirklich lernen. Ich musste lernen, wie ich mich dem Touren stelle. Eine Frau zu sein war anfangs schwierig. Einen Van mit vier Kerlen teilen… Ich musste lernen, wie man in ein Gefäß pinkelt. Ich musste…

Männer sind Schweine.

Ja, das sind sie, aber das macht sie auch so liebenswert. Es ist süß! Ich musste also eine Menge von meinem weiblichen Bullshit abwerfen. Ich musste mich entwickeln, mich geschlechtslos machen und lernen, dass ich Teil der Reise mit diesen Jungs bin. Sie sind meine Brüder, wir unterstützen einander und sie sind wundervoll. Ohne sie könnte ich es nicht machen.

Obwohl du die Person bist, auf die sich die Aufmerksamkeit konzentriert, sind sie nicht austauschbar, so wie ich dich verstehe und wahrnehme.

Sie sind nicht austauschbar! Wir fühlen uns aktuell sehr wohl mit diesem Line-up und wir teilen alle die gleiche Vision, endlich. Es gab einige turbulente Momente, früher, in den Anfangstagen von HUNTRESS, mit ehemaligen Bandmitgliedern. Das lag einfach daran, dass sie nicht die gleichen Vorstellungen hatten. Jetzt ist das anders. Und aus der Fähigkeit, die gleiche Vision zu teilen, entsteht Erfolg. Wenn du dich nur auf eine Sache konzentrierst und visualisierst, wie das geschieht. Deshalb sind wir hier und deshalb sind wir in der Lage, die Sachen zu tun, die wir tun.

Wenn du die Sachen, die du gesehen und vielleicht auch getan hast, aus deiner Vor-Metal-Zeit mit dem Metalleben vergleichst: Wo passieren die bizarreren Geschichten?

Bizarre Dinge passieren überall, unabhängig davon wo du bist. Bei mir… Ich habe ein sehr interessantes Leben geführt und ich bin sehr froh darüber, dass ich einen bescheidenen Background habe. Die Farm, die bescheidenen Anfänge, diese Arbeitseinstellung zu haben, selbstständig zu sein und der Wille, meine Ziele zu erreichen.
Eigenartige magische Dinge passieren in meinem Leben jeden Tag, unabhängig davon was ich tue, deshalb kann ich nicht sagen, das eine oder das andere. Ich hab einigen verrückten Mist gesehen. Hauptsächlich, würde ich sagen, während dem DJ-en. Das Nachtleben, Drogen sind beteiligt, da sieht man schon einiges. Und dann gibt es den Heavy Metal… Natürlich gibt es da auch bizarre Sachen, Drogen und einige Ausschweifungen. Aber auf diesem Level sind wir noch nicht, hehe. Eines Tages kommen wir vielleicht dahin. Hoffentlich.

Und der bescheidene Background lässt dich auch alles, was du erreichst, besser wertschätzen?

Auf jeden Fall! Ich betrachte keinen Tag als selbstverständlich. Jeder Tag, an dem ich am Leben bin, ist ein guter Tag.

Ich bin zwar eigentlich ein positiver Mensch, aber ich kann nicht jeden Tag dankbar sein.

Natürlich gibt es eine Menge Schmerz und Negativität in der Welt. Aber wenn du alles außer deiner Bestimmung über Bord wirfst und dich auf eine Sache konzentrierst, erlangst du Freiheit. Es liegt so viel Freiheit im Loslassen. Ich habe sogar ein Lied auf dem Album genau darüber geschrieben: „Destroy Your Life“. In dem Text geht es darum, das Leben, das du kennst, hinter dir zu lassen, um dafür zu leben, wofür du dich entschieden hast zu leben. Darum geht es in dem Lied. Alles aufgeben. Und wenn du alles aufgibst, kommt die Freiheit.
Es existiert eine Menge Furcht, Leute lassen sich von Angst bestimmen und viele meiner Freunde wissen nicht, wie ich das gemacht habe, was ich gemacht habe. Ich habe alles für das hier aufgegeben. Aber wenn du alles aufgibst, dich nicht mehr fürchtest und die Furcht nicht mehr an dich ran lässt, dann bist du frei.

Ich bin eher weniger ein Jäger und mehr ein Sammler.

Hahaha, ich bin die Jägerin und du der Sammler. Das ist ok, das funktioniert auch. Wir haben alle unsere Bestimmung.

Glaubst du, dass es aktuell eine bessere Zeit ist für eine aggressive Metalband mit einer Sängerin als früher? Es gibt ja auch noch A SOUND OF THUNDER und dann diese ganzen okkulten Rockbands mit Sängerin, wie BLOOD CEREMONY, THE DEVIL’S BLOOD oder JEX THOTH.

Ich würde gerne mehr über diese Bands wissen, aber ich bin sehr ignorant, wenn es um etwas anderes als HUNTRESS geht. Wir sind so geschützt in unserer eigenen Welt, beim Schreiben und Produzieren der Musik und dem Touren, dass ich keine Affinität zu anderen Sängerinnen fühle, zumal ich nicht anstrebe, wie eine andere Sängerin zu sein. Das liegt einfach daran, dass Sängerinnen mich nicht inspirieren. Ich hab immer auf die Männer geschaut. Darauf beruht auch mein stimmlicher Zugang, geschlechtslos zu sein. Ich bin kein Mann, aber ich habe mich für die Herangehensweise entschieden, geschlechtslos zu sein.
Ich glaube, jetzt ist eine gute Zeit für uns. Wir haben eine Menge Gelegenheiten bekommen und ich habe den Eindruck, dass die Welt am Rande einer weitreichenden Verschiebung steht. Ich fühle, dass echter Heavy Metal wieder floriert und das auch weiterhin tun wird. Es gibt so eine große Fülle, keinen Wettbewerb. Es gibt Überfluss für alle, Raum für uns alle. Egal wer, wir stecken da gemeinsam drin. Diejenigen, die bei diesem Kampf dabei bleiben, werden diese Einigkeit finden und sich gegenseitig unterstützen.

Aber der Überfluss führt auch dazu, dass Bands pleitegehen und sich auflösen, weil sie es nicht mehr bezahlen können. Ihr habt auch den Virtual Yard Sale bei IndieGoGo, um die Mayhem Festival Tour zu finanzieren.

Der Schlüssel, wenn du dich dazu entschließt, dich auf den langen Trek einzulassen, ist, dass du einen Weg finden musst, das zu fördern. Glücklicherweise haben wir eine Menge Leute, die viel Vertrauen in HUNTRESS haben und die uns sehr unterstützt haben, auch durch das Teilnehmen an dieser Kampagne. Wir könnten die Mayhem Tour nicht ohne diese Unterstützung bewältigen, weil unser Van diese Temperaturen nicht übersteht. Wir sind vorher auch noch nie gefragt worden, Teil einer solchen Tour zu sein. Wir sind nicht vertraut mit so etwas, das ist komplettes Neuland für uns. Dankenswerterweise gibt es viele Leute, die an HUNTRESS glauben, und diese Leute werden dabei helfen, uns auf das nächste Level zu hieven. Ohne sie könnten wir es nicht schaffen. Es gibt also einen Überfluss, aber die Starken werden überleben. Die, die am meisten danach streben. Da steckt auch noch eine Jagdreferenz für dich drin: Die Starken werden überleben.
Im Grunde geht es darum, wie lange du es tolerieren kannst, wie lange du bei der Sache bleiben kannst, weil eine Menge Schmerz auf diesem Pfad liegt. Auch deshalb versuche ich, positiv gestimmt zu bleiben. Wissend, dass es Negativität und Misserfolg gibt. Aber ich werde das nicht zulassen. Du musst stark bleiben, und wir wissen, dass wir von anderen Menschen abhängen, uns auf sie verlassen müssen. Das war etwas, das ich erst lernen musste, denn wie gesagt war ich aufgrund meiner Erziehung sehr selbstständig. Und dann realisierst du: Ich kann das ohne die Jungs in der Band nicht schaffen, ohne mein Management und die anderen Leute um mich herum. Unser ganzes Team, Agenten und Anwälte. Es ist so seltsam, überhaupt darüber zu sprechen als Künstler, aber so läuft es nun mal. Es ist mehr notwendig, als einfach nur ein Künstler zu sein. Es braucht ein geeintes, starkes Team.

Du hast gesagt, dass deine Stimme geschlechtslos ist und du auf der Tour im Van geschlechstlos sein musst mit den Jungs, aber die Promobilder sind so ziemlich das Gegenteil von geschlechtslos.

Natürlich, deshalb lebe ich im Grauen. Ich lebe nicht in Schwarz und Weiß.

Aber das ist doch genau Schwarz und Weiß: Sexless und, naja, oversexed.

Aber ich bewege mich zwischen den Linien, wegen meiner Promo und dem was du siehst. Ich hab keine Angst davor, ein wenig Zauberei zu benutzen, um dich näher heran zu locken und dich dann bei lebendigem Leib zu verbrennen - solange ich die Stimme habe, das zu untermauern. Das ist sehr eng miteinander verbunden. Es gibt diese Verlockung und es wird immer vorgefertigte Meinungen und falsche Vorstellungen über die HUNTRESS geben. Das ist ok, ich komme damit klar. Ich bin nicht hier, um die Welt zu verändern.
Es steckt Drama drin, in gewisser Weise ist es theatralisch – ich habe auch einen Theaterbackground. Es wird immer dieses Element des Mysteriösen und des Feminismus geben. Ich bin sehr feminin in der Promotion, aber hinter den Kulissen, in meinem Leben und beim Formen dieser Band, die einen weiten Weg zurücklegen wird, muss ich sehr vorsichtig sein, wenn ich diesen weiblichen Aspekt einbringe, weil ich manchmal das Gefühl habe, er könnte mich behindern, weil ich meinem Gefühl nach eine sehr emotionale Person bin. Deshalb muss ich lernen, wie ich als Frau diese Emotionen kontrollieren kann. Einige werden mich wegen dieser Äußerung vielleicht sexistisch nennen, aber das ist in Ordnung. Ich bin schon vorher Sexistin genannt worden, aber ich bin ich eine Frau und weiß, dass ich verrückter bin als eine Scheißhausratte. Deshalb kontrolliere ich es – und das erfordert viel Arbeit. Das ist die interessante Dichotomie von HUNTRESS: Hinter den Kulissen arbeite ich hart daran, geschlechtslos zu sein, und auf der Bühne ist es Teil des Anreizes.

Und es schafft eine Bildsprache, die heraussticht.

Klar. Naja, ich bin stark von Superhelden beeinflusst. Ich liebe Superschurken. Ich liebe siegreiche Schurken, oder sollte ich sagen siegreiche Helden? She-Ra, die Princess of Power. Ich liebe 80er Zeichentrickserien und Charaktere aus 70er Comics, wie Prinzessin Aura aus Flash Gordon oder die Schurkin Ursa aus Superman. Ich hab einen gesunden Sinn für Humor, ich mag diesen ganzen Kram. Ich mag Comics, ich bin ein Nerd. Das in Kombination mit allem anderen ist ein Teil von mir. Verstehst du es jetzt ein bisschen besser?

Ja, das tue ich tatsächlich. Und das war es auch mit meinen Fragen.

Oh, das war ja einfach. Danke dir!

Ich bin ja nicht hier, um…

Zu viel Zeit zu verbrauchen?

Um dich zu ärgern.

Hahaha, du kannst mich immer fragen, was du willst… Ziemlich oft werde ich in der Art gefragt, „Entschuldige, aber ich muss dir diese Frage jetzt stellen“, und dann geht es um mein Image oder wie ich mich als Frau im Metal fühle. Ich bin eine ehrliche Person und werde niemals sagen, dass ich etwas nicht beantworte. Ich werde immer antworten.

Es ist schon komisch. Ich habe jetzt mehr als 60 Interviews geführt in den letzten Jahren und du warst die erste Frau, mit der ich gesprochen habe. Alle anderen waren Männer.

Wirklich? Ich fühle mich geehrt. Ich schätze, dann habe ich dir heute deine Jungfräulichkeit geraubt.

Hahaha.

Das ist ein gute Art, ein Interview zu beenden.

Und eine gute Überschrift. Jill, ich danke dir!

(Bild 1 vlnr: Carl Wierzbicky, Blake Meahl, Jill Janus, Ian Alden, Anthony Crocamo)
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