Die Ärzte

Die Ärzte

Die Ärzte
Dortmund, Westfalenhalle
16.11.2007
„Es wird eng“ – so heißt die neue Tour der besten Band der Welt, und alle sind gekommen. An drei Abenden hintereinander ist die Dortmunder Westfalenhalle ausverkauft, das macht platt gerechnet etwa 45.000 Zuschauer. Trotz fortgeschrittenen Alters und der wohl eher nicht so tollen neuen Platte „Jazz Ist Anders“ ziehen DIE ÄRZTE immer noch wie kaum eine andere deutsche Band, die sich Stromgitarren umhängt. Die Euphorie ist jedenfalls schon lange vor Konzertbeginn spürbar, da geht die La Ola über die Tribünen und es wir kollektiv „Wir wollen DIE ÄRZTE sehen“ skandiert. Ich kann mich jedenfalls auf Anhieb nicht daran erinnern, wann ich bei einer anderen Band zuletzt eine ähnliche Partystimmung erlebt habe.

Als sich dann relativ pünktlich gegen 20 Uhr (ohne Vorband, wohlgemerkt) der Vorhang öffnet und das infernalische Trio mit zwei neuen Song in den Set einsteigt, gibt es folglich für die Zuschauer kein Halten mehr. Überall wird mitgeklatscht, gegrölt, und der Innenraum verwandelt sich in eine wild zuckende Masse, in der ich mich in diesem Moment wirklich nicht aufhalten möchte. Erst recht nicht, als Farin im Laufe des Abends einige Male zu einer Wall Of Death aufruft, was natürlich auch von den Leuten da vorne artig ausgeführt wird. Man sieht, es geht auch ohne Metalcore. Aber dass die Truppe ihre Fans problemlos im Griff hat, ist ja nicht erst seit gestern Fakt. So darf man auch heute wieder diverse, mehr oder weniger sinnlose La Ola Spielchen mitmachen (mal mit Handys, mal summend(!) usw.), und bei „Unrockbar“ bleibt die ganze Halle kollektiv sitzen, um erst beim Refrain gemeinsam aufzuspringen – ein großartiges Bild! Bela und Farin sind aber auch heute wieder bestens aufgelegt und unterhalten die Halle mit ihren dämlich-genialen Ansagen im Alleingang. Ebenfalls schön ist das ständige Verändern der eigenen Songtexte, das immer wieder für Lacher sorgt (z:B.: „eines Tages wird ich mich rächen, ich werde mich auf deinem Grab erbrechen...“).

Aber auch musikalisch bekommt man heute natürlich was geboten. Und zwar mit einer komplett anderen Setlist als bei der letzten Tour. Man merkt, dass DIE ÄRZTE mit „Zu spät“, „Schrei nach Liebe“, „Westerland“ und neuerdings „Unrockbar“ eigentlich nur vier Songs haben, die sie wohl immer bringen müssen. Der Rest wird bunt darum herum gezimmert, ohne auch nur einmal zu langweilen. Da sieht man, wie stark der Backkatalog der älteren Herren wirklich ist. Verschollene Perlen wie „Buddy Holly’s Brille“, „Ich bin reich“, „Blumen“, „Die traurige Ballade von Susi Spakowski“ und „Nie wieder Krieg, nie mehr Las Vegas“ waren jedenfalls wirklich nicht zu erwarten. Obendrauf gibt’s sogar noch was von der super raren Fanclub EP „1,2,3,4 Bullenstaat“ sowie die drei uralten Highlights „Scheißtyp“, „Zitroneneis“ und „Zum Bäcker“(!!!) – brillant! Nach etwa drei Stunden und den auf Wunsch gespielten finalen Zugaben „3 Tage Bart“ und „Dauerwelle vs. Minipli“ fällt schließlich der Vorhang über eins der coolsten Konzerte der letzten Zeit.

Klar, musikalisch/technisch sind DIE ÄRZTE nach wie vor nichts für Virtuosen, aber in Sachen Entertainment und fairen Eintrittspreisen (knapp über 30 Euro) macht den Berlinern so schnell keiner was vor. Ich jedenfalls habe mich bestens unterhalten gefühlt und werde mit Sicherheit beim nächsten Mal wieder dabei sein – vorausgesetzt, ich kann rechtzeitig Karten ergattern. Die Leute, die sich zeitgleich in der ungleich kleineren Westfalenhalle 2 die QUEENS OF THE STONE AGE angetan haben, kann ich jedenfalls nur mitleidig belächeln.
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