Nightwish - Imaginaerum
Bloodchamber-Wertung:
Tracklist
1. Taikatalvi
2. Storytime
3. Ghost River
4. Slow, Love, Slow
5. I Want My Tears Back
6. Scaretale
7. Arabesque
8. Turn Loose The Mermaids
9. Rest Calm
10. The Crow, The Owl And The Dove
11. Last Ride Of The Day
12. Song Of Myself
13. Imaginaerum
Die Bloodchamber meint:
Sicher kennt der eine oder andere die "Transformers"-Filme. Den ersten Teil umwehte zum Erscheinungszeitpunkt zumindest halbwegs ein Hauch Originalität. Spektakuläre Effekte, krachiger Sound und nicht zuletzt der unfreiwillige Held wie du und ich, der sich am Ende Megan Fox schnappen durfte, sorgten alles in Allem für ein kurzweiliges, unterhaltsames Filmvergnügen. Dann kam unweigerlich der zweite Teil. Alles musste noch eine Spur größer und spektakulärer werden, aber keine Sau machte sich Gedanken um eine halbwegs durchgängige Geschichte, so dass das Gesamtprodukt nur eine einfallslose, unzusammenhängende und ermüdende Aneinanderreihung von Spezialeffektschnipseln wurde. "Imaginaerum", das zweite Album NIGHTWISHs nach Tarja, hat nun exakt mit dem gleichen Problem zu kämpfen.
Zwar hat sich die Band für ihr aktuelles Album ein gewisses Konzept ausgedacht, effektiv ist das "Imaginarium" (der frühere Arbeitstitel der Scheibe) auch nur die rollende Zauberbühne der Wunderlichkeiten, also der nötige Rahmen für allerlei kleine, experimentelle Verrücktheiten. Experimente - das weiß man aus dem Chemieunterricht - können sowohl Unerwartetes hervorbringen, aber auch gehörig in die Hose gehen. Songwriter Tuomas jedenfalls versteht darunter, sich gnadenlos bei anderen Musikern zu bedienen. Das hätte bei geschicktem Einsatz NIGHTWISH durchaus auf ein höheres Niveau heben können, hat jedoch durch seine Holzhammer-Methodik, die ungeschickte Dynamik und das unzusammenhängende Songwriting eher abtörnenden Charakter.
Denn während "Storytime" mit seinem poppigem Aufbau und Ohrwurm-Refrain noch genau dem entspricht, was man nach "Dark Passion Play" erwartet hat, nervt "Slow, Love, Slow" bereits kurz darauf mit einer langweiligen Jazz-Nummer. Bei "I Want My Tears Back" tröten und fiedeln Dudelsäcke und Geigen um die Wette, dass so ziemlich jede Mittelalter-Band den Finger des Vormachens gen Himmel strecken dürfte. Mit "Scaretale" wird noch einmal die ganz große Orchester-Keule herausgeholt, die dargebotene Reise durchs Gruselkabinett kann aber maximal Kinder unter 12 erschrecken. Der Rest ist eher amüsiert über den lahmen Kirmes-Metal-Mix-Versuch, wo es doch Bands wie FINNTROLL oder DIABLO SWING ORCHESTRA deutlich besser vormachten. Das instrumentale "Arabesque" hintendran holt dann noch den Orient mit rein - der fehlte ja bisher noch. Und "Turn Loose The Mermaids" ist schließlich gleich noch für ein wenig Folk und Kitsch zuständig. - Folk geht ja immer.
Aber es geht natürlich noch weiter: "The Crow, The Owl And The Dove" - der nette Radiosong von nebenan. "Last Ride Of The Day" - die schnörkellose Bombastnummer für etwas ältere Fans. Und ganz am Ende "Song Of Myself", ein über 13-minütiges Stück, bei der die zweite Hälfte komplett aus dem Märchenbuch vorgelesen wird - selbstverständlich sollen die Hörbuchfreunde unter uns auch auf ihre Kosten kommen (und vielleicht Kollege Bach, dessen legendärer "Warriors Prayer"-Monolog bei keinem Teamtreff fehlen darf).
Nichtsdestotrotz darf man natürlich nicht unerwähnt lassen, dass "Imaginaerum" wie erwartet gnadenlos gut produziert wurde. Orchester, Gitarren, Anettes Gesang - alles auf hohem Niveau. Auch wenn man sich einzelne Teile des Albums herauspickt, ist die Verbindung von Metal und Klassik hervorragend gelungen und voller Details. Nur leider ist der an sich begabte Komponist Tuomas kein besonders guter und stringenter Geschichtenerzähler.
Einen ganz besonderen Service bieten uns NIGHTWISH aber noch am Schluss: Der Titeltrack vereint alle musikalischen Kernideen des gesamten Albums in einem sechsminütigen orchestralen Instrumental. Damit zeigt der gelungene Song dann zum einen auch gnadenlos die Überflüssigkeit des meisten Füllmaterials und bietet gleichzeitig kurzangebundenen Hörern die Möglichkeit, sich die restlichen 70 Minuten zu ersparen. Das ist doch auch schonmal was.
Zwar hat sich die Band für ihr aktuelles Album ein gewisses Konzept ausgedacht, effektiv ist das "Imaginarium" (der frühere Arbeitstitel der Scheibe) auch nur die rollende Zauberbühne der Wunderlichkeiten, also der nötige Rahmen für allerlei kleine, experimentelle Verrücktheiten. Experimente - das weiß man aus dem Chemieunterricht - können sowohl Unerwartetes hervorbringen, aber auch gehörig in die Hose gehen. Songwriter Tuomas jedenfalls versteht darunter, sich gnadenlos bei anderen Musikern zu bedienen. Das hätte bei geschicktem Einsatz NIGHTWISH durchaus auf ein höheres Niveau heben können, hat jedoch durch seine Holzhammer-Methodik, die ungeschickte Dynamik und das unzusammenhängende Songwriting eher abtörnenden Charakter.
Denn während "Storytime" mit seinem poppigem Aufbau und Ohrwurm-Refrain noch genau dem entspricht, was man nach "Dark Passion Play" erwartet hat, nervt "Slow, Love, Slow" bereits kurz darauf mit einer langweiligen Jazz-Nummer. Bei "I Want My Tears Back" tröten und fiedeln Dudelsäcke und Geigen um die Wette, dass so ziemlich jede Mittelalter-Band den Finger des Vormachens gen Himmel strecken dürfte. Mit "Scaretale" wird noch einmal die ganz große Orchester-Keule herausgeholt, die dargebotene Reise durchs Gruselkabinett kann aber maximal Kinder unter 12 erschrecken. Der Rest ist eher amüsiert über den lahmen Kirmes-Metal-Mix-Versuch, wo es doch Bands wie FINNTROLL oder DIABLO SWING ORCHESTRA deutlich besser vormachten. Das instrumentale "Arabesque" hintendran holt dann noch den Orient mit rein - der fehlte ja bisher noch. Und "Turn Loose The Mermaids" ist schließlich gleich noch für ein wenig Folk und Kitsch zuständig. - Folk geht ja immer.
Aber es geht natürlich noch weiter: "The Crow, The Owl And The Dove" - der nette Radiosong von nebenan. "Last Ride Of The Day" - die schnörkellose Bombastnummer für etwas ältere Fans. Und ganz am Ende "Song Of Myself", ein über 13-minütiges Stück, bei der die zweite Hälfte komplett aus dem Märchenbuch vorgelesen wird - selbstverständlich sollen die Hörbuchfreunde unter uns auch auf ihre Kosten kommen (und vielleicht Kollege Bach, dessen legendärer "Warriors Prayer"-Monolog bei keinem Teamtreff fehlen darf).
Nichtsdestotrotz darf man natürlich nicht unerwähnt lassen, dass "Imaginaerum" wie erwartet gnadenlos gut produziert wurde. Orchester, Gitarren, Anettes Gesang - alles auf hohem Niveau. Auch wenn man sich einzelne Teile des Albums herauspickt, ist die Verbindung von Metal und Klassik hervorragend gelungen und voller Details. Nur leider ist der an sich begabte Komponist Tuomas kein besonders guter und stringenter Geschichtenerzähler.
Einen ganz besonderen Service bieten uns NIGHTWISH aber noch am Schluss: Der Titeltrack vereint alle musikalischen Kernideen des gesamten Albums in einem sechsminütigen orchestralen Instrumental. Damit zeigt der gelungene Song dann zum einen auch gnadenlos die Überflüssigkeit des meisten Füllmaterials und bietet gleichzeitig kurzangebundenen Hörern die Möglichkeit, sich die restlichen 70 Minuten zu ersparen. Das ist doch auch schonmal was.
Die Bloodchamber meint außerdem:
Dass ausgerechnet ich mal eine Zweitrezension zu einem Werk von NIGHTWISH schreibe, hätte ich nun nicht gedacht, aber die Vorlage von Chefbluter Christian kann ich so nicht stehen lassen. Ich hatte mit den Finnen eigentlich komplett abgeschlossen und war auch nicht sonderlich erfreut, als ich mich für das Dezember Fadenkreuz zu diesen überreden lies. Aber was ich dann zu hören bekam hat mir im positiven Sinne die Beine weggerissen.
''Imaginaerum'' wirkt sicherlich, und hier muss ich Christian zu gewissen Anteilen Recht geben, ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen, da die hier erzählte Story diverse Wendungen vollzieht, die in den verschiedensten musikalischen Stilen zum Ausdruck gebracht werden. Aber genau das macht das 2011er Werk so einzigartig. ''Imaginaerum'' erschafft für mich einen Film, der ohne weiteres ohne Bilder faszinieren kann. Und so kann ein Song wie ''Slow, Love, Slow'' durch seine Cool Jazz Elemente bestechen und und eine entspannte Atmosphäre erzeugen, die eben genau den Titel einfängt. Was einen Song wie ''Scaretale'' angeht, so sehe ich hier keineswegs den angesprochenen Kirmes-Metal-Mix-Versuch. Dieses Teil funktioniert auf seine ganz eigene Art zu 100 Prozent. Das Wechselspiel zwischen dem männlichen und weiblichen Part zieht mich immer wieder in seinen Bann und das, obwohl ich bereits ein paar Tage älter als 12 bin. Das kann aber auch daran liegen, dass ich hier nicht drauf aus bin und auch nicht den Versuch der Band sehe Gruselgeschichten zu finden, sonder eher eine im 18. oder 19. Jahrhundert angesiedelte Fantasygaukelei vorfinde, was meines Erachtens nach in den Bookletbildern ausgedrückt wird. Ich möchte jetzt gar nicht auf jedes einzelne Stück eingehen, denn das würde zu weit gehen, da es auf ''Imaginaerum'' keinen einzigen Ausfall gibt. Die Reise macht mir von der Spieluhr zu Anfang über die Hardangerfiedel im Mittelteil bis hin zum orchestralen Resümee am Ende einen Mordsspaß. Der einzige minimale Nachteil an der ganzen Geschichte ist, dass man vielleicht gerade heute nicht die Lust hat auf Song XY, den man gestern noch so toll fand, was sich aber am nächsten Tag wieder ändern kann.
NIGHTWISH haben für mich hier das Album des Jahres veröffentlicht. Ich habe diese Scheibe seit dem Kauf vor knapp 14 Tagen bestimmt an die 30 Mal gehört und bin immer wieder fasziniert von ihr. Es läuft einfach alles rund. Die Produktion ist hervorragend, die Songs sind stimmig, auch wenn (oder gerade weil) hier und da mal der eine oder andere Morricone um die Ecke lächelt. Aber das hat Mozart vor Jahrhunderten bereits mit Bach gemacht. Interessant stelle ich mir das Ganze jetzt noch auf der Bühne vor, denn eigentlich muss man das auch als Stück aufführen oder es ganz sein lassen, denn wie schon hier auf CD wirkt das eine ohne das andere nicht.
''Imaginaerum'' wirkt sicherlich, und hier muss ich Christian zu gewissen Anteilen Recht geben, ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen, da die hier erzählte Story diverse Wendungen vollzieht, die in den verschiedensten musikalischen Stilen zum Ausdruck gebracht werden. Aber genau das macht das 2011er Werk so einzigartig. ''Imaginaerum'' erschafft für mich einen Film, der ohne weiteres ohne Bilder faszinieren kann. Und so kann ein Song wie ''Slow, Love, Slow'' durch seine Cool Jazz Elemente bestechen und und eine entspannte Atmosphäre erzeugen, die eben genau den Titel einfängt. Was einen Song wie ''Scaretale'' angeht, so sehe ich hier keineswegs den angesprochenen Kirmes-Metal-Mix-Versuch. Dieses Teil funktioniert auf seine ganz eigene Art zu 100 Prozent. Das Wechselspiel zwischen dem männlichen und weiblichen Part zieht mich immer wieder in seinen Bann und das, obwohl ich bereits ein paar Tage älter als 12 bin. Das kann aber auch daran liegen, dass ich hier nicht drauf aus bin und auch nicht den Versuch der Band sehe Gruselgeschichten zu finden, sonder eher eine im 18. oder 19. Jahrhundert angesiedelte Fantasygaukelei vorfinde, was meines Erachtens nach in den Bookletbildern ausgedrückt wird. Ich möchte jetzt gar nicht auf jedes einzelne Stück eingehen, denn das würde zu weit gehen, da es auf ''Imaginaerum'' keinen einzigen Ausfall gibt. Die Reise macht mir von der Spieluhr zu Anfang über die Hardangerfiedel im Mittelteil bis hin zum orchestralen Resümee am Ende einen Mordsspaß. Der einzige minimale Nachteil an der ganzen Geschichte ist, dass man vielleicht gerade heute nicht die Lust hat auf Song XY, den man gestern noch so toll fand, was sich aber am nächsten Tag wieder ändern kann.
NIGHTWISH haben für mich hier das Album des Jahres veröffentlicht. Ich habe diese Scheibe seit dem Kauf vor knapp 14 Tagen bestimmt an die 30 Mal gehört und bin immer wieder fasziniert von ihr. Es läuft einfach alles rund. Die Produktion ist hervorragend, die Songs sind stimmig, auch wenn (oder gerade weil) hier und da mal der eine oder andere Morricone um die Ecke lächelt. Aber das hat Mozart vor Jahrhunderten bereits mit Bach gemacht. Interessant stelle ich mir das Ganze jetzt noch auf der Bühne vor, denn eigentlich muss man das auch als Stück aufführen oder es ganz sein lassen, denn wie schon hier auf CD wirkt das eine ohne das andere nicht.
Im Fadenkreuz
Thomas Schönbeck [ts]
Experte für alles, was außer ihm eigentlich niemand mag.
Björn Gieseler [bjg]
Experte für Radiointerviews und andere sinnlose Gespräche mit Bands
Christian Rosenau [cr]
Experte für Frauen, Gotik und melodischen Schwarztod
Michael Bach [mba]
Experte für pfeilschnelle Gitarren, heroische Showdowns & misanthropiefreien Krach
Stefan Hofmann [sh]
Experte für Death, Black und Thrash Metal
Martin Baltrusch [mb]
Experte für das Außergewöhnliche
Andreas Krause [ak]
Experte für Schwarzwurzeleintopf mit Trauerklößen