Moonspell - Alpha Noir / Omega White

Moonspell - Alpha Noir / Omega White
Dark Metal
erschienen am 27.04.2012 bei Napalm Records
dauert 78:44 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Axis Mundi
2. Lickanthrope
3. Versus
4. Alpha Noir
5. En Nome Do Medo
6. Opera Carne
7. Love Is Blasphemy
8. Grand Stand
9. Sine Missione
10. White Omega
11. White Skies
12. Fireseason
13. New Tears Eve
14. Herodisiac
15. Incantatrix
16. Sacrificial
17. A Greater Darkness

Die Bloodchamber meint:

Über MOONSPELL noch große Worte zu verlieren, wäre wie goldene Euro-Eulen nach Athen zu tragen, dürften die Portugiesen doch bei Fragen nach Bands aus Ihrem Heimatland stets unter den ersten 3 auftauchen. Kein Wunder, denn trotz einiger stilistischer Experimente bewahrt sich die Band stets ihren ganz eigenen atmosphärischen Sound irgendwo zwischen Death, Black und Gothic Metal, wobei aber stets eine ausgewogene Melange aus Melodie und Härte angestrebt wurde.

Bei der aktuellen Veröffentlichung hat man diese beiden Welten nun aber etwas voneinander separiert. "Alpha Noir" bietet die deutlich aggressiveren, roheren Stücke, während die mit "Omega White" betitelte Bonus-Beilage als das melodische Gegenstück daherkommt. Diese beinhaltet komplett neue, konträre Stücke, was sie letztlich zusammen mit der Tatsache, dass die Laufzeiten beider Scheiben nahezu identisch sind, aus der Rubrik "schnöde Beilage" in die Kategorie "unverzichtbarer Teil der Veröffentlichung" katapultiert. Deswegen sollen auch alle angebotenen Songs hier im Ganzen berücksichtigt werden.

Und tatsächlich, bereits in den ersten Minuten von "Alpha Noir" ist die versprochene Härte und Direktheit eindeutig spürbar. Selbst Thrash-Anleihen fanden Einzug ins MOONSPELLsche Universum, die zusammen mit dem markant knackigen, direkten und rhythmusbetonten Schlagzeug-lastigen Sound spontanen Beifall der Nackenmuskeln hervorrufen. Sänger Fernando hat keine Probleme, mit seiner auffälligen, ebenso dunklen wie kratzigen Stimme, gewohnt wohlige Wogen des Entzückens durch in die Gehörgänge zu spülen, bleibt dabei aber gewollt auf dem aggressiven Kurs. Dennoch holen die Portugiesen nun nicht plötzlich die Knochenkeule aus dem Keller und prügeln sich durch Lissabon. Deshalb ist auch "Alpha Noir" durchzogen von Melodien und kleineren atmosphärischen Einsprengseln, da können sie wohl einfach nicht anders. Lediglich der Verzicht auf Gesangspassagen und allzu exzessiver Keyboard-Einsatz unterscheidet die neun Stücke vom härtemäßig gar nicht mal so zurückfallenden Vorgänger "Night Eternal", wobei im Laufe der Spielzeit die anfängliche Rohheit auch immer stärker nachlässt. Im instrumentalen Absacker "Sine Missione", der mit pompösem Düster-Orchester auffährt, kann man sich dann auch gar nicht mehr so recht vorstellen, dass dies die dunkle Seite der Macht darstellen soll.

Dennoch wird alsbald beim Hören von "Omega White" schlagartig deutlich, dass MOONSPELL auch ganz anders können. Gitarren und Schlagzeug ziehen sich in den Hintergrund zurück. Das Keyboard rückt zusammen mit der Akustikklampfe eine Reihe nach vorn. Fernando schluckt all die bösen Gedanken schnell herunter und beginnt zu singen, zu sprechen und gelegentlich zu flüstern. Die Stimmung ist generell deutlich heller und beschwingter, ausführliche Melodien bestimmen das Geschehen und selbst Frauen dürfen auch mal zu Wort kommen. Gedanken an TYPE O NEGATIVE, SISTERS OF MERCY, TIAMAT aber auch zu früheren Werken von MOONSPELL selbst sind beim Hören nicht ungewöhnlich, denn auch wenn uns die Band hiermit einen gewollten Kontrast präsentiert, ist "Omega White" gleichzeitig auch eine alternative Präsentation, wie sich MOONSPELL anno 2012 auch hätten anhören können.

Zusammenfassend ist jeder Teil dieser knapp 80-minütigen Kombination für sich gesehen durchaus eine gelungene und praktische Zusammenstellung. Je nach guter oder schlechter Stimmung kann man sich für eine der beiden Seiten entscheiden. Die dabei gebotenen Stücke sind allesamt auf hohem Niveau, wenngleich wirkliche Highlights aus dem Gesamtbild nur schwer herauszupicken sind. MOONSPELL-Fans jeglicher Art sollten somit auch problemlos irgendwo fündig werden.
Trotzdem fragt sich der Skeptiker am Ende, ob nicht gerade die Kombination aus Düsternis, Härte, Verzweiflung, Melodie, Hoffnung und Gefühl, also eigentlich die Aufarbeitung der Gegensätze aus Schwarz und Weiß statt deren Separierung genau das ist, was MOONSPELL eigentlich auszeichnet. Falls ja, dann wäre doch "Alpha Noir / Omega White" eine ziemlich feige Angelegenheit, oder?
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