Macbeth - Wiedergaenger

Macbeth - Wiedergaenger
Thrash Heavy Metal
erschienen am 28.09.2012 bei Massacre Records
dauert 68:07 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Kamikaze
2. Fritz H.
3. Begraben
4. Fleisch
5. Stueck Fuer Stueck
6. Gladiator
7. Wiedergaenger
8. Stalingrad - Kanonenfutter
9. Stalingrad - Der Untergang
10. Stalingrad - Das Kreuz
11. Zeit der Zeiten (Bonustrack)
12. Bomber (Bonustrack)
13. Hoellenfeuer (Bonustrack)
14. Macbeth (Bonustrack)

Die Bloodchamber meint:

Es ist fast schon als Ironie des Schicksals zu bezeichnen, dass ausgerechnet MACBETH auf eine der dramatischsten Bandgeschichten in unseren Breiten zurückblicken. Nach nur einem Jahr Erfolgsgeschichte gab es 1986 ein Auftrittsverbot vom DDR-Regime für die Thüringer, kurz nach dem Mauerfall setzte der vom DDR-Gefängnis traumatisierte Sänger Detlef Wittenburg seinem Leben (und damit vorläufig auch der Band) im Dezember 1989 ein Ende und die Reunion 1993 währte nur kurz – bis zum Selbstmord des Schlagzeugers Rico Sauermann. Zehn Jahre war es danach still, bis MACBETH als Support für IN EXTREMO gleich (wieder) einen Blitzstart hinlegten. Seit 2006 erscheinen nun im Dreijahresrhythmus neue Alben, die bisher viel Lob einheimsen konnten und die Band trotz ausbaufähiger Livepräsenz wieder fest in der deutschen Metalszene verankerten.

Man muss gar nicht tief in „Wiedergaenger“ eintauchen, um das nicht nur zu verstehen, sondern um sich gar zu wundern, dass MACBETH nicht wesentlich größer und bedeutender sind. Einprägsam, eingängig und eigenständig präsentiert sich der leicht thrashige Heavy Metals der Erfurter, die alle gängigen Assoziationsfallen, die das Verwenden der deutscher Sprache bei harter Musik so mit sich bringt, überraschend sicher umschiffen. Das liegt auch daran, dass Sänger Olli Hippauf trotz gelegentlicher harter Aussprache (zum Glück) kein zweiter Till Lindemann ist oder sein will, sondern wesentlich mehr Wärme, Drama und Vielfalt in seiner Stimme trägt.

Der Tenor von Gesang, Texten sowie Musik ist dabei durchweg ernsthaft und behandelt den Tod in verschiedenen Formen, vom vermeintlich heroischen Selbstopfer über den Massenmörder bis zum im Krieg verheizt werden. Zum Schmunzeln animiert höchstens die die Umdeutung des Haarmann Lieds auf die Ich-Perspektive in „Fritz H.“, auch wegen der bekannten beschwingten Melodie, die dem Refrain zugrunde liegt. Im Vordergrund stehen dagegen aufgrund der auch in den anderen Liedern verwendeten Ich-Perspektive entweder moralische Fragen – in „Stueck für Stueck“ zum Beispiel „Zwei Schiffbrüchige im Rettungsboot, lieber sterben oder den anderen töten?“ – oder die erdrückende Ausweglosigkeit einer Situation, der man nicht entrinnen kann (neben den Stalingradstücken auch in „Begraben“).

Die große Kunst von MACBETH auf „Wiedergaenger“ ist, dass das bei aller Kraft, die der Musik innewohnt, völlig pathosfrei dargestellt wird, sogar wenn einzelne Zeilen gemeinsam gesungen werden („Stalingrad – Kanonenfutter“). Die bei jeder Geschwindigkeit an den Tag gelegte Geradlinigkeit, die songdienliche Solos den verspielten vorzieht, trockene Einspieler wie die Durchsage aus dem Führerhauptquartier am Ende von „Stalingrad – Das Kreuz“ und die prosaische statt poetische Sprache setzen besonders in der (die reguläre Albumversion abschließenden und eine unangenehme Gänsehaut verursachenden) Stalingrad-Trilogie ein klares Zeichen. Vor diesen Szenarien treten die mitreißenden, bisweilen mit ihrer Schnittigkeit begeisternden Gitarren und die enorme Wucht von MACBETH fast ein wenig in den Hintergrund, was bei der Qualität und Abnutzungsresistenz, die „Wiedergaenger“ auszeichnen, zumindest eine kleine Ungerechtigkeit ist.

Die übliche Warnung an die Leute, die Probleme mit der deutschen Sprache im Metal haben, spare ich mir dieses Mal, denn „Wiedergaenger“ ist ein großartiges Album, das sich selbstbewusst unter den besten des 2012er Jahrgangs tummeln darf und hoffentlich viele Livetüren für MACBETH öffnen wird.


Wer die Wahl hat, greift zur Limited Edition, denn die vier Bonustracks haben als Neueinspielungen der vier Titel des allerersten MACBETH Demos aus dem Jahr 1985 nicht nur Klasse sondern auch historischen Wert.
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