Killswitch Engage - Disarm The Descent

Killswitch Engage - Disarm The Descent
Metalcore
erschienen am 29.03.2013 bei Roadrunner Records
dauert 41:06 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. The Hell In Me
2. Beyond The Flames
3. New Awakening
4. In Due Time
5. A Tribute To The Fallen
6. The Turning Point
7. All That We Have
8. You Don't Bleed For Me
9. The Call
10. No End In Sight
11. Always
12. Time Will Not Remain

Die Bloodchamber meint:

Ein kleines gemeines Wort, das bleibt, um den ersten Höreindruck eines lang erwarteten Albums zu beschreiben: nett.

„Nett“ bedeutet ja im Optimalfall „ganz in Ordnung, aber nichts Besonderes“, im worst case aber gar „die kleine Schwester von Fäkalien“. Selbst der größte Kritiker wird zu dem Schluss kommen, dass KILLSWITCH ENGAGE im Laufe ihrer Karriere mit Ausscheidungen nie etwas zu tun hatten. Dass die Band ihre musikalischen Meilensteine, die sie ohne Frage wie kaum eine andere Metalcore-Band geschaffen hat, schon vor Jahren veröffentlicht hat und auch nicht zu wiederholen in der Lage ist, wird einem auch bei mehrmaligem Hören des neuen Albums „Disarm The Descent“ bewusst.

Die Neuerung ist in diesem Fall die Rückkehr zu alten Werten. Nachdem Howard Jones die Band verlassen hatte, kehrte Original-Frontmann Jesse Leach, der 2002 das Metalcore-Schaustück „Alive...Or Just Breathing“ mit herausragenden Vocals schmückte, zurück. Nicht ganz überraschend, spielte doch KSE-Mastermind Adam D. erst kürzlich zusammen mit Leach ein Album seines Side-Projects TIMES OF GRACE ein. Da „The Hymn Of A Broken Man“ immer noch in den Ohren klingt, fällt die erneute Umstellung nicht schwer. Erwartet man aber die ruhig-majestätische Ausrichtung von TIMES OF GRACE auch im neuesten KSE-Output zu finden, wird man – zumindest größtenteils und glücklicherweise – enttäuscht.

„Disarm The Descent“ stimmt zu Beginn einen härteren Ton an, der viel mehr an glorreiche „Alive...“-Zeiten erinnert. Nach dem hoffnungsvoll stimmenden „The Hell In Me“ übernehmen die erwachsen gewordenen KILLSWITCH ENGAGE das Ruder und geben es auch so schnell nicht mehr aus der Hand. Das bewährte Rezept aus bandtypischem Riffing und epischen Refrains sorgt vor allem bei „Beyond The Flames“ und „A Tribute To The Fallen“ für Gänsehaut, aber auch für reichlich Deja-Vus. Man horcht besonders besonders dann auf, wenn es, wie bei „All That We Have“, „The Call“ oder „No End In Sight“ härter und rasanter zur Sache geht.

Ohne Frage hat das Songmaterial Klasse, die herausragenden Ohrwürmer, für die KILLSWITCH ENGAGE immer ein Händchen hatten, sind aber sparsam gesät und können mit Alltime-Klassikern der Marke „My Last Serenade“ oder „Rose Of Sharyn“ nicht ansatzweise mithalten. Neben dem gelungenen Opener und dem polierten „Beyond The Flames“ brennt sich vor allem der Refrain der obligatorischen Ballade „Always“ ins Gedächtnis – ob nun positiv oder negativ hängt ganz von der individuellen Kitsch-Belastbarkeitsgrenze ab. Nicht nur hier wird eindrucksvoll deutlich, dass Jesse Leach sich sowohl als Sänger als auch Shouter hinter dem mächtigen Howard Jones' zu keiner Sekunde verstecken muss. Obwohl es nur wenig Vorstellungskraft braucht, sich „Disarm The Descent“ mit Jones' Stimme vorzustellen, gelingt es Leach dennoch seine eigenen unverwechselbaren Fußstapfen zu hinterlassen.

„Disarm The Descent“ setzt auf die bewährten Stärken der Band, huldigt den zwischen gebremsten Energieschüben perfekt positionierten großen Melodien und schwimmt damit ungefähr auf einer Wellenlänge mit dem wenig aufregenden selbstbetitelten Vorgänger. Nicht nur KILLSWITCH ENGAGE als Pioniere selbst, sondern auch viele ihrer Genre-Kollegen sind auf einem mehr oder weniger hohen Level der „Nett“-Skala angekommen. Das Variieren ist in den beengten Stilgrenzen eben irgendwann ausgereizt. „Nett“ bedeutet bei KILLSWITCH ENGAGE, die sich stets von Neuem an ihren früheren Großtaten messen lassen müssen, aber immer noch „hochklassig, aber kein Meilenstein“.
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