Blind Guardian - Imaginations From The Other Side

Blind Guardian - Imaginations From The Other Side
Heavy Metal
erschienen am 05.04.1995
dauert 49:11 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Imaginations From The Other Side
2. I'm Alive
3. A Past And Future Secret
4. The Script For My Requiem
5. Mordred's Song
6. Born In A Mourning Hall
7. Bright Eyes
8. Another Holy War
9. And The Story Ends

Die Bloodchamber meint:

Es muss ungefähr 1996 gewesen sein. Klein Stephan war in der achten Klasse des Gymnasiums, als sein älterer Bruder eines Abends die Pforten nach Mittelerde aufstieß: Drachen, Elben, Zwerge, Umlis, Orks und andere Gestalten stürzten aus dem Regelwerk von M.E.R.S (MittelErde Rollenspiel System) auf die Gebrüder Jegust und sechs weitere Mitstreiter, die eine formidable Rollenspielgruppe formten. Einer der Kollegen, der Noldor-Elb Norwalas, legte bei der ersten Sitzung eine CD einer furchtbar lauten Heavy Metal Kapelle namens Blind Guardian in den heimischen CD-Player. FURCHTBAR! Was für ein ätzendes Geschrammel! Dieses Gekreische obendrein, wie kann man sowas hören? Nein, klein Stephan wollte lieber bei den H-Blockx verbleiben, aber irgendwie fesselten die symphonischen Kompositionen und die Chöre den kleinen Knaben. Und die Texte waren ja auch garnicht so uninteressant...

Auf diese Art habe ich damals tatsächlich Blind Guardian kennen gelernt. Der Fairness halber sollte man erwähnen, dass es zu der Zeit die "Somewhere far Beyond" Scheibe war, die ich hörte - aber differenzieren konnte ich damals sowieso nicht zwischen Manowar, Blind Guardian oder sonstwas, für mich war das wohl alles viel zu harter Müll für versoffene, langhaarige Penner. Mittlerweile trinke ich viel, habe längere Haare und als Student darf ich mich wohl auch Regelkonform einen Penner schimpfen - ob es daran liegt, weiß ich nicht, aber die "Imaginations..." ist für mich wohl die stärkste Scheibe, die Blind Guardian je geschrieben haben. Im Vergleich zur fast genauso starken "Somewhere..." bietet die IftoS den kleinen Hauch Bombast mehr, der mir wohl gefällt. Ob man es als Anfang des Endes bezeichnen kann? Heutzutage ist es wohl eher die große Windböe Bombast, die mir regelmäßig ein schmerzverzerrtes Gesicht bereitet wenn ich neue Songs von Blind Guardian höre, zu den SfB und IftoS-Zeiten hatte die Band die Gratwanderung zwischen endloser Selbstinszenierung und packender Härte besser drauf. Die Songs selbst, für die Nasen die Blind Guardian tatsächlich noch nicht oder nur seit der "Nightfall..." kennen, sind recht flott (wobei langsamer als auf den Scheiben davor), Hansi Kürsch [Der Name ist unter Metallern in einer Eisdiele immer noch der größte Brüller!] singt/schreit noch richtig und versucht sich nicht in operettenhaftem, unpassendem Kopfstimmgequäke und vor allen Dingen das geniale Gitarrenpaar Siepen/Olbrich schafft hier auf wahrscheinlich 4-6 Tonspuren mehr, als in allen 500 Tonspuren der "A Night at the Opera" zusammen. Mehr ist nicht immer besser, aber welcher Kobold Blind Guardian zur Gigantomanie geführt hat, werde ich wohl nie erfahren. Zudem ist das Songwriting hier origineller - Songs wie "A Past and Future Secret" wirken noch erfrischend und neu, "Bright Eyes", "And the Story Ends...", "Another Holy War" und wie sie alle heißen sind noch heute Klassiker und Garanten für eine explodierende Live-Show.

Fazit: Die Platte ist ein Must-Have im heimischen CD-Schrank, wenn man fantasyträchtigen, symphonischen Power/Heavy Metal steht. Mit Schnörkeln, aber schönen, spielte die Band 1995 einen Klassiker ein - ob das in diesem Jahr erscheinende "A Twist in the Myth" daran anknüpfen kann, bleibt abzuwarten. 10 Punkte, weil es mehr nicht gibt.
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