Kein Bock auf die große musikalische Revolution


Interview mit Heaven Shall Burn
Melodic Death Metal aus Deutschland - Saalfeld / Erfurt / Weimar
Eine der eindrucksvollsten deutschen Metalbands befördert uns mit einem saftigen Arschtritt ins neue Jahr. "Iconoclast", das neue Album von HEAVEN SHALL BURN, betritt zwar kein musikalisches Neuland, weiß aber gezielte Schläge auszuteilen. Drummer Matthias plaudert im Interview mit der Bloodchamber über das neue Werk und natürlich über dessen ausgefeilte und intelligente Konzept des Albums. Nebenbei können auch mal wichtige Fragen wie die Herkunft des Bandnamens und die Zukunft des Carl Zeiss Jena geklärt werden...

Euer neues Album „Iconoclast“ ist vor kurzem erschienen. Da stellt sich natürlich erst die Frage nach der musikalischen Weiterentwicklung. Mit Elektro-Beats, komplexeren Songs und einem Instrumental traut Ihr Euch hier schon, etwas zu experimentieren.


Matthias: Ich denke schon, dass man von Anfang an hört, dass es HSB sind. Wir haben uns schon in unserem Rahmen weiterentwickelt, aber auf eine große musikalische Revolution haben wir keinen Bock. Wir hören ja selbst am liebsten Bands, bei denen man weiß, was man bekommt und die beständig sind. Für manche mag das vielleicht sogar langweilig und vorhersehbar sein, aber so sind wir halt…hehehe.
Die Sache mit diesem Beat ist eigentlich etwas, was uns schon seit Jahren im Kopf herum geschwirrt ist, für den die wir aber nie einen passenden Song hatten. Für uns war das jetzt auch gar nichts Experimentelles, sondern einfach nur etwas Konsequentes. Wir alle standen schon immer auf Bands wir RAMMSTEIN, WALTARI oder THINK ABOUT MUTATION, und es war klar, dass sich das irgendwann auch mal in dieser Form in einem unserer Songs niederschlagen würde.

Bitte gib zu folgenden Songs des neuen Albums mal ein kurzes Statement ab:

„Endzeit“


Was soll man da sagen? Bei dem Song war uns eigentlich von Anfang an klar, dass es der Opener wird. Er steht wohl irgendwie in der Tradition von Songs wie „Behind A Wall Of Silence“, „The Weapon They Fear“ und „Counterweight“. Es sollte halt gleich richtig knallen und ins Ohr gehen. Ich denke, dass das so ganz gut hinhaut. Der Song ist auch gleichzeitig unser erstes eigenes Stück mit einem deutschen Titel. Der Begriff „Endzeit“ ist ziemlich plakativ und deutet auch sofort darauf hin, dass es um die Welt am Abgrund geht.

“Murderers Of All Murderers”

Trotz dieses vielzitierten Beats geht der Song eher in die BOLT THROWER-Richtung. Also walzende Riffs ohne Ende und einen melodiösen Refrain, der schnell ins Ohr geht.

„Atonement“

Der zuletzt fertig gestellte Song des Albums. Wir hatten überlegt, ob er auf die Scheibe passt oder nicht und ob er die ganze Sache abrundet. Dass der Song ein reines Instrumental ist, ist für uns auch eine absolute Premiere.

Aufgenommen und produziert wurde wie gewohnt im Rape Of Harmonies-Studio. Für den Mix ist erneut Tue Madsen verantwortlich. Haben andere Studios und Produzenten auch in Zukunft keine Chance bei HSB?

„Deaf To Our Prayers“ wurde ja zum Beispiel von Jacob Hansen gemixt. Wir sind da prinzipiell immer recht offen, aber bei der Frage des Studios gibt es für uns derzeit einfach keine gleichwertige Alternative zum Rape Of Harmonies in Triptis. Dort läuft es für und immer so, wie wir es uns vorstellen und auch die räumliche Nähe zu unseren Wohnorten ist ein unschlagbares Argument für das Studio.
„Iconoclast“ haben übrigens unsere beiden Gitarristen Maik und Alex produziert. Das ist quasi noch ein Grund weniger, das Studio zu wechseln. Wir sind einfach nicht auf Produzenten angewiesen, weil wir selbst wissen, wie wir klingen wollen. Die Leute im Studio helfen uns zwar hier und da, wenn es mal hängt, aber im Großen und Ganzen entsteht das alles in Eigenregie.

Inhaltlich durchzieht das Album die Geschichte einer Kriegerkaste namens Ikonoklasten. Woher stammt die Idee dazu? Das Wort Ikonoklasten leitet sich von Ikonoklasmus, dem Bildersturm, ab. Auf welche "Bilder" haben es die Ikonoklasten, und damit vielleicht auch das ganze Albumkonzept, abgesehen?

Bei den „Bildern“ handelt es sich um religiöse Symbole oder Götzenabbildungen, die zerstört werden. Es werden falsche Idole/ Bilder angeprangert und im Falle der Ikonoklasten eben zerstört.
Wenn man die ganze Sache einfach ein bisschen weiter spinnt und auch etwas symbolisch betrachtet, dann passt das wunderbar in das „große Konzept“, das wir eigentlich schon immer vor Augen hatten. Schon auf den vorangegangenen Alben ging es oft um Friedens-, Freiheits- und Widerstandskämpfer. Ein Ikonoklast kann also im übertragenen Sinne auch einfach jemand sein, der vorherrschende Zustände hinterfragt und sich nicht mit gegebenen Antworten zufrieden gibt.

Jeder Song auf dem Album ist ein Teil der Ikonoklasten-Geschichte, hat aber auch einen realen Hintergrund. Es werden Themen wie Laizismus und Widerstand im Dritten Reich angesprochen, Konsumverhalten angeprangert und sogar Nietzsche zitiert. Was schätzt Ihr? Wird sich der durchschnittliche Metal-Konsument (Das soll jetzt nicht abwertend gemeint sein.) eingehend mit einem solch anspruchsvollen Konzept auseinander setzen?

Ich denke wirklich, dass die Leute oft unterschätzt werden. Es gibt genügend Menschen, die sich auch mal mit solchen Dingen befassen wollen oder es zumindest positiv werten, wenn mal etwas anderes kommt als die Texte, die man im Metal allgemein so vermutet.
Selbst wenn sich die Leute nicht so tiefgründig mit dem Konzept befassen, bleibt doch größtenteils immer etwas hängen. Dass die Leute sich bis ins Detail mit solch einem Konzept auseinander setzen, ist der absolute Idealfall, der vielleicht bei 5% der Hörer eintritt, wenn überhaupt. Das ist aber im Hardcore auch nicht anders als im Metal. Viele möchten eben nur die Musik haben und befassen sich nicht mit dem Rest.
Es geht uns aber in erster Linie darum, uns mitzuteilen und das tun wir unabhängig davon, wie und ob unsere Gedanken am Ende auch ankommen.

Was denkst Du? Sind es vielleicht weniger die musikalischen Kriterien, sondern die ambitionierten Inhalte und Botschaften, die HSB aus der Masse der Metal/Metalcore-Bands heraus stechen lassen? Welche Bands schaffen es Deiner Meinung nach momentan noch, sich auf diese Weise hervorzuheben?

Och, es gibt gerade im extremen Musikbereich immer wieder Bands, die sich auch mit gesellschaftlichen und/oder politischen Themen auseinander setzen. Wir bilden da eigentlich keine Ausnahme. Bei uns ist das Ganze sicherlich etwas offensichtlicher als bei anderen Bands, aber wir sind da nicht alleine.
Auf der anderen Seite hab ich da aber auch überhaupt keine Illusionen: Aus der Masse stechen wir in erster Linie wohl musikalisch heraus. Ich glaube kaum, dass wir uns nach außen nur über unsere Attitüde definieren. Ich bekomme es ja selbst immer wieder mit, wenn ich E-Mails oder Messages über Myspace bekomme. Ideologisch prallen da oft Welten aufeinander und es gibt deswegen auch sehr, sehr viele Leute, denen unsere Musik zusagt, die unsere Einstellung aber gerade einmal akzeptieren. Kurz gesagt: Unsere Einstellung ist teilweise nicht gerade verkaufsfördernd.

Mit „Black Tears“ von EDGE OF SANITY gibt es auch eine Coverversion auf dem Album. Inwiefern passt der Song in das Konzept von „Iconoclast“?

Der Song stellt einfach eine musikalische Auflockerung innerhalb der CD dar. Das wurde nicht zwanghaft ins Konzept gepresst, sondern einfach dort platziert, weil es musikalisch ganz gut passte.

Letztes Jahr konntet Ihr Europas größtem Metal-Festival in Wacken auftreten. Wie habt Ihr den Auftritt dort empfunden? Wie steht Ihr allgemein solchen Großveranstaltungen gegenüber?

Wacken haben wir 2003 schon einmal gespielt und waren völlig ohne Erwartungen dorthin gefahren, um dann danach von den Publikumsreaktionen überwältigt zu sein.
Dieses Jahr war es allerdings schon eine ganze Ecke größer als damals, und man kann ruhig sagen, dass wir die Show dort als einen unserer besten Auftritte bezeichnen können. Spielerisch war sicherlich nicht immer alles im grünen Bereich, aber wenn man bedenkt, dass die Leute auch jetzt noch über diese Show sprechen, dann muss sie wohl was Besonderes gewesen sein…hehehe
Generell ist es immer schwieriger auf solchen relativ großen Bühnen zu spielen und etwas rüber zu bringen, aber wenn es dann klappt, ist es umso besser. Allgemein stehen wir solchen Veranstaltungen eher positiv gegenüber. Klar, ist alles riesig und von familiär kann auch nicht mehr so die Rede sein, aber wir selbst gehen auch schon jahrelang in auf Festivals wie das With Full Force und freuen uns eigentlich immer, so viele Bands zu sehen und Freunde zu treffen.

Kommen wir nun zum fröhlichen Teil des Interviews. Folgende Fragen werden von unseren Lesern an Euch gerichtet:

2006 wurde Euer Album „Deaf To Our Prayers“ in unserem Magazin zum Album des Jahres gewählt. Bitte mal ehrlich: Freut Ihr Euch über so etwas oder ist Euch das herzlich egal?


Natürlich freut uns so etwas! Warum sollte es uns nicht freuen, wenn unser Zeug gut ankommt!?!?!

Ist ein weiteres Splitalbum mit CALIBAN geplant?

Bis jetzt ist da nichts geplant, und ich kann es mir ehrlich gesagt auch nur sehr, sehr schwer vorstellen. Es ist ja an sich schon eher eine ungewöhnliche Sache, dass man zweimal eine Split mit derselben Band macht.

Stammt Euer Bandname aus dem BATHORY-Text „Dies Irae“? Oder stand dafür ein MARDUK-Album Pate?

Also den BATHORY-Text hab ich jetzt nicht mal auf dem Schirm, aber vielleicht haben MARDUK ihren Plattentitel ja dort her. Wir haben unseren Namen bei MARDUK geklaut, aber ich muss noch mal klarstellen, dass wir deswegen noch lange keine MARDUK-Tribut Band sind…hehehe
Ich hab schon mal irgendwo gelesen, dass Leute es seltsam finden, dass eine „linke“ Band wie HSB ihren Namen bei einer Band ausgeborgt hat, die kriegsverherrlichende Lyrics hat. Also noch mal langsam: Der Name ist keine Anbetung von MARDUK. Die Platte lag damals einfach bei uns im Proberaum herum, und wir sind deswegen auf den Namen gekommen. Außerdem ist es ja nun nicht so, dass der Ausspruch nicht auch woanders herkommen könnte.

Hattet Ihr schon mal Probleme wegen Eures Bandnamens, da die Metalcore Szene, vor allem in den USA, ja immer von mehr christlichen Bands und Fans übernommen wird?

Nee, so richtigen Ärger hatten wir da noch nicht. Es gibt wohl ein paar Radio-Stationen, die uns nicht spielen, aber bei Landeswelle Thüringen gehören wir ja auch nicht zum Nachmittagsprogramm. Das ist also alles kein Problem, und wir heulen da auch nicht rum.

Hält Carl Zeiss Jena dieses Jahr die Klasse, und warum feuern die nicht mal ihren Präsi?

Der Präsi ist eigentlich ein Guter, auch wenn er ab und zu besser mal die Klappe halten sollte. Wirtschaftlich geht es dem Verein gut, und das ist vor allem auch sein Anteil.
Der FCC wird die Klasse halten, denke ich. Für die Rückrunde hat man sich allerhand Verstärkung geholt, und die Truppe ist einfach zu gut für den Abstieg. Da gibt es ganz andere Gurkentruppen ohne Tradition, die das verdient hätten. Außerdem stehen die Fans wie eine Wand hinter der Mannschaft. Andere Vereine in der 2. Bundesliga haben so etwas gar nicht.

Zum Schluss hast Du noch die Möglichkeit, ein paar abschließende Worte an unsere Leser zu richten:

Nur der FCC!!! Thüringen außer Erfurt!!!
Matthiasxxx
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