Ein Blick in den Spiegel, den man so schnell nicht vergisst


Interview mit Dark Fortress
Melodic Black Metal aus Deutschland - Landshut
DARK FORTRESS - einer der bekanntesten Black Metal Formationen der deutschen Szene ist es nach innovativen und hochbewerteten Alben wie „Stab Wounds“ und „Séance“ auch weiterhin gelungen, mit dem neuen Konzept-Werk „Eidolon“, der selbst angelegten Messlatte gerecht zu werden.
Nach dem Ausstieg des Sängers Azatoth, stammt nebst konzeptionellen und lyrischen Ideen, auch der Gesang von dem neuen Bandmitglied, Morean. Bloodchamber ist es gelungen ein Interview mit Morean zu bekommen, und hat für euch einiges über die Band, ihre Ansichten, ihr Umfeld, das neue Album und dessen Hintergründe, Illusionen, Musikpiraterie, Konservativismus in Bayern, Rosettenflughunde, wer der Antichrist in der Band ist, und warum die Zusammenarbeit mit sich selbst relativ gut klappt, in Erfahrung gebracht. Viel Spaß!


Wer, was sind DARK FORTRESS (DF) und worin besteht die Einzigartigkeit eurer Musik?

Morean: "Einzigartig" ist natürlich immer ein großes Wort. Aber ich würde hier anführen, dass DF eine ziemlich morbide und verfaulte Black Metal-Atmosphäre auch mit abenteuerlichen oder stilfremden Elementen erreichen, und trotz der inhaltlichen Rohheit und Düsterheit anspruchsvolle Musik machen. Der Einsatz von sehr melodischen Leadgitarren, die den Gesang "begleiten" (z.B. Ghastly Indoctrination), ist nicht so geläufig bei anderen Bands; auch Untertongesang mit Text ist innovativ. Inhaltlich gehen wir denke ich auch einen Schritt weiter als die meisten Bands, da wir uns nicht nur auf persönliches Unglück oder "Hail Satan" beschränken. Des weiteren sind DF eine sehr energetische und extrovertierte Liveband, keine paar Hanseln, die verloren auf der Bühne rumstehen, wie viele andere Black Metal Bands.


In vielen Texten von DF herrscht eine sehr negative, destruktive und morbide Grundthematik. Wie ist eure persönliche Einstellung zu den polarisierenden Begriffen Leben und Tod? Entspricht das von DF vermittelte Bild eurer persönlichen Weltanschauung?

Morean: Wir lassen uns von unseren seelischen Abgründen inspirieren. Das hat einen kathartischen Effekt, man kann seinen Hass und seine Depressionen so wunderbar und quasi alchemisch in etwas verwandeln, das wir selber und andere genießen können, statt dass wir irgendetwas aufschlitzen müssen. Mir persönlich geht's im täglichen Leben eigentlich sehr gut; dass ich die Welt nicht mehr so hassen muss wie früher liegt vor allem daran, dass ich nach vielen Jahren harter Arbeit genau tun kann, was ich will, und mein Leben nicht mehr mit irgendeinem Dreck verschwenden muss. Ich hatte immer eine exzessive morbide Veranlagung, die mir in der Musik jetzt zum Vorteil gereicht. Black Metal hat mir in der Vergangenheit oft über absolute Tiefpunkte hinweggeholfen; es hilft einem, wenn man merkt, dass andere ähnliche Höllen als man selbst erlebt und auf CD gebannt haben. Hoffentlich können wir diese Bedeutung auch für unsere Zuhörer haben.


Thematisch handeln eure Werke eher von Sphären aus Vergänglichkeit, Transzendenz, Wahnsinn und Tod, als von abgedroschenen 08/15 satanischen Botschaften. Wie kommt man als Black Metal Band ohne so etwas aus?

Morean: Ich bin Satanismus im Prinzip durchaus nicht abgeneigt, er ist allerdings nur eine von vielen möglichen Schattierungen in einem düsteren Kosmos. Als Dauerinhalt ist er mir allerdings viel zu nahe am Christentum, vor allem in der Form, in der er für gewöhnlich praktiziert wird. Auch das Servile daran gefällt mir überhaupt nicht, ich bin eher ein spiritueller Anarchist. Ich denke, als kreativer Musiker / Texter etc. sollte man sich schon um eine originelle Aussage bemühen und versuchen, seine eigene Welt zu erschaffen, in der der Zuhörer sich selbst vergessen kann. Deswegen halten wir uns von millionenmal abgedroschenen Floskeln fern, was uns im allgemeinen sehr dankend abgenommen wird. Die Welt, in der sich unsere Musik abspielt, ist keine andere als normalerweise im Black Metal; wir geben uns vielleicht einfach mehr Mühe, eine eigene Geschichte zu erzählen.


Würdet ihr euch mit dem – aus gerne seriös gehandelten Szenekreisen stammenden- Begriff „True“ identifizieren? Oder ist der Begriff wie er verwendet wird, ein Affront gegen die Authentizität einer jeden seriösen Band?

Morean: Hm, schwierig. Natürlich sind wir nach unserer eigenen Definition vollkommen true, sonst würden wir das alles niemals machen. Inwiefern wir jemand anderes' Definition von "true" erfüllen, können wir schlecht beantworten. Wenn man nicht spielen können darf, um true zu sein, haben wir wohl ein Problem, hehehe. Ich denke, die Frage muss jeder für sich beantworten. Ich interessiere mich nicht für Klischees, ebensowenig für Leute, die einen nach Klischeehaftigkeit beurteilen. Insofern ist die ganze Diskussion eh schon lang irrelevant; mir ist meine Zeit zu schade, um sie mit Haarspaltereien zu verschwenden.


SATYRICON, CELTIC FROST, DARKTHRONE und einige andere Bands erleben seit geraumer Zeit eine stilistische Weiterentwicklung - Sie verlieren und gewinnen dadurch viele Fans. Wie steht ihr modernen Einflüssen und Innovationen gegenüber, in einem so rigiden Genre wie Black Metal? Ist sowas wie Innovation wichtig und/oder überhaupt machbar?

Morean: Ja, Innovation ist sogar unausweichlich, wenn das Genre nicht wie z.B. Punk oder Rock'n'Roll an sich selber ersticken will. DF versucht sicher nicht krampfhaft, das Rad neu zu erfinden. Aber wenn man schreibt und Songs macht, darf man sich selbst nie zensieren, vor allem nicht aufgrund der Erwartungshaltung anderer. Wenn dann was rauskommt, was den einen nicht mehr, den anderen dafür umso mehr gefällt, kann man halt nichts machen. Hier beginnt die Trueness! Mir ist es Jacke wie Hose, ob man das Produkt dann Black Metal, Extreme Metal oder Reggae nennt; wir können eh nur das machen, was aus uns rauskommt. Persönlich schätze ich innovative Bands immer am meisten, da sie die längste Halbwertszeit haben (z.B. Emperor, Arcturus, Meshuggah). Nur weil Bathory und Mayhem mittlerweile das Establishment sind, heißt das nicht, dass sie, als sie rauskamen, nicht innovativ waren. Wäre der kreative Rückwärtsgang damals schon so schlimm gewesen, hätte es diese Bands auch nie gegeben. Das heißt aber nicht, dass jetzt jeder auf Teufel komm raus (hmm... vielleicht doch...?) anders sein wollen muss als die anderen. Roher Retro-Black Metal hat schließlich auch seinen Charme. Im allgemeinen finde ich, man sollte die Musik machen, die man selber geil findet! Alles andere ist, sicher in einem kommerziell vollkommen irrelevanten Genre wie Black Metal, totale Zeitverschwendung.


Die Musik von DF genießt mittlerweile zu Recht Anerkennung - auch weit über Deutschland hinaus. Was ist das für ein Gefühl, wenn man bedenkt, dass man als Musiker bzw. Schöpfer, intime Ideen, Emotionen und Eindrücke mit den Songs verbindet, diese dann bei vielen, fremden Menschen ähnliche, oder auch ganz verschiedene Reaktionen und Interpretationen hervorrufen? Sind es trotzdem "eure" Songs, mit fester Vorstellung, welche Gefühle und Gedanken sie erzeugen sollen? Oder ist sind sie ein Geschenk, das jeder auslegen kann wie er möchte?

Morean: Ich kann da nur für mich selber sprechen. Ich schreibe nie "für's Publikum", und nehme mir als Musikkonsument auch das Recht auf eine eigene Interpretation raus. Wir reißen uns die Seele auf, und freuen uns natürlich, wenn das Chaos da drinnen jemanden anspricht. Aber auch wenn's nicht so wäre, würden wir's genauso machen. Das ist ja das wunderbare an Songtexten; sie lassen im Gegensatz zu Prosa viel Raum für die Imagination des Zuhörers, indem sie archetypische Bilder verwenden, die in jedem leicht andere Bilder verursachen. Ich denke, es würde nicht funktionieren, von anderen zu erwarten, mit denselben Worten genau dasselbe wie man selbst zu verbinden. Außerdem verkommt man dann zur Propagandamaschine, und das liegt uns fern.


Gerüchten zufolge hätte der Nachfolger zu „Séance“ ursprünglich ein Album mit dem Titel „Scum" sein sollen. Sollte das zutreffen, wie konnte sich „Eidolon" als Name und Konzept durchsetzen, und das bereits vorhandene Material eingepasst werden?

Morean: Azatoth hat bei seinem Ausstieg seine Texte und Titel mitgenommen, die er bereits für das Album gemacht hatte. Ich habe also die Platte in der Instrumentalversion bekommen und konnte mich konzeptuell, textlich und gesanglich völlig frei ausleben. Das Konzept, das dabei rauskam, ist eine Kombination aus dem, was mich beschäftigt und inspiriert, mit dem, das ich quasi inhaltlich aus der Musik destillieren konnte. Ich weiß nicht mal, worum es bei dem ursprünglichen Konzept ging, war also gänzlich unvorbelastet.


Woher kam die Inspiration zu “Eidolon“? Wie ist der persönliche Bezug, was ist die Bedeutung und Message?

Morean: Der Ausgangspunkt ist das Verlangen, die Grenzen des menschlichen Daseins hinter sich zu lassen, geboren aus einer Abscheu vor "unserer" Welt. Die "Weltflucht" über dunkle spirituelle Wege entspringt zum großen Teil meinen eigenen Erfahrungen und Visionen. Ich konnte mich immer in dem Gedanken finden, dass nicht unsere Welt echt und alles andere Illusion, sondern genau umgekehrt ist. "Eidolon" versucht zu beschreiben, was man finden kann, wenn man den Horror vor dem Verlust der menschlichen Perspektive einmal überwunden hat (und wie's einem dabei geht...).


Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Morean? Viele Fans werden mit dem Sängerwechsel einen Identitätsverlust oder Imagewechsel fürchten. Ist diese Frage berechtigt?

Morean: Ich persönlich arbeite sehr gern mit mir zusammen, die Kommunikation ist angenehm und das Level sehr professionell! (Äh....) Nein, im Ernst, die Fans müssen sich keine Sorgen machen. Auch hab ich noch kein Review gelesen, das sich über den Sängerwechsel beschwert. Hört's Euch einfach an, dann merkt Ihr's selber.


Das dritte und letzte Kapitel beinhaltet die Tracks "No Longer Human" (Nicht mehr menschlich), "Catacrusis" (Der Herabstieg?), "Antiversum" (Die Umkehrung oder Negierung des Universums?). Habt ihr jemals probiert ein Eidolon zu beschwören? Wie mag es auf der anderen Seite sein? Ist es -platt ausgedrückt- einfach nur die Umkehrung von Allem, oder steckt viel mehr dahinter?

Morean: Kurz gesagt ist es die Verwandlung von dem, der in den Spiegel schaut, in den, der aus dem Spiegel rausschaut. Das klingt banal, impliziert aber eine komplett andere und für uns erstmal unbegreifliche Realität. Ich wurde früher häufig mit dieser Art spirituellen Energien konfrontiert, zunächst in Alpträumen, später auch am helllichten Tage. In dem Moment, als ich begann, mich aktiv auf diese Phänomene einzulassen, statt zu versuchen, sie zu negieren, tat sich eine unvorstellbar viel größere Welt auf als die, die ich damals als "echt" ansah. Wenn man Wirklichkeit als "das, was wirkt" definiert, entdeckt man Dimensionen, die sich nicht vermessen oder objektivieren lassen, die aber ein drastisch anderes Licht auf das Leben werfen. Als die affenartigen Primaten die wir letztlich sind, ist es allerdings schwer, permanent in diesem Zustand zu verkehren, da er nur ansatzweise mit unserer Welt zu tun hat. Es geht um eine innerliche Umwälzung, die Geburt eines Universums, das so echt und heftig ist, dass einem die Welt, aus der man gekommen ist, wie eine schlafwandlerische Illusion vorkommt. Ich glaube an die These, dass wir als Menschen nur zu einem geringen Teil das in uns inhärente Potential nutzen. Die Lehre vom Übermenschen entspringt wohl einem ähnlichen Ansatz. Es geht also eher um ein Verpuffen des Universums in Irrelevanz, als eine bloße Negierung desselben. Wie diese andere Seite ausschauen kann, habe ich versucht, in den Texten zu verarbeiten.


Der beschriebene Prozess des letzten Kapitels weist überraschende Analogie zu Tod und anschließender Wiedergeburt Jesu am dritten Tage auf. Wenn man das weiterspinnt, könnte "No longer Human" im "Antiversum" implizieren, dass die Wiedergeburt, das Entmenschlichte, de facto der Anti-christ ist?

Morean: Nette Idee, so hab ich's aber gar nicht beabsichtigt. Überhaupt gibt's auf der Platte keine einzige Bezugnahme auf das Christentum in jedweder Form, da es hier um etwas ganz anderes geht - dies nur um Missverständnissen vorzubeugen. Die Fans des Zombies aus Nazareth denken seit 2000 Jahren, dass sie das Monopol auf jedwede Art von Transzendenz besitzen, und dass es automatisch in allem einen Bezug auf ihren Senf gibt. Das ist die Natur fanatischer Verblendung, der ich an dieser Stelle einen erigierten Mittelfinger anbieten möchte... die Welt ist soviel größer als dieses zusammengestöpselte Buch zur Manipulation der Massen, und es zeugt von enormer geistiger Armut, sie auf das zu reduzieren, was irgendwelche Päpste im Lauf der Jahrtausende als kontrollierbare Wirklichkeit definiert haben.
Wenn man in diesem Kontext das Antiversum als den Antichristen definiert, ist der Umkehrschluss, dass der Mensch Christ ist - ein Gedanke, der wohl bei den meisten Eurer Leser spontanen Schüttelfrost auslösen dürfte ;-)


Ist der Antichrist bereits Bandmitglied bei DF? Wenn ja, wer ist es?

Morean: Das ist er tatsächlich, nämlich in der Person unseres Keyboarders. Ich meine, schau ihn Dir doch mal an......


Was zeigt das atmosphärische Artwork zu "Eidolon", wer ist der Künstler?

Morean: Die Idee ist, dass die CD quasi der Spiegel ist, in dem der Zuhörer sein sich verzerrendes Spiegelbild sieht. Das Cover und die Bandphotos wurden von Anna Tluczykont geschaffen, eine junge und extrem begabte Künstlerin, die in Bayern lebt und studiert. Wir waren sofort beeindruckt von ihrer fotorealistischen Morbidität und der Qualität ihrer Bilder. Hoffentlich war das nicht die letzte Zusammenarbeit mit ihr!


Auf der Internetplattform Youtube gab es schon Anfang Januar Tracks von Eidolon zu hören, in diversen Untergrund Foren und Filesharing-Börsen kursieren seit einiger Zeit Promos zum download. Was haltet ihr von dieser Dreistigkeit, und wie ist eure generelle Meinung zur heutigen Plattenindustrie und der Musikpiraterie?

Morean: Naja, das Bild des sinkenden Schiffes ist wohl nicht ganz fehl am Platze. Ich bin bestimmt kein Feind des Internets, ganz im Gegenteil. Dass irgendwelche Leute irgendwann mal was ins Netz stellen, besorgt mir auch keine großen Kopfschmerzen. Aber es ist echt nervig, wenn Leute eine CD ins Netz stellen, die noch nicht mal veröffentlicht ist. Die Tatsache, dass Journalisten das mit ihren gratis Promos machen, begreife ich allerdings echt nicht! Wie blöd kann man denn sein? Sehen diese Idioten nicht, dass sie damit der Band einen gewaltigen Schaden zufügen? Dark Fortress hat sich mittlerweile einen gehörigen Status erarbeitet. In der Realität heißt das für uns, dass wir mit ein bisschen Glück nicht mehr draufzahlen, um diese Musik zu machen. Verdienen tun wir eh schon keinen Cent damit. Wenn wir also keine CDs mehr verkaufen können, weil diese Deppen sie hundertfach ins Netz stellen, heißt das, dass die Platenfirmen zusammenbrechen (sieht man ja jetzt schon), folglich die Werbeeinnahmen der Magazine für Anzeigen der Labels etc. verschwinden, deswegen die Mags auch zusammenklappen, und diese Leute sich somit langfristig ihr eigenes Grab schaufeln und es den Bands gleichzeitig unmöglich machen, sich weiterzuentwickeln. Gratis was Rippen ist eine Sache; als Band andere quasi dafür zu zahlen, kostenlos Deine Musik zu verteilen, eine andere.
Über kurz oder lang muss sich wohl eine komplett neue Organisation der Musikbranche entwickeln. Bleibt nur zu hoffen, dass in einem neuen System die, die die Musik machen, nicht wieder komplett leer ausgehen, wie jetzt.


Ich vermute, dass der Hauptsitz der Band immer noch in Landshut, Niederbayern liegt. Fast 65% der Bevölkerung bekennende Katholiken, ein CSU-dominierter Stadtrat und eine eventuell latent konservative Allgemeinheit. Führte die Existenz von DF schon zu Gesprächsstoff oder gar zu Problemen?

Morean: Landshut ist trotz aller gotischer Schönheit natürlich ein schreckliches Pflaster für alles, was nicht im weitesten Sinne CSU-tauglich ist. Dark Fortress hatte soweit ich weiß durchaus immer wieder Probleme, weil irgendwelche Brezensalzer nichtexistente Verbindungen zu Nazis oder Grabschändern herbeireden wollten. Man ist also immer in den Untergrund verbannt. Allerdings gibt's in einem extrem konservativen Landstrich auch immer entsprechend heftige Gegenreaktionen im Untergrund, insofern könnte man zynischerweise sagen, dass dieses reaktionäre Klima das Bedürfnis nach Rebellion wohl nur gefördert hat. Ich selber, und mittlerweile auch Seraph, wohnen in Rotterdam, welches einem nach Landshut wie eine angenehm babylonische, von religiösem Wahnsinn und moralischer Gschaftlhuberei befreite Insel vorkommt. Seit ich dort wohne, hab ich auch fast keine Probleme mehr mit religiösen Fanatikern, die einem ihre Grütze um die Ohren hauen. Das ganze Thema hat völlig an Relevanz verloren, und ich habe ehrlich gesagt mittlerweile Schwierigkeiten, das ganze Religionsbrimborium und die lächerlichen Diskussionen drüber irgendwie ernst zu nehmen.


Die Tour im März scheint auf den ersten Blick recht chaotisch angelegt: Immer wieder ein paar Konzerte im Ausland und dann wieder in Deutschland. Ein ständiges Hin und Her. Wie sind eure Gefühle zur Tour?

Morean: Kurz gesagt, wir hoffen, dass sie stattfindet! DF waren bisher nicht gerade vom Glück verfolgt, was Touren betrifft, deswegen glauben wir's erst, wenn alle Konzerte gespielt sind. Das Routing kommt vom Booker, darauf hatten wir leider keinen Einfluss. Aber was die Band betrifft, sind wir sehr heiß drauf, endlich live vermehrt draufloszuwüten, und es stehen ja auch nach der Tour bereits ein Haufen Gigs für dieses Jahr.


Denkt ihr, dass eure Fans die Musik und Texte von DF als solches erkennen, verstehen und würdigen? Oder anders gefragt – sollte es eine Zielgruppe geben, wer ist sie genau?

Morean: Ich denke schon, dass die Fans uns richtig verstehen. Bin ja erst kurz dabei, aber an den Kontakten, die ich bisher hatte, merke ich schon, dass wir wohl in den richtigen Händen sind. Wir machen das ja, weil wir unser Leben lang auch Fans gewesen sind; wir machen die geilste Musik, die wir zustande bringen, und vertrauen drauf, dass diese dann schon ihren Weg zu den richtigen Leuten findet. Ich denke, wir haben allen, die sich für extremere Musik sowie für Okkultismus interessieren, was zu bieten. Welche T-Shirts die anhaben, ist mir dann äußerst egal. Hoffentlich unsere halt ;-)


Was sagt ihr euren verstörten Fans, die versuchen das intellektuelle Konzept von Eidolon zu erfassen, und durch Wikipedia aufgeklärt werden, dass es sich bei diesem Begriff des öfteren um "einen Gattungsnamen der Rosettenflughunde" handeln könnte?

Morean: Hab ich gehört, sehr lustig. Muss man sich dabei eine Fledermaus vorstellen, die einem in den After kriecht? Ich empfehle die internationale / englische Wiki-Seite, da steht nämlich sehr wohl, was ein Eidolon ist.


Eine Band, die eurer Meinung nach ihren Erfolg verdient hat:

Morean: Ich spreche wieder für mich: Meshuggah, Opeth, Morbid Angel, Emperor, Bathory, weil sie allesamt was neues zum Metal beigetragen haben, und ich ihrer Platten nach jahrelangem Dauerkonsum immer noch nicht überdrüssig geworden bin.


Eine Band die ihren Erfolg sicherlich nicht verdient hat, und in der Hölle brennen sollte:

Morean: Hm. Children of Bodom. Anthony and the Johnsons. Stryper. Robbie Williams (zählt das als Band?) Ich könnte den ganzen Tag so weitermachen, tu's aber nicht.


Wenn das Überleben der Band davon abhinge, Edmund Stoiber davon zu überzeugen, DF staatlich zu subventionieren, wie würdet ihr dies tun?

Morean: Ich würde die Ventilwirkung extremer Musik hervorheben, die dafür sorgt, dass hormonell geladene Leute im Konzert abschädeln, statt kleine Kinder zu essen, Omas auszugraben und mit der Abrissbirne auf dem Kirchplatz vor zu fahren. Des weiteren würde ich den hohen Virtuositätsgrad vieler (natürlich nicht aller) Bands und den im Durchschnitt hohen Level der Instrumentenbeherrschung sowie die dafür nötige echte Leidenschaft anführen. Auch dürften sich die Katholiken insgeheim freuen, was gscheides zum Verteufeln zu haben. Ohne Hölle kräht kein Hahn nach Erlösung und willkürlichem Gesülze übers Jenseits. Oder?


Nun noch eine Frage zum Schluss: Wenn ihr etwas sofort und ohne Aufwand in der Welt ändern könntet, was wäre das?

Morean: Kreative Anatomie und persönliche und willensbedingte Beeinflussung der eigenen Körperstruktur.


Ich möchte mich nochmals bedanken für dieses Interview. Traditionsgemäß gehören die letzten Worte der Band, um den Lesern von Bloodchamber wichtige Ratschläge fürs Leben mitzuteilen:

Morean: Just because you're paranoid doesn't mean they're not after you.... Danke für's Interview, und die intensive Beschäftigung mit dem neuen Album!
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