Nordischer Geschichtsunterricht


Interview mit Kampfar
Black Metal aus Norwegen - Fredrikstad
KAMPFAR stehen schon seit jeher für aufregende, authentische und einmalige Musik. Dies unterstreicht ihr aktuelles Album „Heimgang“ einmal mehr! Also ließ ich mir die Chance nicht nehmen, mit Dolk ein kleines Interview zu führen!

Hallo Dolk! Erstmal vielen Dank für das Interview! Euer neues Album ist wirklich sehr facettenreich ausgefallen! Ich bin von den Klängen wahrlich begeistert und fasziniert!


Hallo Stefan! Es freut mich, dass dir unser neues Album gefällt! Vielen Dank!

Dolk, was bedeutet der Albumtitel “Heimgang”?

Die Platte handelt von vielen Geschichten und Mythen aus dem hohen Norden. Doch wir machen keinen Fairytale Metal oder so was in der Richtung. Das Wort Heimgang an sich war faktisch ein Begrifft, der hier im Norden vor einigen hundert Jahren gebräuchlich war. Heimgang beschreibt den Pfad, der die diesseitige Welt mit der Unterwelt verbindet. Diese spezielle Verbindung bezeichnete man also zu dieser damaligen Zeit als Heimgang. Man kann also sagen, dass es ein rein historischer Begriff ist und nicht aus einem Märchen stammt. Wenn man dies mit einbezieht, dann kann man sagen, dass das gesamte Album sich um diese Thematik dreht.

Wie lange hat denn der Songwritingprozess für das Album gedauert? Wie entstanden die neuen Songs und welches Mitglied von KAMPFAR hat das meiste Material geschrieben?

Hmm, als wenn man den ganzen Prozess von Anfang bis Ende betrachtet, dann hat es etwa zwei Jahre gedauert, um präzise zu sein! Wir sind keine Band, die jedes Jahr das Studio entert, nur weil unser Vertrag uns vorschreibt, genau dies zu tun. Wenn ich das so mal sagen darf. KAMPFAR waren schon immer eine Gruppe aus Leuten, die sich über ein Lied oder die Musik im Ganzen sehr viele Gedanken gemacht haben und vieles abgewogen haben, bevor ein Song oder Album fertig gestellt war! Doch auf der anderen Seite ist „Heimgang“ tatsächlich impulsiver als all unsere alten Veröffentlichungen. Nimm beispielsweise solch einen Track wie „Inferno“. Dieses Stück entstand beim Jammen im Studio. Die Drums, die du bei diesem Song hörst, sind der First Take der Schlagzeugaufnahmen für dieses Lied. So gehen manche Dinge heutzutage bei uns wohl den spontaneren Weg, hehe…
Der Großteil der Musik entsteht in unserem Proberaum. In diesem Zusammenhang muss ich unbedingt Thomas, unseren Gitarristen erwähnen. Ohne ihn wäre diese Band nicht KAMPFAR. Er hat eine riesige „Riffbibliothek“ im Kopf, ohne die wir nicht als Band existieren könnten. Für dieses Album nahm ich mir eine Auszeit und ging zu meiner kleinen Hütte in den Bergen. Dort schrieb ich alle Texte in völliger Einsamkeit. Dies dauerte etwa eine Woche. Danach ging ich gleich ins Studio und sang die Lyrics in vier Tagen ein. Dieser Prozess funktionierte für meinen Teil wirklich gut!

Hast du denn einen persönlichen Lieblingstrack auf „Heimgang“?

Das Tolle an diesem Album ist, dass jeder von uns unterschiedliche Ansichten hat, was das Thema betrifft, welcher Song nun der beste auf „Heimgang“ ist. Und dies ist für mich ein wirklich positives Zeichen, denn es bedeutet, dass wir diesmal geschafft haben, ein Album mit mehr Tiefe und Abwechslung zu erschaffen, als beim letzten Mal. Darüber bin ich sehr glücklich! Wenn ich etwas über meine persönlichen Lieblingsstücke sagen muss, muss ich das aus sehr egoistischen Gründen tun. Ich liebe es, die Songs „Inferno“, „Dødens vee“ und „Vettekult“ live zu spielen. Also sind es wohl genau diese Stücke, die ich besonders mag. Doch um es mal so zu sagen: Wie kann man sich seine Favoriten herauspicken, wenn es doch alles deine „Kinder“ sind?


Das kann ich gut verstehen! Mein persönlicher Favorit ist der letzte Song “Vandring”! Was kannst du mir über dieses Stück sagen? Wer übernahm dafür die Keyboards? Dieser Song hat sogar etwas von alten GENESIS!

Eine Menge Leute scheinen gerade diesen Song zu mögen. Schön zu hören, dass er auch dir so gut gefällt! Nun mit „Vandring“ kam mir die Idee, „Heimgang“ musikalisch abzuschließen. Doch gleichzeitig sollte das Lied auch einen Neuanfang symbolisieren. Ein Anfang und Ausblick auf die kommende Zukunft, wenn du verstehst, was ich meine!? Thomas spielte die Keyboards bei „Vandring“.

Wir sind ja eben schon mal kurz auf den Entstehungsprozess der Texte eingegangen. Nun würde ich natürlich gerne noch etwas mehr über den Inhalt ebendieser erfahren!

Also, wie ich eben schon mal gesagt habe, zog ich mich in die Berge zurück und schrieb alle Texte. Fast achtzig Prozent der Albumtexte handeln von wahren Begebenheiten, die sich hier im Norden zutrugen. Ein tief verwurzelter Glauben an dunkle folkloristische Inhalte zeichnete die Leute vor hunderten von Jahren aus. Dies sind Dinge, die Leute aus der heutigen Zeit völlig vergessen haben! Du kannst also sagen, dass „Heimgang“ eine Art Geschichtsstunde vom vergessenen Norden ist, hehe.
Fast jedes Stück basiert auf wahren Begebenheiten oder dunklen Mythen, die sich hier in Norwegen vor 200 bis 500 Jahren zutrugen. Und der thematische Rahmen verbindet all diese Lieder miteinander. Nun auf jedes einzelne Lied einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Doch ich kann den Song „Antvort“ als Beispiel nehmen. Antvort war in Wirklichkeit ein Priester, der gerade mal einen Kilometer von meinem Haus entfernt lebte. Er predigte vor über 200 Jahren in der örtlichen Kirche. Diese Kirche existiert auch heute noch. Es ist also einfach nur faszinierend, diese Kirche vor sich stehen zu sehen und die Geschichte, die sich hinter ihr verbirgt, zu kennen. Antvort war ein schwarzer Priester, wie es die Einheimischen nannten. Er besaß Wissen über die hellen wie die dunklen Seiten der Dinge. Offiziell war ein weißer Priester und der norwegische Staat unterstützte seine Gottesdienste. Doch die Einheimischen und besonders die Kinder wussten von der dunklen Seite von Antvort. So wirst du wahrscheinlich verstehen, dass dieses Stück und auch der Rest des Albums so viel mehr mit wahrer Geschichte und dunklen Geschehnissen meiner Heimat zu tun hat. So besteht für mich kein Zweifel, dass „Heimgang“ das bisher persönlichste Album unserer Bandgeschichte ist.

Das ist wirklich sehr interessant! Wo siehst du persönlich die Unterschiede zwischen „Heimgang“ und seinem Vorgänger „Kvass“?

„Heimgang“ ist viel direkter, egal ob es nun um die Musik oder um die Texte geht. Gerade wenn man es mit „Kvass“ vergleicht, fällt mir dieser Unterschied deutlich auf! Bei „Kvass“ war es ja so, dass wir gerade eine siebenjährige Pause hinter uns hatten. Wir mussten erstmal wieder auf Touren kommen, um es mal so zu sagen. „Kvass“ ist für mich wie eine Autobahn. Wir haben etwas zu wenig auf Atmosphäre geachtet und kannten nur eine Richtung. Atmosphäre zeichnet dagegen „Heimgang“ geradezu aus. Das kann damit zusammen hängen, dass wir mehr Zeit hatten, als Band zusammen zu wachsen. Wir sind heute eine Gruppe aus vier, gleichberechtigten Mitgliedern. Das war bei „Kvass“ nicht der Fall. Es ist schwer zu sagen, aber ich habe das Gefühl, dass die Dinge sich nun richtig gefügt haben und wir musikalisch in die richtige Richtung steuern.

In der Vergangenheit gab es bei euch zwei Haupteinflüsse. Zum einen waren da die Folk Einflüsse von Thomas und dein Black Metal Hintergrund. Was hat sich daran über die Jahre geändert? Wie sehr interessiert dich das Black Metal Genre heute noch?

Nun, um auf diese Veränderungen einzugehen, muss ich wohl ein wenig ausholen und vom Jahr 1999 erzählen. Nach der Veröffentlichung unseres zweiten Albums gingen Thomas und ich durch eine harte Zeit und eine Menge persönlicher Probleme mussten geklärt werden, bevor wir daran denken konnten, wieder gemeinsam Musik zu erschaffen. Und wenn wir wieder zurückkehren würden, hätten wir zwei Optionen. Die eine wäre gewesen, genauso weiter zu machen, wie bisher. Also Songs schreiben und Alben aufnehmen. Oder wir gründen eine richtige Band, um uns zu entwickeln und Liveshows spielen zu können. Glücklicherweise entschieden wir uns für die zweite Alternative!
So passierte etwas! Eine neue Ära begann, als die neuen Mitglieder zu KAMPFAR stießen. Doch die Zeit davor war für mich und Thomas eine wirklich harte Zeit. Wir mussten KAMPFAR einfach eine Weile auf Eis legen! Doch in diesem Zusammenhang möchte ich auch klarstellen, dass Thomas und ich nie Feinde waren. Wir waren die ganze Zeit gute Freunde und wir wussten auch, dass wir KAMPFAR wieder auferstehen lassen würden, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, und zwar stärker denn je! Das Lösen der persönlichen Probleme hat mehr als drei Jahre in Anspruch genommen. Und die Band wieder zu reaktivieren und geeignete Mitglieder zu finden, hat dann noch mal zwei Jahre gedauert. So hat es am Ende ganze fünf Jahre gedauert, bis es mit KAMPFAR wieder ernsthaft weitergehen konnte. Das sind die wirklichen Gründe hinter den Veränderungen. Wir sind vitaler denn je und das ist das wichtigste für mich!
Während der Auszeit von KAMPFAR war ich in einer Band namens Gruesome aktiv. Dort half ich ein paar Freunden als Sessionsänger aus. Sie machten diese Art oldchooligen Death / Black Metal auf eine ganz spezielle Art und Weise. Jedenfalls hat mir das vielleicht auch geholfen, wieder zurückzukehren zur Musik. Außerdem traf ich unseren Bassisten Jon dort! Das Zusammentreffen mit 1113 war eher ein Glücksgriff! Er zog hierher und spielte bei uns. Ich kann immer noch nicht glauben, wie wichtig er doch für KAMPFAR ist! Er ist ein verdammt toller Schlagzeuger und er ist sozusagen mein Blutsbruder geworden! Die Integration dieser Mitglieder hat auch den musikalischen Ausdruck KAMPFARs verändert. Ohne sie wären wir nie so weit gekommen!
So, um es kurz zu machen. Ich würde sagen, dass die größte Veränderung darin besteht, dass wir jetzt als eine Einheit arbeiten. KAMPFAR, das sind nicht mehr einfach nur Thomas und ich.

Du hast es ja eben schon angedeutet, dass KAMPFAR früher keine Livegigs spielten. Im Vergleich dazu seit ihr heute relativ häufig live unterwegs! Wie gefällt die das Leben „on the road“? Wie fühlst du dich dabei, eure Songs live zu spielen?

KAMPFAR ist mein Leben! So simpel wie wahr! Es macht mich wirklich stolz, umherreisen zu können und Konzerte zu spielen. Und natürlich die Leute zu treffen, die teilweise zehn Stunden Fahrt in Kauf nehmen, um uns live sehen zu können! Das gibt mir so viel mehr als viele Alben zu verkaufen. Das ist es, wofür ich lebe und atme. Es macht mich einfach stolz auf das, was wir erschaffen haben.

Und es ist wahrlich ein Freude, euch Jungs live zu sehen. Wann haben wir denn hier in Deutschland das nächste Mal die Gelegenheit?

Vielen Dank! Wir werden diesen Monat auf dem Ultima Ratio Festival spielen. Und letzte Woche sind wir für das Wacken Open Air 2009 bestätigt worden. Also ich denke, es werden sich einige Gelegenheiten ergeben!

Somit wären wir auch schon am Ende unseres Interviews angelangt! Ich danke dir für die umfangreichen und interessanten Antworten! Die letzten Worte gehören dir!

Vielen Dank für die Unterstützung und das Interesse in KAMPFAR. Das bedeutet uns sehr viel! Haltet die Fahnen hoch! Follow the Ravenheart!
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