"Wir werden immer eine Black Metal Band sein!"


Interview mit Enthroned
Black Metal aus Belgien
Ihr neues Album "Sovereigns", das inzwischen die zehnte vollwertige Veröffentlichung der Belgier ENTHRONED ist, ist kaum auf dem Markt, da bietet sich uns die Gelegenheit, mit Kopf und Herz der Band, dem Vokalisten und Gitarristen Nornagest, zu plaudern. Der Belgier ist nicht nur Frontmann und Hauptsongwriter der Band, sondern auch ihr ideologisches Zentrum. Dementsprechend wollten wir es uns nicht nehmen lassen, neben dem neusten Werk von ENTHRONED auch über die spirituellen Hintergründe und die Black Metal Szene im Allgemeinen zu sprechen. Doch es gibt Dinge, über die besser geschwiegen wird, so wie es Figur im Zentrum des Artworks von "Sovereigns" bereits andeutet. Dennoch zeigte sich Nornagest insgesamt angenehm auskunftsfreudig.

Grüß dich, Nornagest! Vielen Dank, dass du uns die Möglichkeit gibst, dieses Interview zu führen. Zunächst möchte ich dir zum zehnten ENTHRONED Album gratulieren. Wie fühlt es sich an, diese Arbeit vollbracht zu haben?


Auf eine Weise wirklich gut. Wir nehmen uns immer die Zeit, die es braucht, ein Album aufzunehmen, aber ich bin sehr ungeduldig, das endgültige Resultat zu hören. Ich kann jetzt aber sagen, dass ich mit dem Ergebnis wahrhaft zufrieden bin.

ENTHRONED ist eine der beständigsten Bands in der europäischen Black Metal Szene. Es gibt zwar eine klare Entwicklung von Album zu Album, aber ihr seid niemals vom Pfad des wahren Black Metal abgekommen. Gab es jemals Zweifel für dich oder Momente, in denen du musikalisch etwas Anderes machen wolltest?

Nicht im Geringsten, ENTHRONED wird niemals etwas anderes sein als Black Metal. Wir könnten unterschiedliche Alben aufnehmen, mit etwas mehr oder weniger von diesem oder jenem, manchmal auch mit neuen Dingen. Aber wir werden IMMER eine Black Metal Band sein.

Woher nimmst du deine Hingabe und woher kommt der Treibstoff für diese Maschine?

Das ist es einfach, warum ENTHRONED geschaffen wurde und warum die Band noch immer existiert. ENTHRONED wird von seiner eigenen Existenz angetrieben, davon was wir in diesem Bereich sind. Ich würde sogar ein Stück weiter gehen und behaupten, dass wir ENTHRONED ein wenig als eigenständiges Wesen sehen. Für uns ist es entscheidend, dass alles, was wir bei ENTHRONED machen, aus purer Aufrichtigkeit tun, sei es bei den Lyrics, dem Konzept und der Musik, die eine Reflexion der Texte auf eine andere Weise ist.

Für mein Review hatte ich leider keine Texte vorliegen. Erzähl uns doch bitte ein wenig über die Gedanken, die ihr auf „Sovereigns‟ in Verse und Musik gegossen habt!

Das Konzept von „Sovereigns‟ ist recht komplex, besonders für jemanden, der nichts mit dem Okkulten, Satanismus, Goetia und so weiter zu tun hat. Und sogar dann könnten einige es für Fiktion halten oder die wahre Essenz missverstehen, aber dies ist absolut nicht der Fall. Wir setzen uns hier mit einer anderen Perspektive auf die Dinge auseinander, bis jetzt basierten unsere Texte auf uns, wie wir die Dinge sehen, mit ihnen umgehen, wie wir durch sie lernen und was wir lernen. In diesem Kapitel sehen wir die Dinge durch „ihre‟ Sichtweise, diese Einblicke werden hinsichtlich der Erfahrungen mit einigen dieser Entitäten interpretiert oder auf der Basis von zweifellos sicheren Quellen, die Erfahrungen mit ihnen gesammelt haben. Acht davon wurde auf „Sovereigns‟ der Stift überreicht, wenn ich das so sagen kann. Der Titel bedeutet nicht, dass wir sie als unsere Herrscher oder Souveräne ansehen, aber als Könige in ihrem eigenen Reich, in ihren eigenen Eigenschaften. „Sovereigns‟ kann aber auch als Souveränität hinsichtlich unserer eigenen Karriere interpretiert werden, nicht hinsichtlich anderer Bands etc. Das wäre arrogant und lächerlich. Nicht dass ich mich niedriger ansehe als andere, aber nach 21 Jahren Existenz haben wir so manche Widrigkeit, die Zeit und das Schicksal selbst besiegt, also kann man das durchaus so sehen.

Auf „Sovereigns‟ gibt es einen Song, der mir besonders gefällt und der aus dem Rest der Stücke herausragt. Die Rede ist von „Lamp of the Invisible Light‟. Könntest du was zu dem Song sagen, zu seinem meditativen Charakter und zu den Rezitationen, die wir darin hören können?

„Lamp of Invisible Lights‟ ist ein Stück, das ich seit einiger Zeit machen wollte. Es ist beschreibt die Perspektive einer Entität namens Buer und ist weitgehend eine Interaktion zwischen ihm und Aleister Crowley. Wir haben die Aufnahmen Crowleys aus seinen Aethyr Erfahrungen verwendet und gaben ihm eine hörbare Antwort. So enstand also eine „Konversation‟, wenn man das so sagen kann, zwischen den beiden. Ich wollte mit der Musik eine Nummer schaffen, die möglichst gut das Gefühl und die Atmosphäre dieser Situation widerspiegelt.

Nach „Xes Haereticum‟ habt ihr in Sachen Albendesign einen neuen Stil entwickelt. Mir gefällt der sehr gut, aber mit der letzten Veröffentlichung gab es eine gewisse Veränderung, die rein optisch vermuten lässt, dass es sich bei den drei Alben vor „Sovereigns‟ um eine Trilogie gehandelt hat. Was sind die Gründe dafür?

Die Trilogie war mir von Herzen wichtig und ich musste sie schaffen. Sie war ebenfalls Teil eines Buches, das ich geschrieben habe und die „fehlenden Teile‟, die nicht in den Texten enthalten sind (also den Alben von „Tetra Karcist‟ bis „Obsidium‟) finden sich in dem Buch, das von Aeon Sophia veröffentlicht wurde und den Titel „Qlipphoth PII.‟ trägt. Dieses Buch hat nichts mit ENTHRONED zu tun, zumindest nicht direkt, es ist vielmehr ein Grimoire oder informierdendes Buch über das Okkulte aus verlässlicher Quelle, nicht der billige Mambo Jambo Scheiß, den du überall finden kannst.
Diese Kapitel sind nun einfach abgeschlossen, also habe ich mich mit „Sovereigns‟ für etwas anderes entschieden, das aber dennoch mit all dem zusammenhängt. Das Konzept beinhaltet immer noch dieselben Themen, nur gibt es dieses Mal einen andere Sichtweise. Die Artworks stehen immer in Verbindung mit den Inhalten, anders würde ich keinen Sinn darin sehen. Die Artworks für die erwähnten drei Veröffentlichungen sind, wie du bereits festgestellt hast, untereinander verbunden und ähneln sich, sie sind drei Kapitel des gleichen Buches. Das Artwork von „Sovereigns‟, das von unserem Gitarristen Neraath gemalt wurde, spiegelt meiner Meinung nach den Inhalt des Albums perfekt wider und es wurde gemalt, indem alte Techniken und irdische Elemente, wie z.B. unser eigenes Blut und andere Teile von uns, dafür verwendet wurden... alles im Verhältnis zum lyrischen Konzept.

Es ist offenkundig, dass es bei ENTHRONED ausschließlich um Spiritualität geht. Kannst du uns ein wenig darüber erklären, was genau du glaubst und wo du dich und deine Arbeit geistig im weiten Feld des zeitgenössischen Black Metal siehst?

Lass mich eine Sache klarstellen. Aus der okkulten / satanistischen Perspektive ist die Black Metal Szene zum größten Teil ein riesiger Witz. Ich würde sogar sagen, auch wenn es arrogant klingt, das der Hauptunterschied folgender ist: Wir bei ENTHRONED haben ein starkes Prinzip und das ist Aufrichtigkeit in allem, was wir tun. Wir sehen keinen Sinn darin, dieses oder jenes zu erzählen, wenn wir nicht wissen, worüber wir reden oder mit 1000% dahinter stehen.
Was mich selbst angeht, folge ich einem Pfad, der sich vor mehr als zwei Jahrzehnten vor meinen Augen geöffnet hat. Es ist nicht etwas, das mir von anderen in den Kopf gepflanzt wurde, sondern es ist ein Weg, der sich von selbst entblößt hat. Ich war an unterschiedlichen Stellen Mitglied einzelner Zirkel, aber ich bin ausgestiegen, wenn einige ihrer Ideen nicht mit meinen zu 100% übereinzubringen waren. Ich bin in dieser Hinsicht sehr genau und um es noch einmal klarzumachen, sehe ich keinen Sinn darin, Mitglied einer Bruderschaft, eines Zirkels oder sonstwas zu sein, wenn deren Ideen mit meinen nicht vollständig deckungsgleich sind. Ich rede nicht bloß vom Lernen, denn ein Mensch kann natürlich niemals alles wissen, aber es geht mir vor allem um Philosophien und Meinungen über einzelne Dinge, denen ich aufgrund meiner Vorstellung von der Welt und meinen Moralvorstellungen zustimmen konnte. Ich lerne immer noch, ich habe meinen eigenen Studenten, mit dem ich den alten Wegen des Studierens und Unterrichtens folge. Aber detaillierte Informationen über meiner Philosophie über ein Webzine herauszugeben, das nicht von Leuten gelesen wird, die daran interessiert oder es wert sind, das auch zu lesen, ist nicht die Art und Weise, in der ich mich klar dazu ausdrücken würde. Das ist ganz sicher etwas, das ich mit einer ausgewählten Gruppe Menschen oder einzelnen Individuen teilen würde.

Nach „Obsidium‟ habt ihr einige Veränderungen im Line Up gehabt, die zu zwei neuen Mitgliedern führten, Menthor und ZarZax. Wie ist es dazu gekommen?

Seitdem ich aufgrund einer Sehnenentzündung live nicht mehr Gitarre spielen kann, mussten wir live Session-Mitglieder für die zweite Gitarre einsetzen. ZarZax war zuletzt auf diesem Posten und er war so voller Hingabe bei jedem Aspekt von ENTHRONED dabei, dass ich vorgeschlagen habe, ihn zum permanenten Mitglied zu machen, was bedeutete, drei Gitarristen für die Aufnahmen zur Verfügung zu haben, was sicherlich nicht schlecht ist. Was Menthors Einstieg angeht, war es so, dass Garghuf, unser vorheriger Drummer, wegen seines Studiums aufhören musste und sowieso nicht mehr sonderlich daran interessiert war, Black Metal zu spielen. Er bleibt der gleiche Typ mit den gleichen Idealen, aber er wollte eher jazzige Sachen spielen. Wir haben Menthor gefragt, der ein langjähriger Freund der Band ist, ob er einsteigen wollte, schließlich hat er uns schon bei vielen Gelegenheit geholfen, und er hat sofort zugestimmt.

Du bist nun seit bald 20 Jahren bei ENTHRONED. Gibt es ein spezielles oder favorisiertes Album für dich im Katalog der Veröffentlichungen oder ist das aktuelle Album immer das wichtigste?

Der Natur der letzten Alben geschuldet würde ich mich für diese entscheiden, aber um ehrlich zu sein, jedes einzelne Album von ENTHRONED bedeutet etwas Besonderes für mich, auch wenn diese Alben bisweilen etwas naiv und einfach sind. Jedes Album repräsentiert ein Kapitel der Bandgeschichte und wenn ich die Dinge ändern könnte, würde ich das nicht tun. Schaue ich auf Alben wie „The Apocalypse Manifesto‟ oder „Armoured Bestial Hell‟, dann stehen die für das Loch, in dem ENTHRONED zu dieser Zeit abgesoffen ist. Wir haben als Menschen aus diesen Fehlern gelernt und die Band zu dem gemacht, was sie heute ist. Also haben auch diese „schwächsten‟ Veröffentlichungen meiner Meinung nach ihre Stärken und ihren eigenen Wert.

Du hast nun seit mehr als zwei Jahrzehnten die europäische Black Metal Szene beobachtet. Was denkst du über die Geschichte dieser Szene und wohin steuert sie deiner Meinung nach?

Die Szene ist heute komplett anders als früher, der Trend, der vor ein paar Jahren aufgekommen ist, hat beinahe ihren besonderen Bewusstseinszustand und die Aura vernichtet. Ich sage „beinahe‟, weil es immer noch Individuen gibt, die diesen Geist in sich tragen. Was die heutige Szene angeht und wohin sie sich entwickelt, ist mir ehrlich gesagt scheißegal. Mein einziges Interesse in dieser Szene ist ENTHRONED und ein paar verwandte Bands, Ende.

In den letzten Jahren wurde viel über Black Metal veröffentlicht. Filme wie „Until the Light Takes Us‟ und eine ganze Reihe an Büchern über die Szene und ihre Geschichte. Ist das eine legitime Entwicklung einer Szene, die langsam älter wird, oder degradiert dies Black Metal zu einer Art Museumsstück?

Es hängt immer davon ab, wie es gemacht wirde. Aber um ehrlich zu sein, habe ich bislang nur wenig Gutes zum Thema gelesen oder gesehen. Die meisten dieser Medien beschreiben einen sensationsgeilen, übertriebenen, missverstandenen und lächerlichen Aspekt von dem, was Black Metal war oder „ist‟. Ich erinnere mich an eine der ersten Dokumentationen, die über Black Metal gemacht wurden. Sie war vom norwegischen Fernsehen, wenn ich mich recht erinnere, hieß sie „Det Svarte Alvor‟. Sie machte einen anständigen Eindruck, aber da ich nichts davon verstehen konnte, ist es schwer, einen vollständigen und ehrlichen Eindruck zu gewinnen.

Habt ihr Pläne für eine Tour? Zur Zeit weiß ich nur von ein paar richtig guten Festivals, auf denen ihr spielen werdet. (Ich persönlich freue mich ja sehr darauf, euch auf der Satans Convention spielen zu sehen!)

Wir haben zwei Touren für Süd- und Zentralamerika geplant, ein paar Termine in den USA und ein paar Konzerte in Europa. In Europa zu touren wird immer schwieriger, weil es den meisten Promotern nur ums Geld geht und sie bringen mehr und mehr Bands zusammen auf eine Tour. Das ist etwas, das ich vollständig ablehne, weil es ein kompletter Abzug von Fans und Bands ist. Es ist sicherlich kein finanzielles Problem aus Sicht der Bands, aber du weißt von dem Moment an, in dem du zahlst, um spielen zu können, dass du beschissene Bedingungen hast und die Fans mindestens € 20,- Eintritt zahlen. Wir wollen den Leuten eine gute Show bieten, einen guten Eindruck davon, worum es bei ENTHRONED live geht und wenn das bedeutet, dass wir weniger Konzerte spielen, dann ist das auch okay für mich.

Wohin geht es mit ENTHRONED? Und wie sehen eure Zukunftspläne aus? Ihr habt eure Alben stets in einer solch regelmäßigen Frequenz veröffentlicht, dass man schon fast darüber spekulieren könnte, ob ihr in diesem Augenblick schon wieder an neuem Material schreibt.

Tatsächlich ist das nicht so... Wir komponieren, wenn der Moment passt, wenn die Inspiration da ist und wir erzwingen gar nichts. Es könnte sogar passieren, das wir uns zwei Jahre Zeit nehmen, ein Album zu machen, vielleicht sogar drei. Genauso könnte es eine Woche dauern, es hängt nur davon ab, wann die Magie [„magick‟] passiert... In diesem Moment ist „Sovereigns‟ erst gestern veröffentlicht worden und wir planen unsere nächsten Zeremonien usw. Was die Zukunft angeht, werden wir abwarten...

Ich danke dir ganz herzlich, dass du dir die Zeit genommen hast und ich fühle mich geehrt, dass ich dir ein paar Fragen stellen durfte. Ich wünsche dir und der Band das Beste. Nun hast du die Möglichkeit, unseren Lesern ein paar letzte Worte zu widmen.

Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, diese Zeilen zu lesen und danke dir für dieses Interview! Khep'r
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