Delain Fallen Angel's Symphony

Delain, Fallen Angel's Symphony

Delain
Leipzig, Hellraiser
20.01.2008
Es ist Sonntagabend, kurz nach acht. Draußen ist es viel zu warm für diese Jahreszeit, der ungemütliche Sturm treibt im Gegenzug aber die gefühlten Temperaturen wieder zurück in den Keller. Am liebsten möchte man sich verkriechen, irgendwohin wo es wärmer und gemütlicher ist. Zu einem Konzert gehen? Am heiligen Sonntag? Wer macht denn so was?

Hätte man mich im Vorfeld nach den zu erwartenden Besucherzahlen gefragt, wäre die Prognose äußerst niedrig ausgefallen, da neben den ungemütlichen Rahmenbedingungen gerade mal zwei Bands angekündigt sind, und zusätzlich der Headliner gerade einmal eine einzige CD am Start hat. Dass der Hellraiser dafür lediglich seinen Sekundärraum mit der kleinen Bühne herrichten würde, ist also zu erwarten gewesen, dass dieser bis zum Überlaufen mit schwitzenden Menschen gefüllt ist, das kommt dann doch etwas überraschend. Hatte ich Negativo doch glatt das Engagement der Leipziger Dunkelheimer-Szene vergessen. Da können sich ungeniert die aggressivsten Rumpelkombos vor leeren Sälen gegenseitig was vom Sterben erzählen, sobald irgendwas mit Gothic, und dann noch aus Holland bei uns einreist, spitzt man sofort das gebleichte Ohr.

Den Niederländern ungeniert den Trumpf zuzuspielen, ist aber so auch nicht ganz richtig. Die ortsansässigen FALLEN ANGEL'S SYMPHONY ziehen definitiv auch ein paar Leute. Mit dem ersten Auftritt seit der zweijährigen Bühnenabstinenz sowie einer zur Hälfte runderneuerten Besetzung geht es frisch gestärkt ans Werk und offensichtlich gibt es tatsächlich jede Menge Menschen hier, die sich noch an die Band erinnern, obwohl außer ein paar selbst produzierten Aufnahmen scheibentechnisch auch noch nicht allzu viel erschienen ist. So viele Verwandte können die einfach nicht haben.
Von Beginn an bewegt sich das Publikum, jubelt den Musikern zu und singt stellenweise mit. Deutsche Texte, wahlweise von Mann, Frau oder beiden zusammen vorgetragen, einfach zu erlernende Melodien und allgemein viel von dem, was man sich landläufig unter gutem Gothic Rock vorstellt, erleichtert dies den Zuschauern nur umso mehr, so dass schon bald der Schweiß von den Gesichtern und den Wänden tropft. Gelegentlich gelangt auch mal ein Ton auf eine vorher nicht scharf genug angepeilte Ebene, interessieren tut das aber niemanden wirklich. Die teils ausufernden Gitarrensolos entschädigen dafür mit jeder Menge Spritzigkeit.
Die Band wird im Laufe des Abends immer sympathischer, als sie sich vom Publikum anstecken lässt und die professionell einstudierte Fassade gelegentlich durch unvorhergesehene Gefühlsregungen durchbricht.

DELAIN nutzen anschließend die Gunst der Stunde, um auf der positiven Stimmung aufzubauen. Selbst eine lange Umbaupause kann die Fans nicht aus den ersten Reihen vertreiben (Müssen die eigentlich nie zum Klo oder zur Bar?), so dass fast nahtlos weiter gerockt und gefistet (=Faust in die Luft recken, ihr Schweine) werden kann. Sängerin Charlotte punktet dankenswerterweise auch in der B-Note (was vor allem dem männlichen Publikum gefallen dürfte), von ihrem Gesang konnte man sich im Vorfeld ja bereits auf dem Debüt „Lucidity“ überzeugen. Im Gegenzug zum Silberling legt der Soundmann aber überraschenderweise mehr Wert auf einen knackigen Gitarrensound. Da kann das doch eher kleinere Stimmchen nicht immer mithalten. Zudem kommen große Teile der facettenreichen Sounduntermalung vom Band bzw. dem Keyboard, darunter leider auch jede Menge Hintergrundstimmen und Halleffekte. Der Gesamteindruck wirkt dadurch zwar insgesamt sehr homogen, im Gegenzug kann man sich aber nie sicher sein, was von dem Gehörten nun wirklich alles live gesungen wird.
Dennoch spielt die Band souverän ihr komplettes Album, welches vom Songmaterial ja durchaus einige mitreißende und markante Stücke zu bieten hat. Das Publikum saugt dies gierig in sich auf und bedankt sich artig mit rhythmischen Bewegungen. Der Kenner freut sich über modifizierte Songs, die ohne GastsängerInnen teilweise spürbar anders wirken. Und am Ende gibt es als Zugabe noch ein neues Stück sowie das zweite Mal „The Gathering“. So ist das halt, wenn man noch zu wenig Material hat.

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