Molly Hatchet & Gun Barrel
Molly Hatchet & Gun Barrel
Bonn, Brückenforum
11.12.2008
11.12.2008
Ein bisschen passt es zum oft als beschaulich angesehenen Bonn, dass die größeren, für die Bloodchamber relevanten Konzerte meist von traditionellen Klängen oder Bands nahe am Rentenalter bestritten werden, dabei wird an diesem Abend groß aufgefahren mit der Nr. 2 des Southern Rock (nach LYNYRD SKYNYRD): MOLLY HATCHET sind in der Stadt.
Sehr passend gewandet präsentiert sich das geschätzt 600-700 Nasen starke Publikum, das von 10-jährigen in Begleitung der Väter bis zu Menschen jenseits der 60 ein erstaunlich breites Altersspektrum abdeckt. Scheinbar sämtliche Feuerstuhlvereine der näheren Umgebung sind angerückt, wenn auch ohne ihre zweirädrigen Untersätze aufgrund der Witterung, und von Cowboyhüten, Flanellhemden Modell „Al Borland“, klassischen Lederjacken samt passendem „Outlaw“ Aufnäher bis hin zu einer ganzen Reihe Bandanas gibt es alles zu sehen, was sich irgendwie mit der klassischen Interpretation einer Südstaaten-Montur (wahlweise als Rebell oder Hillbilly) vereinbaren lässt. Und auch die Anzahl der Kuttenträger ist höher als bei so manchem „richtigen“ Metalkonzert. Den Vogel schießt aber eindeutig der junge Herr mit dem (selbstgestrickten?) Südstaatenflagge-Pullunder ab. Ein Traum!
Die Spannung, ob das Konzert diesem modischen Erlebnis gerecht werden kann, steigt schier ins Unermessliche bis die Kölner GUN BARREL auf die Bühne kommen und der Spaß beginnt. Mächtig laut tönt die in der Grauzone zwischen Hard Rock und Heavy Metal angesiedelte Musik aus den Boxen und ob es an der Lautstärke oder der Härte der Musik (im Vergleich zum Main Act) liegt, kann ich nicht sagen, aber bereits nach kurzer Zeit zieht es einige Zuschauer in den Vorraum, wo das Gedränge damit deutlich größer wird als im Konzertsaal. Am Dargebotenen kann es eigentlich nicht liegen, denn die vier Herren aus der Domstadt wissen sowohl mit Liedmaterial (u.a. „The Raven“ und der Titeltrack vom neuen Album„Outlaw Invasion“) als auch mit Präsentation zu überzeugen, so dass nicht nur die Fanschar vor der Bühne mehr als ein einfaches Klatschen übrig hat.
Besonders Sänger Xaver Drexler hat ordentlich Spaß in den Backen und fährt neben einer stimmlichen Bandbreite von Classic Rock bis zu HELLOWEEN auch die volle Breitseite an Unterhaltungsmitteln auf. Er schwingt die Hüften am Mikrofon, er knöpft seine Weste auf und zieht sie aus (was einer latenten Homoerotik nicht entbehrt, weil es beim entsprechend angesagten Lied „Brother to Brother“ geschieht…) und jeder seiner Mitstreiter wird mit besonderen Ansagen gewürdigt, wobei es besonders häufig Urmitglied und Gitarrenposer Rolf Tanzius trifft, der das ganze aber lächelnd und mit lässigen Sprüchen kontert und nebenbei unzählige Soli vorführt. Den guten Eindruck und hohen Unterhaltungswert können auch die roten LEDs am Arbeitsgerät des mit Jacke recht warm angezogenen Bassisten und die vielen Aufforderungen zum Mitklatschen nicht trüben. Mal ehrlich, man kann doch nicht bei fast ausnahmslos jedem Lied das Publikum zum Klatschen auffordern, oder?
Das wahre Highlight des Abends kommt mit MOLLY HATCHET aber noch. Ich kenne mich nicht wirklich gut aus in der Diskographie der Amerikaner und würde mich auch nicht als einen der größten Southern Rock Fans der Welt bezeichnen, aber was die gesetzten Herren auf der Bühne zeigen, muss man gesehen und gehört haben. Mit einer guten Präsenz war bei der Erfahrung zu rechnen, aber nicht mit dieser überwältigenden Macht aus musikalischer Klasse, Spielfreude und Lebensfreude, die jeden im Publikum an diesem Abend beseelt haben muss, der kein Herz aus Stein hat.
Der absolute Wahnsinn beginnt bei der Optik der Herren, die vom „Riccardo Pizzuti Lookalike“ (den kennt ihr alle, wenn ihr den Namen googelt) Tim Lindsey am Bass bis zu Bobby Ingram an der Leadgitarre, der frisur- und barttechnisch an einen älteren AXEL RUDI PELL erinnert, keine Grenzen kennt. Der Gewinner in der Kategorie Bühnenoptik ist aber eindeutig das jüngste Mitglied im HATCHET Clan, denn „Malibu Dream Boy“ Shawn Beamer am Schlagzeug punktet mit einem Gebläse am Boden vor seinem Drumhocker, der ihm beim Spielen alle vor den Ohren liegenden Haare der langen Mähne waagerecht in der Luft hält. Hier wird sich nicht um Klischees geschert und das ist gut so! Aber auch als einfache Reminiszenz an einen Klassiker unter Blues- und Rockgitarristen wäre die stetige Präsenz einer brennenden Zigarette im obersten Bund der Gitarre von Gründungsmitglied und Wiedereinsteiger Dave Hlubek noch ein gelungenes Detail.
Obwohl besonders die Bandmitglieder, die keine festen Soloparts in den Liedern haben (v.a. John Galvin am Keyboard & Shawn Beamer an den Drums) ausgiebige Extrazeit für die Präsentation ihres Könnens bekommen, ist der Mensch mit dem meisten Spaß auf der Bühne ohne Frage Bobby Ingram. Nicht nur mit Flitzefingern an der Gitarre kann er glänzen, denn auch mit den immer sympathischen und ungezwungen wirkenden Versuchen das Publikum zu animieren, kann er punkten und die Leute erfolgreich anheizen, was dazu führt, dass er vor purer Freude schier überzukochen droht. Noch nie haben „HeyHey“ und „Hell Yeah!“ Rufspiele so natürlich gewirkt. Dagegen kann selbst der ebenfalls überdrehte und für sein Gewicht recht agile Sänger Phil McCormack nicht anstinken, was vielleicht auch an fehlender Kondition liegt, denn er verlässt während der ausgiebigen Soli doch einige Male die Bühne und verschleißt während dem Auftritt auch mindestens drei T-Shirts.
Als vorletztes wird mit dem kräftig mitgesungenen LYNYRD SKYNYRD Cover „Free Bird“, das an diesem Abend den zahlreichen verstorbenen Ex-HATCHETs und Familienmitgliedern gewidmet ist, noch die letzte emotionale Trumpfkarte vor dem sanften Abschluss „Dreams I’ll Never See“ gezogen und die Menschen beginnen langsam und glücklich das Brückenforum zu verlassen und ich bin mir sicher, dass dieses Konzert allen Anwesenden noch einige Zeit im Gedächtnis bleiben wird.
Bei mir hat dieser etwa 100minütige Auftritt mit nicht viel mehr als 10 Liedern als eines der intensivsten und besten Konzerte, die ich in meinem Leben gesehen habe, auf jeden Fall jetzt schon einen festen Platz in der Gedächtnis-Hall of Fame. Oder wie es ein Shirt im Publikum so passend ausdrückte:
The South Has Risen Again!
Sehr passend gewandet präsentiert sich das geschätzt 600-700 Nasen starke Publikum, das von 10-jährigen in Begleitung der Väter bis zu Menschen jenseits der 60 ein erstaunlich breites Altersspektrum abdeckt. Scheinbar sämtliche Feuerstuhlvereine der näheren Umgebung sind angerückt, wenn auch ohne ihre zweirädrigen Untersätze aufgrund der Witterung, und von Cowboyhüten, Flanellhemden Modell „Al Borland“, klassischen Lederjacken samt passendem „Outlaw“ Aufnäher bis hin zu einer ganzen Reihe Bandanas gibt es alles zu sehen, was sich irgendwie mit der klassischen Interpretation einer Südstaaten-Montur (wahlweise als Rebell oder Hillbilly) vereinbaren lässt. Und auch die Anzahl der Kuttenträger ist höher als bei so manchem „richtigen“ Metalkonzert. Den Vogel schießt aber eindeutig der junge Herr mit dem (selbstgestrickten?) Südstaatenflagge-Pullunder ab. Ein Traum!
Die Spannung, ob das Konzert diesem modischen Erlebnis gerecht werden kann, steigt schier ins Unermessliche bis die Kölner GUN BARREL auf die Bühne kommen und der Spaß beginnt. Mächtig laut tönt die in der Grauzone zwischen Hard Rock und Heavy Metal angesiedelte Musik aus den Boxen und ob es an der Lautstärke oder der Härte der Musik (im Vergleich zum Main Act) liegt, kann ich nicht sagen, aber bereits nach kurzer Zeit zieht es einige Zuschauer in den Vorraum, wo das Gedränge damit deutlich größer wird als im Konzertsaal. Am Dargebotenen kann es eigentlich nicht liegen, denn die vier Herren aus der Domstadt wissen sowohl mit Liedmaterial (u.a. „The Raven“ und der Titeltrack vom neuen Album„Outlaw Invasion“) als auch mit Präsentation zu überzeugen, so dass nicht nur die Fanschar vor der Bühne mehr als ein einfaches Klatschen übrig hat.
Besonders Sänger Xaver Drexler hat ordentlich Spaß in den Backen und fährt neben einer stimmlichen Bandbreite von Classic Rock bis zu HELLOWEEN auch die volle Breitseite an Unterhaltungsmitteln auf. Er schwingt die Hüften am Mikrofon, er knöpft seine Weste auf und zieht sie aus (was einer latenten Homoerotik nicht entbehrt, weil es beim entsprechend angesagten Lied „Brother to Brother“ geschieht…) und jeder seiner Mitstreiter wird mit besonderen Ansagen gewürdigt, wobei es besonders häufig Urmitglied und Gitarrenposer Rolf Tanzius trifft, der das ganze aber lächelnd und mit lässigen Sprüchen kontert und nebenbei unzählige Soli vorführt. Den guten Eindruck und hohen Unterhaltungswert können auch die roten LEDs am Arbeitsgerät des mit Jacke recht warm angezogenen Bassisten und die vielen Aufforderungen zum Mitklatschen nicht trüben. Mal ehrlich, man kann doch nicht bei fast ausnahmslos jedem Lied das Publikum zum Klatschen auffordern, oder?
Das wahre Highlight des Abends kommt mit MOLLY HATCHET aber noch. Ich kenne mich nicht wirklich gut aus in der Diskographie der Amerikaner und würde mich auch nicht als einen der größten Southern Rock Fans der Welt bezeichnen, aber was die gesetzten Herren auf der Bühne zeigen, muss man gesehen und gehört haben. Mit einer guten Präsenz war bei der Erfahrung zu rechnen, aber nicht mit dieser überwältigenden Macht aus musikalischer Klasse, Spielfreude und Lebensfreude, die jeden im Publikum an diesem Abend beseelt haben muss, der kein Herz aus Stein hat.
Der absolute Wahnsinn beginnt bei der Optik der Herren, die vom „Riccardo Pizzuti Lookalike“ (den kennt ihr alle, wenn ihr den Namen googelt) Tim Lindsey am Bass bis zu Bobby Ingram an der Leadgitarre, der frisur- und barttechnisch an einen älteren AXEL RUDI PELL erinnert, keine Grenzen kennt. Der Gewinner in der Kategorie Bühnenoptik ist aber eindeutig das jüngste Mitglied im HATCHET Clan, denn „Malibu Dream Boy“ Shawn Beamer am Schlagzeug punktet mit einem Gebläse am Boden vor seinem Drumhocker, der ihm beim Spielen alle vor den Ohren liegenden Haare der langen Mähne waagerecht in der Luft hält. Hier wird sich nicht um Klischees geschert und das ist gut so! Aber auch als einfache Reminiszenz an einen Klassiker unter Blues- und Rockgitarristen wäre die stetige Präsenz einer brennenden Zigarette im obersten Bund der Gitarre von Gründungsmitglied und Wiedereinsteiger Dave Hlubek noch ein gelungenes Detail.
Obwohl besonders die Bandmitglieder, die keine festen Soloparts in den Liedern haben (v.a. John Galvin am Keyboard & Shawn Beamer an den Drums) ausgiebige Extrazeit für die Präsentation ihres Könnens bekommen, ist der Mensch mit dem meisten Spaß auf der Bühne ohne Frage Bobby Ingram. Nicht nur mit Flitzefingern an der Gitarre kann er glänzen, denn auch mit den immer sympathischen und ungezwungen wirkenden Versuchen das Publikum zu animieren, kann er punkten und die Leute erfolgreich anheizen, was dazu führt, dass er vor purer Freude schier überzukochen droht. Noch nie haben „HeyHey“ und „Hell Yeah!“ Rufspiele so natürlich gewirkt. Dagegen kann selbst der ebenfalls überdrehte und für sein Gewicht recht agile Sänger Phil McCormack nicht anstinken, was vielleicht auch an fehlender Kondition liegt, denn er verlässt während der ausgiebigen Soli doch einige Male die Bühne und verschleißt während dem Auftritt auch mindestens drei T-Shirts.
Als vorletztes wird mit dem kräftig mitgesungenen LYNYRD SKYNYRD Cover „Free Bird“, das an diesem Abend den zahlreichen verstorbenen Ex-HATCHETs und Familienmitgliedern gewidmet ist, noch die letzte emotionale Trumpfkarte vor dem sanften Abschluss „Dreams I’ll Never See“ gezogen und die Menschen beginnen langsam und glücklich das Brückenforum zu verlassen und ich bin mir sicher, dass dieses Konzert allen Anwesenden noch einige Zeit im Gedächtnis bleiben wird.
Bei mir hat dieser etwa 100minütige Auftritt mit nicht viel mehr als 10 Liedern als eines der intensivsten und besten Konzerte, die ich in meinem Leben gesehen habe, auf jeden Fall jetzt schon einen festen Platz in der Gedächtnis-Hall of Fame. Oder wie es ein Shirt im Publikum so passend ausdrückte:
The South Has Risen Again!