Eisregen Strydegor Nosturaack

Eisregen, Strydegor, Nosturaack

EisregenStrydegor
Rostock, Alte Zuckerfabrik
15.12.2012
Der Schnee hat Deutschland erobert und zog dem Land eine weiße Weste an. Dass diese nur verbarg, was darunter ist, war klar. Doch wechselte der Schneefall in der letzten Nacht zu Regen und bei Minusgraden zog eine Eiszeit nach Norddeutschland. EISREGEN.

Doch Schluss mit dem Wetter. Glätte ist heute nur noch stellenweise zu spüren und der Eisregen kommt heute nicht vom Himmel, sondern mit einem Kleinbus aus Flensburg, wo die Jungs und das Mädel gestern aufgetreten sind.
Nach 12,5 Jahren kommt der Tod aus Thüringen also wieder nach Rostock. Im Jahre 2000 war es ja eher ein Geheimkonzert im Rostocker MAU-Club. Erst wurde seitens der Location ein falsches Datum bekanntgegeben und dann kamen, dank fehlender Promotion, gerade mal ca. zwanzig Leute zum Gig. Das ist heute anders. Damals hatten EISREGEN, THIRD MOON und STURM im Gepäck und heute sind es zwei lokale Bands: NOSTURAACK aus Rostock und STRYDEGOR aus Hagenow.

Die Zuckerfabrik ist heute mit knapp 180 Leuten ganz gut gefüllt und pünktlich um 21.30 Uhr geht es dann mit NOSTURAACK los. Eine Band mit geringem Altersdurchschnitt und die selbst mir völlig unbekannt sind, obwohl sie aus Rostock stammt. Bereits 2007 gegründet, hat sich das Quintett um Frontfrau Zoi, dem eher simplen Black Metal verschrieben. Doch dieser kommt heute Abend wegen schlechtem Sound kaum verständlich rüber. Der Bass ist gar nicht zu hören, die Gitarren kaum. So kann man dem zu lauten Keifen und dem Drumming Gehör schenken, aber für mehr ist es schwierig. Ab der Hälfte der Spielzeit verbessert sich der Sound zwar merklich, aber die Musik von NOSTURAACK bleibt durchschnittlich. Klar, es ist eine junge Band ohne viel Liveerfahrung, aber der Funke springt irgendwie nicht über. Zu simpel ist der Black Metal der Rostocker gestaltet. Zumeist im Midtempo erinnert die Band manchmal an GORGOROTH, ohne aber deren Klasse zu erreichen. Und ich persönlich mag die Musik der Norweger ja nicht wirklich. Das Stageacting von NOSTURAACK ist zwar minimal, aber Frontfrau Zoi scheint etwas übermotiviert. Faustrecken ist im Metalbereich ja durchaus ein Teil von Livegigs, aber sie scheint die Faust gar nicht mehr runterzunehmen wollen. Dann bleibt sie mit ihren Haaren immer im eigenen Mikrofonständer hängen, was auch sehr unvorteilhaft ausschaut. Kurzum; kein guter Auftritt von NOSTURAACK. Aber die Band ist noch jung und deshalb sei es ihnen nachzusehen.

Nun sind STRYDEGOR an der Reihe, die ich jetzt schon das dritte Mal in diesem Jahr live erlebe. Die spielfreudigen Hagenower haben mittlerweile ihre Routine bei Live-Gigs gefunden, ohne aber langweilig und unmotiviert zu wirken. Im Gegenteil; das Quartett ist live eine absolute Bank. Frontmann Flo heizt dem Publikum mit teilweise witzigen Sprüchen ordentlich ein. STRYDEGOR machen auch heute Abend keine Gefangenen. Ihre Mixtur aus Black- und Death Metal, die teilweise etwas an DISSECTION erinnert, kommt selbst heute wieder beim Publikum an, obwohl wohl das Gros wegen EISREGEN hier ist. Hauptaugenmerk legt das Quartett auf ihr neues Album „In The Shadow Of Remembrance“. Ob Titeltrack oder mein Fave von STRYDEGOR „Vafthrudnismal“, spielsicher und mit viel Agilität überzeugen sie auch heute wieder. Die Band muss man sich merken.

Umbaupause. Es läuft Musik von SCOOTER und … Achtung! … von den AMIGOS, was einige zum Tanzen bringt. Auch ich kann mich da nicht ausschließen und tanze mit meiner Freundin eine Runde und singe „Ich geh für dich durchs Feuer“ lautstark mit. Diese Pausenmusik ist vielleicht gar nicht so verkehrt, denn EISREGEN sind ja mittlerweile bekannt dafür, dass sie immer tanzbarere Songs in ihre Alben miteinbauen.

Nebelschwaden und es ertönt eine Sirene. EISREGEN betreten unter frenetischem Beifall die Bühne. Ein gewohnt finster dreinschauender Mitch Roth zieht seinen Stiefel gewohnt durch und bezieht das Publikum immer mit ein. Und die machen fleißig mit. So funktioniert er auch den „Ripper von Rostow“ kurzerhand in „Ripper von Rostock“ um oder lässt die Band mit Sprachchören huldigen. Dass EISREGEN ohne West, sprich ohne Bass, auftreten, fällt nicht unbedingt schwer ins Gewicht. Die Jungs und auch Franziska haben eine Präsenz auf der Bühne, dass es schon eine Freude ist, sie live zu sehen. Und während Mitch Roth seine düstere Performance durchzieht, sieht man im Kontrast immer wieder ein freundliches Lächeln vom Gitarristen Bursche Lenz, der zudem sehr agil auf der Bühne ist. Franziska wechselt vom statischen Keyboardspiel zum Headbanging immer hin und her und Yantit raucht mal wieder mehr hinter der Schießbude, als alle anderen in der Halle der Alten Zuckerfabrik. Doch auch er kommt auch hinter dem Drumkit hervor und wechselt für den neuen Song „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ kurzerhand an die Gitarre, während der Beat aus der Konserve kommt. Dieser Song polarisiert mächtig. EISREGEN-Hasser werden ihn nur schlechtreden, wie sie die Band auch immer runtermachen werden. Aber von denen ist heute ja auch keiner hier. Das Cover von FALCO kommt heute besonders bei den jungen Fans an, die die Band (nicht nur) bei dem Song abfeiern. Zu hören sind auch Songs, wie „Scharlachrotes Kleid“, „1000 tote Nutten“ oder auch die „Elektrohexe“ darf nicht fehlen. Nach drei Zugaben, bin ich zwar vom Auftritt begeistert, aber dennoch fehlen mir heute wirkliche EISREGEN-Songs, die die Ironie der Band aufrechterhalten, wie z.B. „Kai aus der Kiste“, „Kathi, das Kuchenschwein“ oder „Zauberelefant“. Auch ein „Thüringen“ wäre sehr gut angekommen. Nichtsdestotrotz ist es ein wirklich guter Auftritt der Thüringer, der zeigt, dass sie Spaß am Gig haben.

Ein gelungener Abend, auch wenn NOSTURAACK sich nicht mit Ruhm bekleckerten, und gleichzeitig eine Art Wiedergutmachung für die unsägliche Station im Mauclub während der Herzblut-Tour im Jahre 2000! Bleibt zu hoffen, dass EISREGEN sich jetzt hier oben mal öfter blicken lassen.
Und wenn Ihr mal die Chance habt, STRYDEGOR live zu sehen, dann guckt sie Euch an. Es lohnt sich!

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