End Of Green - The Sick's Sense

End Of Green - The Sick's Sense
Gothic Rock
erschienen am 15.08.2008 bei Silverdust Records
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. dead city lights
2. killhoney
3. anthem for a new wave
4. hurter
5. die lover die
6. let sleeping gods lie
7. my crying veins
8. pain hates me
9. the sickness crown
10. ghostdance
11. sunday mourning
12. bury me down (the end)

Die Bloodchamber meint:

Am 13. Mai.
„Lieber! Brauch ich dir das zu sagen, der du so oft die Last getragen hast, mich vom Kummer zur Ausschweifung und von süßer Melancholie zur verderblichen Leidenschaft übergehen zu sehn?“

Es ist wohl in der gesamten Literatur niemals ein Mensch so melancholisch zerbrochen wie Goethes Werther. Die „süße Melancholie“, die Einsamkeit und Sehnsucht werden zu einer massiven Bedrohung seiner Seelenbalance. Eine Gefühlswirrung, die den Hörer beim Lauschen der neuen END OF GREEN Scheibe „The Sick’s Sense“ schnell ereilen kann, wenn man sich auf das Material der fünf Berufsmelancholiker aus Stuttgart nur intensiv genug einlässt. Glücklicherweise führen die 57 Minuten Tristesse-Rock nicht zum Freitod, denn die musikalische Qualität hat im Vergleich zum bereits genial mitreißenden Vorgänger „Dead End Dreaming“ noch etwas zugenommen.

Statt sich auf dem Erfolg auszuruhen, gehen END OF GREEN ihren Weg konsequent weiter, stagnieren nicht bei eingängigen Refrains und gefühlvollen Stimmungswechseln, sondern setzen genau hier weitere Überraschungsmomente. Noch nie hat man den Wechsel zwischen Melancholie und Wut bei EOG so intensiv durchlebt, wie auf „The Sick’s Sense“. Schon der Opener „Dead City Lights“ zeigt die Band von einer treibenden, groovenden und harten Seite, wie man sie nicht erwartet hätte. Die stimmungsvollen Refrains sitzen dagegen wieder direkt und manifestieren sich dank Michael Hubers gewohnt variablen und vor allem formidablen Gesangs eindrucksvoll im Gehör des Konsumenten. Paradebeispiel für diesen Stimmungswechsel ist „The Sickness Crown“, bei dem tiefste Düsternis und hoffnungsfrohes Mondlicht sich scheinbar gegenseitig bekämpfen. Passend zu diesen Gefühlswirrungen werden dem Hörer sogar vereinzelte Screams entgegengeworfen, die zwar gut umgesetzt sind, meiner Meinung nach dem Album aber nicht zu mehr Dunkelheit verhelfen, sondern hier und da übertrieben aufgesetzt klingen, wie bei dem ansonsten sehr starken „Die Lover Die“. Neben den flotten Dark Rock Nummern gibt es natürlich noch bandtypische Depri-Brocken, wie „Let Sleeping Gods Lie“ und das traurige „Bury Me Down“, das tatsächlich Werthers letzte Minuten wiederspiegeln könnte.

Am 16. Julius.
„Kein Wort der alten Zauberkraft der Musik ist mir unwahrscheinlich. Wie mich der einfache Gesang angreift! Und wie sie ihn anzubringen weiß, oft zur Zeit, wo ich mir eine Kugel vor den Kopf schießen möchte! Die Irrung und Finsternis meiner Seele zerstreut sich, und ich atme wieder freier.“

END OF GREEN schaffen auf „The Sick’s Sense“ die nahezu perfekte Vertonung der süßen Melancholie und ihrem Drang zur verderblichen Leidenschaft, und sie schaffen es, dass man am Ende wieder freier atmet. Wer auf Gothic/Dark Rock steht, Fan der Band oder Aushängeschildern wie PARADISE LOST, KATATONIA, THE 96EYES oder natürlich TYPE O NEGATIVE ist, kommt an diesem Album nicht vorbei. Ich habe jedenfalls kein Problem, dass Teil in meinem Cd-Regal zwischen HEAVEN SHALL BURN und CARCASS einzusortieren. Bei END OF GREEN wird das Schubladendenken glücklicherweise zur Nebensache. Ein ganz großes Highlight 2008!
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