Virgin Steele - The Black Light Bacchanalia

Virgin Steele - The Black Light Bacchanalia
Melodic Epic Progressive Metal
erschienen am 22.10.2010 bei SPV, Steamhammer
dauert 76:18 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. By The Hammer Of Zeus (And The Wrecking Ball Of Thor)
2. Pagan Heart
3. The Bread Of Wickedness
4. In A Dream Of Fire
5. Nepenthe (I Live Tomorrow)
6. The Orpheus Taboo
7. To Crown Them With Halos Parts 1&2
8. The Black Light Bacchanalia (The Age That Is To Come)
9. The Torture's Of The Damned
10. Necropolis (He Answers Them With Death)
11. Eternal Regret

Die Bloodchamber meint:

Zwei Dinge möchte man David DeFeis nach der Erstverkostung von „The Black Light Bacchanalia“ dringend ans Herz legen: Erstens die umgehende Trennung von Studiomusiker-Koryphäe Angelo Sasso und zweitens einen Anruf bei Michael Romeo von SYMPHONY X. Neben dem Wetter könnte bei letzterem beispielsweise das Thema Produktion von sinfonisch aufgebohrten Metalalben zur Sprache kommen – denn genau hier hat DeFeis offenbar dringenden Nachholbedarf: Die neue VIRGIN STEELE klingt über weite Strecken, als ob sie mit den Reglereinstellungen von „Visions Of Eden“ eingespielt wurde und lediglich die Lautstärke der Gitarren etwas erhöht wurde.
Das Ergebnis ist nun nicht etwa ein saftiges Metalalbum – schon der gepresste Drumsound weiß das zu verhindern – sondern lediglich eine auf neue Weise gewöhnungsbedürftige Balance der Instrumente untereinander. Wo „Visions Of Eden“ gerade aufgrund der durchaus vorhandenen Künstlichkeit und den vordergründigen Keyboards einen sehr eigenen Reiz hatte, entspannt dahinfließen durfte, dominieren heuer streckenweise die nicht unbedingt abwechslungsreichen Gitarrenspuren. So kann man sich aus falsch verstandener Fannähe – die wollten schließlich mehr Gitarren - auch mal ganz gepflegt den Gesamteindruck versauen.

Musikalisch hingegen lässt sich in „The Black Light Bacchanalia“ mühelos der logische Nachfolger zu „Visions Of Eden“ erkennen: Die Songs entwickeln sich oft um eine klassische Pianomelodie herum, der durch basische Riffs, Bass und Schlagzeug eine gewisse Grundschwere angedeiht, bevor DeFeis mit spitzen Schreien und gehauchten Melodiebögen in die synthetisch nochmals aufgepeppte Fläche geht. Prototypisches Beispiel hierfür ist der mythologisch fragwürdig betitelte Opener „By The Hammer Of Zeus (And The Wrecking Ball Of Thor)“, der nach schneidendem Einstieg den Gegensatz zwischen doublebassgestützter Epik und fein akzentuierten Vocals ausreizt. Aber auch „In A Dream Of Fire“ und später „The Orpheus Taboo“ könnten direkt vom Vorgänger stammen, während VIRGIN STEELE vor allem im Titeltrack und in „Necropolis“ um Einiges aggressiver wirken, ohne dabei eindimensional zu werden: Auch hier ist Zeit für fließende Abschnitte mit allerhand Bombast und typische Gesangslinien, die durch melancholische Untertöne die einmal mehr ausladenden lyrischen Achterbahnfahrten illustrieren.
Schwache Momente gönnt sich die Band ausgerechnet im psychologisch wichtigen Mittelteil, denn der Longtrack „To Crown Them With Halos“ an Startnummer 7 kann bisher nur bedingt überzeugen: Der Auftakt wirkt unausgegoren und gezwungen disharmonisch, die Auflösung in den Mittelteil ist trotz vertrauter Strukturen unbefriedigend, und erst gegen Ende wirken dann auch die Tempowechsel wie aus einem Guss. Kein grottenschlechter Song, aber doch ein Stück, das vielleicht an seinen Ambitionen scheitert.
Selbiges könnte man vom abschließenden „Eternal Regret“ behaupten, denn so solide bis gelungen die anderen balladesken Ausflüge des Album sind – namentlich „Nepenthe...“ und das pianolastige „Torture's Of The Damned“ - so nervig verquiekt fallen die letzten Minuten der Scheibe leider aus. Da hätten es von meiner Warte statt 76 auch 65 Minuten Gesamtspielzeit sein dürfen – der Abschluss jedenfalls fiele um einiges versöhnlicher aus.
Und damit wären wir dann schon beim Klangbild, zu welchem ich nur so viel sagen möchte: Wer mit dem Sound des Vorgängers nicht klar gekommen ist, hat dafür höchstwahrscheinlich das Schlagzeug und die Keyboards verantwortlich gemacht und wird genau aus diesem Grunde auch mit dem aktuellen Werk nichts anfangen können. Wer hingegen mit der leicht sterilen Atmosphäre keine größeren Probleme hatte, den sollte das aktuelle Werk nur minimal abschrecken können.

Abschließend lässt sich sagen, dass sich abschließend vielleicht noch kein verbindliches Urteil zu „The Black Light Bacchanalia“ fällen lässt. Das Album ist ein vorsichtig verhärteter Nachfolger zu „Visions Of Eden“, wobei diese Verhärtung im Grunde einzig die Gitarrenlautstärke betrifft und sich nur schwer am Songmaterial festmachen lässt. Ob man den bisweilen schwankenden Klang nun schätzt, vernachlässigt oder hasst, ist letzten Endes Geschmackssache – mittlerweile verbauen VIRGIN STEELE aber genug Details in ihren Songs, um eine Produktion wie beispielsweise die von SYMPHONY X' „Paradise Lost“ anzustreben. Und sei es nur, um eine außenstehende Zweitmeinung einzuholen.
Etwas schwerer als die Produktion wiegt in meinen Augen die Kombination aus Selbstzitaten, fehlenden Überhits und Längen im hinteren Teil, die möglicherweise dem konzeptlastigen Anspruch DeFeis' geschuldet ist – man will aufgrund der epischen Themenwahl vielleicht keine Scheibe unter 70 Minuten raushauen, selbst wenn das Material nur 50 gute Minuten hergibt. Was auf „Visions Of Eden“ dank der kompositorischen Klasse und Granaten wie „Adorned With The Rising Cobra“, „Bonedust“ oder „Childslayer“ noch geklappt hat, zeigt anno 2010 erste Schwächen, denn trotz zahlreicher Durchläufe bleibt das Album bisher deutlich blasser.
Das muss zu guter Letzt nicht allzu viel heißen, denn zumindest meine Erfahrung zeigt, dass man den Amis mitunter geraume Zeit bis zur Zündung zugestehen sollte. Die Wertung ist daher eine Momentaufnahme und sollte als solche betrachtet werden – besser als „Visions Of Eden“ wird „The Black Light Bacchanalia“ aller Voraussicht nach jedoch nicht werden.
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