Iced Earth - The Glorious Burden

Iced Earth - The Glorious Burden
Power Metal
erschienen in 2004 bei SPV
dauert 60:28 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Declaration day
2. When the eagle cries
3. The reckoning (don't tread onme) 4.Attila
4. Red baron/Blue max
5. Hollow man
6. Walterloo
7. Valley forge Gettysburg (1863)
8. The devil to pay
9. Hold at all costs
10. High water mark

Die Bloodchamber meint:

Mit dem Namen Iced Earth verbindet der geneigte Powermetal-Fan seit 1990 heftigen US Power Metal mit (teils) fabulösen Gesangsleistungen und dem rattenschnellen Triplet-Riffing von Jon Shaffer. Die Gesangsleistung war in den letzten Jahren immer superb, was an dem Aushängeschild der Band, Matthew Barlow, lag. Dementsprechend groß war der Schock für die Fans, als letztes Jahr der begnadete Sänger seinen Ausstieg aus der Band bekannt gab. Ersatz war aber recht schnell in der Person von Tim „Ripper“ Owens gefunden, dem ex-Sänger von Judas Priest (der für den Original-Sänger Rob Halford und dem damit einsetzenden Renten-Geldsegen für die Priests gegangen wurde). Somit war also von vorne herein klar dass sich zwar die Stimmlage, nicht aber das technische Niveau im Gesangsbereich von Iced Earth verändert. Soweit so neu, was konnte man von vorne herein noch erwarten? Mit der Horror Show, dem letzten regulären Studioalbum im Nacken war meiner Meinung nach schon eine ziemlich derbe Rückentwicklung im Songwriting zu erwarten. Teils wirkten die HS-Songs zu sperrig (Damien), zu belanglos (Dragon’s Child) oder zu kitschig-pathetisch (Ghost of Freedom). Dass gerade der (für unsere europäischen Ohren) pathetische Teil verstärkt zu tragen kommen würde war nach der Veröffentlichung der ersten Single (When the Eagle Cries) und dem dazugehörigen Video (Footage vom 11. September 2001) sowie dem Gettysburg-Schlachtenepos in Länge von über 30 Minuten klar. Aber auch das konnte in meinen Augen die Vorfreude auf die Platte nicht mindern. Trotzdem bin ich von dem mir vorliegenden Werk maßlos enttäuscht. Jon Shaffer hat als Alleinherrscher der Band es tatsächlich geschafft, eine der besten US-Powermetalbands in Richtung Belanglosigkeit driften zu lassen. Wie hat er es geschafft? Nicht durch den Rauswurf des Leadgitarristen, nicht durch den Split mit Barlow (der wird auf dieser Platte superb vom Ripper ersetzt), nein, er beschiesst seine Fans 2004 mit der geballten Ladung schlechtem Songwriting und Kitsch. Sicher ist der Gettysburg-Teil kompositorisch von der LÄNGE her eine Wucht, das sich aber viele Teile einfach nur wiederholen fällt mir, je öfters ich das ganze höre, schmerzlich auf. Mit diesem Versuch, dem Blind Guardian Monsterwerk „And then there was Silence“ gleich zu kommen, kann ich aber noch leben (wenngleich ich diese 3 Songs nicht annähernd so gelungen finde wie das Gardinen-Werk oder aber dem „Agony and Ecstasy in Eight Parts“ von Manowar). Brechreizfördernder finde ich aber Songs wie „Red Baron“, besagten Pathosbrocken „When the Eagle Cries“, „Waterloo“ und „Valley Forge“. Verglichen mit früheren Perlen aus Shaffers Feder sind diese Songs wirklich l a n g w e i l i g. Der Mann hat doch großartige Songs wie „Melancholy“, „Watching over Me“, „When the Night Falls“ und VIELE MEHR geschrieben. Warum ist ihm dann nicht aufgefallen was er hier für halbgaren Murks abgeliefert hat? Auch die eher gelungenen Songs der Scheibe müssen beim Vergleich mit den alten Werken Shaffers Federn lassen. So kann es keiner der Songs in meinen Augen schaffen, unter den Top-10 der Iced Earth Songs zu gelangen. Auch die Lyrics tragen ihren Teil zum Aufstoßen bei (bitte, wer hat dem Ripper erlaubt so was wie bei „Red Baron“ zu schreiben? Das können amerikanische Kindergartenkinder besser, das klingt wie „Reim dich oder ich schlag dich!“).
Nach so vieler Kritik muss ich aber noch was relativierendes bzw. positives Hinzufügen. Erstens muss man sich beim Hören der Scheibe von dem Gedanken lösen, hier Iced Earth zu hören. Besser hätte Schaffer die Band in z.B. „Frozen Ground“ umbenannt. Warum? 2004 präsentieren sich Iced Earth als eine komplett neue Band mit ganz anderer musikalischer Ausrichtung als zu „Dark Saga“-Zeiten, mehr noch als das man sägen könnte das diese Neuausrichtung unter die Schublade „musikalische Weiterentwicklung“ fällt. Zweitens bringt Tim Owens hier seine wohl bis dato beste gesangliche Leistung zu Tage. Abgesehen von seinen lyrischen Ergüssen ist er sicherlich eine Bereicherung für die Band, wenngleich er in meinen Augen die Powerstimme von Matthew Barlow nicht ersetzen kann. Dies ist aber sicher Geschmackssache. Drittens ist die Platte vom technischen Können der Musiker ein absoluter Kracher (hier sticht Gettysburg hervor), auch wenn das Songwriting gewaltig hakt.

Fazit: Ich persönlich sehe in dieser Scheibe so etwas wie einen Neuanfang für Iced Earth. Mit dem vorliegenden Material glaube ich, das viele alte Fans vergrätzt werden, aber sicherlich auch neue Fans gewonnen werden. Das man mit der –überwiegenden- Thematik der Songs für europäische Ohren ein derzeit heißes Eisen angepackt hat, spricht aber für das Rückrat der Band. Löst man sich aber von dem Erwartungshorizont, den man bei einer Iced Earth Platte hat, bleibt unterm Strich trotzdem leider nur ein durchschnittliches Album mit ein, zwei Höhepunkten und doch vielen Negativpunkten. Mehr als 6 Punkte sind hier nicht drin, Geschmäcker sind aber sicher unterschiedlich und jeder Fan sollte ein Ohr riskieren da die allgemeine Meinung zu der Platte sehr unterschiedlichst ausgefallen sind.

Die Bloodchamber meint außerdem:

Nun da mein werter Kollege Stephan schon seine Ignoranz hat richten lassen( *g* ) werde nun auch ich meinen Senf zum neuesten Opus der vereisten Erde abgeben. Hierbei beziehe ich mich aber auf das limitierte Doppel CD Digi Pak, dass neben dem Gettysburg Epos auf einem separaten Silberling auch noch andere Tracks enthält als die normale Jewel Case Version.

Beginnen soll das ganze nun mit der Amerikanischen Hymne, die nahtlos in „Declaration Day“ übergeht. An sich kein Problem, da der Declaration Day ja sicherlich viel mit dieser Hymne zu tun hat, aber in Anbetracht dessen, dass auch der erste Teil von „Gettysburg“ mit der Hymne beginnt nicht wirklich vonnöten. Letzterndes eben eine Gitarrenversion des „Star Sprangled Banner“ – nicht mehr , nicht weniger. „Declaration Day“ selbst aber ist ein ziemlich flotter Stampfer mit coolem Triplets, bei dem auch Neuzugang Ripper Owens gleich beweisen kann, dass er die absolut beste Wahl war. Der mächtige Refrain dürfte auch bei Live Auftritten zu einem Selbstläufer avancieren. Danach kommt man zum Streitpunkt in Form von „When the Eagle Cries“. Dieser Track der zum Thema den elften September hat wird wohl am meisten für Diskussionen sorgen. Wenn Jon Schaffer selbst behauptet dass seine Texte objektiv seien und nicht mit einem politischem Statement versehen, der darf keine Textzeilen wie „ Why could they, they will pay“ einbauen. Auch das zugehörige Video strotzt geradezu vor Amerikanischer Selbstherrlichkeit und Patriotismus. Nüchtern, also ohne jeglichen Text zu betrachten und nur das Lied für sich sprechen zu lassen) ist „When the Eagle Cries“ eine typische Iced Earth Halbballade, die sicherlich auch mitreißen kann wenn man sich nicht an den Lyrics stört. Die restlichen Tracks gehen auch allesamt ziemlich nach vorne los, wobei man sicherlich noch das geniale „Attila“ und das fast schon Maiden artige „Waterloo“ besonders herausheben kann. Tiefpunkte des Albums gibt es leider aber auch und zwar in Form des etwas schwachbrüstigen „Valley Forge“ und des gewöhnungsbedürftigen „Red Baron / Blue Max“. Hierbei sind vor allem, wie es auch mein Kollege kritisierte, die teils dämlichen Lyrics sehr „lustig“. Ansonsten ist mit „Greenface“ sogar ein Track vertreten (nur auf dem Digipak) der an die glorreichen alten tage erinnert (schnell, hart, geile Screams).

Zu guter letzt komme ich nun auf den Gettysburg Epos zu sprechen. Die drei Tracks mit über einer halben Stunde Spielzeit stellen aktuell so ziemlich alles in den Schatten. Jon Schaffer hat es hier geschafft wirklich den beobachtenden Posten einzunehmen und nicht zum parteiischen Kämpfer zu verkommen. Dazu die epische und tragische Ausrichtung des Songs, der zu keiner Sekunde langweilig wird. Um einmal den Vergleich des Kollegen aufzunehmen, der Gettysburg hier mit „Agony and Ecstasy in Eight Parts“ von MANOWAR vergleicht, muss ich sagen, dass ich den ICED EARTH Track ungemein spannender, weniger verfrickelt und trotzdem musikalisch perfekt, und einfach besser finde. Um die ganze Instrumentierung besser zu verstehen hat Mr. Schaffer im Booklet zu jeder Stelle Kommentare geschrieben, die einem das Hören noch mehr zur Freude machen lassen wenn man sie sich zeitgleich durchliest. Vor allem Part 2 „Hold at All Costs“ zählt sicherlich zu den größten Tracks die IE je geschrieben haben.

Meiner Meinung nach also ein sehr gelungenes Werk. Der Sängerwechsel hat einen frischen Wind in die Band gebracht und keinerlei Verschlechterung mit sich gezogen, denn Ripper ist einfach nur genial. Die Songs sind auch wieder spannender und besser als zuletzt auf „Horror Show“, und schon alleine die mehr als 30 Minuten Gettyburg sind es wert sich dieses Album zuzulegen. Einen halben Punkt Abzug gibt’s jeweils für „Hollow Man“ und „Red Baron“ , macht also in der Summe 9 Punkte. Bleibt nun nur zu hoffen dass Schaffer es schafft (lustiges Wortspiel by the way) seine Schäfchen (vA in Form von Ripper) bei sich zu halten und auf Dauer wieder etwas konstanter arbeiten zu können.
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