Pure Fucking Mayhem: Story und Hintergründe

Pure Fucking Mayhem: Story und Hintergründe

Mayhem
Special
17.11.2008
Im November 2008 erscheint die erste MAYHEM-DVD-Dokumentation "Pure Fucking Mayhem" über den Index - Verlag. Grund genug, an dieser Stelle einen längeren Text zu schreiben, der sich mit der Bandgeschichte beschäftigt. Die Bandbiografie von Stefan Rydehed ist eine filmische Dokumentation und umfasst die Geschichte von den frühesten Bandanfängen über die kriminellen Verwicklungen um die norwegische Ausnahmeband bis zur heutigen Bandphase. Die Dokumentation ist zwar authentisch, weil nicht zuletzt Mitglieder und Ex-Bandmitgliederwie Attila Csihar, Necrobutcher, Manheim und Occultus zu Wort kommen, doch letzten Endes bietet die ohnehin schon zu oft aufgekochte Story wenig Neues.

Aber warum erscheint der unten stehende Text? Er ist vielmehr eine Reflexion dessen, was auf der DVD wiedergegeben wird. Auch wenn "Pure Fucking Mayhem" nicht das ist, was man von einer rundum gelungenen Dokumentation erwarten würde, so ist es ein Statement der Band, mit dem der Fan umgehen muss. Die Tatsache, dass sich Hellhammer auf der DVD nicht äußert, ist eine Entscheidung des Regisseurs (siehe Interview mit S. Rydehed). Ebenso lässt sich über den vielleicht etwas befremdlich wirkenden Atila Csihar gegen Ende des Films diskutieren.
Mythos und Exzesse in der Band und deren Umfeld spielen heute eine wesentliche Rolle in ihrer Existenz, selbst wenn sich die Dokumentation darum bemüht, den Hauptfokus eben nicht auf die turbulente Zeit zwischen 1990 und 1993 zu werfen, sondern den kompletten musikalischen Werdegang zu beleuchten. Zu stark stechen die Ereignisse um Dead und Euronymous heraus. Sinn der Doku ist es auch, das Nachleben der Band zu zeigen, das relativ schnell und unspektakulär verläuft, was eigentlich ganz gut so ist. Denn der Umgang mit den beiden Hauptprotagonisten Dead und Euronymous zeigt eigentlich auf, wie unnötig der Zirkus um diese Geschichte geworden ist.


Die Anfänge 1984 - 1987

VENOM, SLAYER und CELTIC FROST geben die Protagonisten in der Dokumentation als Einflüsse an. Instrumente konnten sie auch in den Händen halten. Im Wesentlichen reflektiert die Dokumentation an dieser Stelle die üblichen Träume und Wünsche einiger Freunde und Musikfans, die etwas völlig Neues und Extremes mit ihrer Musik erschaffen wollten, wie viele andere Bands damals auch. Punks waren sie zu dieser Zeit. Damit meinen sie eher ihre Herangehensweise an die Musik. Hauptsache extrem. Das, was so harmlos begann, sollte bald Grenzen überschreiten. Vor allem geschmackliche.

Das erste Kapitel der Band endet mit der Veröffentlichung von "Deathcrush". Einem ungehobelten Stück Metall mit wenig musikalischem Potenzial, außer dem Tangerine-Dream-Percussion-Intro. Kompromisslos und ein unumgängliches Statement einer Band, die sich selbst überschätzt. Natürlich sind die Anekdoten von dem süffisant erzählenden Manheim ohne Frage unterhaltsam. Dagegen wirkt der Versuch von Necrobutcher, ein Mythos um die Band zu spinnen, eher kläglich.


Der Einstieg von Dead

Dead ist nach Aussagen der damals mit ihm befreundeten und beteiligten Musiker ein ziemlich kaputter Chaot gewesen. Als Kind hatte er eine Nahtoderfahrung erlebt und war seitdem fasziniert von Sterben, Tod und Verwesung. Er hatte tote Vögel unter seinem Bett liegen, um den Tod für sich allgegenwärtig zu machen. Er nahm auch tote Raben mit auf Tour, steckte sie in einen Plastikbeutel und nahm vor der Show einen kräftigen Atemzug aus derselben. Er war auch einer der ersten, der Corpsepaint nicht als rein ästhetische Unterstreichung seiner Einstellung verwendete, sondern um wie ein Toter auszusehen. Wer damals dabei gewesen ist, weiß, dass er sogar aus der Nase laufenden Schnodder nachahmte. Bei den Shows schnitt er sich die Arme auf, musste desöfteren von der Bühne getragen werden. Damit er auch auf der Bühne entsprechend aussah, vergrub er seine Bühnenklamotten für mehrere Tage, sodass sie modrig rochen.

Sein Einstieg in der Band markierte einen Wendepunkt für MAYHEM. Die Band vergeistigte immer mehr, allen voran Euronymous. Die sinistre Lebensführung des Fronters Dead und seine Todessehnsucht trugen deutlich dazu bei, dass die musikalische Richtung signifikant schwärzer und finsterer wurde. Dead drückte seine Todessehnsucht in den Lyrics aus, wie "Freezing Moon". Unterdessen verstieg sich Euronymous zu der Annahme, dass MAYHEM wahren Black Metal spielten und dass er mit der Gründung seines Labels Deathlike Silence nur ebenso wahren Bands zu einer öffentlichen Plattform verhelfen würde. Das Unheil nimmt seinen Lauf.


De Mysteriis Dom. Sathanas

Das 1993 erschienene Album, das erste in der mittlerweile fast zehnjährigen Bandgeschichte, ist ein beklemmendes Stück Schwarzmetall. Die acht Songs dokumentieren vor allem die Zeit mit Dead, der 1991 bereits durch eigene Hand verstarb. Seine Suche nach dem Tod endete mit einem Messer, einer Flinte und einer Menge Fotos. Eines von diesen Fotos wurde als Cover der Live-LP "Dawn Of The Black Hearts" (eine Audioaufnahme des legendären Gigs in Norwegen von Anfang 1990) verwendet. Geschmacklosigkeit und wiederum Kult um sich selbst schienen die Band dazu veranlasst haben, das Cover zu verwenden. Eigentlich beschloss Euronymous allein, das Foto mit dem toten Frontmann als Cover dieses Albums zu verwenden. Zuvor veröffentlichte die Band mit "Live in Leipzig" ein erstes Livedokument aus dieser zerstörerischen Phase. Diese Hommage erschien wie "Dawn Of The Black Hearts" auch zeitlich versetzt erst Mitte der Neunziger.

"De Mysteriis Dom. Sathanas" ist wohl das kompromissloseste und eigenständigste Black Metal Album in dieser Anfangsphase. Vor allem der druckvolle und atmosphärische Sound, dessen Mysterium und Hauch des Todes, die skandalträchtigen Ereignisse in der norwegischen Black Metal Szene und der Tod der beiden Hauptprotagonisten Dead und Euronymous trugen wohl dazu bei, dass das Album eine so bös' strahlende Anziehungskraft besitzt. Hinzu kommt der beschwörende Gesang von Attila Csihar, der ganz krass im Gegensatz zur dunkel gekrächzt-gegrowlten Stimme von Dead steht. Csihar sang vielmehr in einer dunklen Untertonart, bricht ab und zu in beschwörendes Gemurmel, Schreien und auch sakral konnotierten Gesang aus, wie bei dem Titelstück "De Mysteriis Dom. Sathanas", das eine Teufelsanbetungsszene und deren Ablauf inklusive Opferung widerspiegelt.

Erstaunliche Kontroverse bei "De Mysteriis Dom. Sathanas" ist, dass die Bassspuren von Varg Vikernes - dem Mörder von Euronymous - eingespielt und aufgenommen wurden und auch in der Wiederveröffentlichung dabei sind, obwohl die Band beteuert, sie wären auf Drängen Euronymous' Familie entfernt und neu eingespielt worden. Varg Vikernes ersetzte damals Occultus, der für den ausgestiegenen Necro Butcher kam. Die beiden unterschiedlichen Charaktere - Euronymous und Varg (gen. Count Grishnackh) - hatten Differenzen. Das lag wohl auch daran, dass Euronymous ihm - wie schon bei Necrobutcher und Occultus eben auch - Todesdrohungen schickte. Das war nichts ungewöhliches, aber Varg nahm diese Drohung offenbar ernst. Doch Näheres zu ihm und den Zusammenhängen an anderer Stelle.

Haupttriebkraft bei der Verwirklichung von "De Mysteriis Dom. Sathanas" ist wohl Hellhammer. Der 1988 eingestiegene Drummer hielt sich immer im Hintergrund, taucht auch nicht in der Dokumentation auf. Bevor spekuliert wird, sprachen wir mit dem Regisseur Stefan Rydehed darüber, der uns auch Auskünfte zu anderen Sachverhalten erteilte.



Das Interview mit Stefan Rydehed

Hallo Herr Rydehed, vielen Käufern und MAYHEM-Fans wird sicher auffallen, dass Hellhammer nicht zu Wort kommt in ihrer Dokumentation. Woran liegt es?

Der Grund, warum Hellhammer nicht in der Dokumentation auftaucht, ist, dass ich ihn nicht interviewt habe. Zwar hatte ich mit ihm gesprochen, aber von Anfang an wollte ich die Story von Mayhem in Necro Butchers Worten schildern lassen, weil er eines der Gründungsmitglieder von MAYHEM und das letzte verbliebene Originalmitglied ist. So ließ ich es mit Hellhammer bei diesem Film sein. Wenn ich jeden mit hinzu nehmen würde, der irgendwie mit der Band zu tun hatte, würde der Fokus und sicher auch der Reiz am Hauptstrang verloren gehen.

Wie kam es eigentlich zu der Idee diesen Film zu machen? Mit "Lords Of Chaos" und anderen Publikationen war schon ziemlich alles gesagt, was man über die krassen Anfänge der Black Metal-Szene in Norwegen wissen muss.

Nun ja, zuerst habe ich eine schwedisch-norwegische Dokumentation mit dem Titel "MAYHEM - Cult Of Aggression" (V.Ö. 2002, 2004 auf dem Oslo Filmfestival vorgestellt, Annm. d. Verf.) gemacht und bekam daraufhin Tonnen von Briefen aus allen Teilen der Welt zugesandt, so dass ich mir vornahm, auch eine internationale Version dieser ursprünglichen Fassung zu machen. Die Dokumentation habe ich vorwiegend aus eigener Tasche finanziert, bekam aber von Film i Halland (Produktionsfirma des Films, Anm. d. Verf.) noch was für meinen Trip nach Norwegen beigesteuert, wo ich ein bisschen Zeit verbracht habe.

Varg Vikernes (BURZUM) spielt keine unwichtige, aber auch einer sehr düstere Rolle in der Bandgeschichte von MAYHEM. Hatten sie Ambitionen ihn zu interviewen? Was hätte dafür oder dagegen gesprochen?

Zuerst wollte ich ihn in der Dokumentation haben, aber wenn ich ihn hinein gepackt hätte, würde das zu einem "Wer sagt was" oder "Wer hat was getan"-Spielchen verkommen und im Prinzip alles gegeneinander ausspielen. Ich hatte seine Adresse, aber entschied mich doch dagegen. Necrobutcher beglückwünschte mich hinterher für diese Entscheidung. Mit Snorre "Blackthorn" Ruch (THORNS, S. Ruch begleitete Varg auf seinem Todestrip nach Oslo. Anm. d. Verf.) habe ich gesprochen, aber hier ist dasselbe zu sagen wie bei V. Vikernes. Das alles würde von meinem Hauptfokus - der Musik - ablenken.

Für viele ostdeutsche Fans ist das Livedokument "Live in Leipzig" (aufgen. November 1990) inzwischen Kult, weil es ein Konzertvermächtnis von Dead und Euronymous ist. Weswegen wird dieser Deutschland-Trip nach dem Mauerfall vernachlässigt in der Dokumentation?

"Es gibt einfach kein Bildmaterial von dieser Zeit, das mir zur Verfügung gestanden hätte. Anstatt ein Musikvideo bzw. eine Fotocollage vom Leipzig - Gig zu machen habe ich Videomaterial vom Sarpsborg-Gig genommen, weil dieser Auftritt ein Meilenstein für die Black Metal Community in Norwegen ist und mit einer Kamera aufgenommen wurde." (Der Sarpsborg-Gig wurde dann später als "Dawn Of The Black Hearts" im Audioformat veröffentlicht. Aufgenommen wurde das Konzert am 28. Februar 1990 in Sarpsborg. Anm. d. Verf.) [dt]





Varg Vikernes

Der aus Bergen stammende junge Mann ist wohl eine Unperson, die es in der jüngsten Vergangenheit Norwegens kein zweites Mal gegeben hat. Wie im Interview mit Stefan Rydehed angesprochen, war der BURZUM-Protagonist für die Doku vorgesehen. Aus Gründen, die zu Gunsten der Story von MAYHEM ausfielen, wurde auf seinen Beitrag verzichtet. Was hätte ein solcher Beitrag auch neues zu der abstrusen Geschichte um Euronymous beitragen können, außer dem Mörder eine Plattform zu bieten? Dennoch verzichtet die Dokumentation nicht auf sein Wirken in der Band und die Umstände, die zu Euronymous Tod führten. Fotos untermalen dies. Aber wie kam die Verbindung mit Varg Vikernes zustande?

Er ersetzte Occultus, der für den geschassten / ausgestiegenen Necro Butcher in die Band geholt wurde. Varg Vikernes ist mehr als Kopf von BURZUM bekannt. Als satanischer Chefideologe, der eine mittelalterliche Stabkirche abgefackelt hatte, aber nicht als MAYHEM-Bassist. In der Doku ist von Gemeinsamkeiten von Varg mit Euronymous die Rede, aber koscher kam Varg niemandem vor. Weil er wenig sprach, weil er klüger war als alle anderen. Begabter vielleicht? So entsteht im Nachhinein eine dunstige Vorurteilshörigkeit, obwohl dieser Mord so ziemlich alle überraschte. Niemand hatte Varg derartiges zugetraut, außer vielleicht Maniac, der aus der Sicht des Außenstehenden seine Eindrücke über Varg und dessen Projekt BURZUM schildert. [dt]

Varg Vikernes wird als Kristian Vikernes am 11. Februar 1973 in Bergen geboren. Seine ersten musikalischen Gehversuche unternimmt er unter anderem bei der Death Metal Band OLD FUNERAL, bei der auch spätere IMMORTAL Mitglieder aktiv sind. Doch BURZUM soll das sein, was Vikernes weit über die Grenzen des Black Metals bekannt machen wird. Seine Taten abseits der Musik werden ihm sogar noch mehr fraglichen Ruhm bescheren.

Der Name Burzum bedeutet so viel wie Dunkelheit und ist aus J.R.R. Tolkiens „Herr der Ringe“ entliehen. Generell gelten gerade die Frühwerke BURZUMs (vor der Verhaftung Vikernes im Jahre 1993) als Meilensteine des Black Metal Genres. Zutiefst verstörend, aber auch atmosphärisch und anziehend wirken die Klänge dieser Alben auf den Hörer.

Die Verbindung zwischen Vikernes und Øystein Aarseth weist streckenweise deutliche Parallelen zu dem Verhältnis von Friedrich Nietzsche und Richard Wagner auf. In beiden Fällen war es so, dass aus tiefer Bewunderung Hass und Abneigung erwuchs. Wie bei Nietzsche, der sich bei Wagner einquartierte und nach und nach ein völlig anderes Bild von seiner einstigen Respektsperson gewann, so erging es auch Vikernes im Hinblick auf Aarseth.

Das erste BURZUM Album erschien auf Aarseths Label Deathlike Silence Productions mit finanzieller Unterstützung durch die Mutter von Varg. Zu dieser Zeit wuchs in der norwegischen Black Metal Szene in vielen Köpfen der Gedanke von extremeren Taten, welche die in der Musik verkörperten Ideale in die Realität umsetzen sollten. So kam es zu vielfachen Kirchenbrandstiftungen und später sogar zu Morden.

Vikernes selbst ließ immer wieder durchblicken, dass er maßgeblich bei der Brandstiftung an der Fantoft Stabkirche (aus dem 12. Jahrhundert) beteiligt war. Dies konnte ihm jedoch nie nachgewiesen werden. Ein Bild der abgebrannten Ruine wurde für die EP „Aske“ verwendet, die Anfang 1993 über DSP das Licht der Welt erblickte. Zu dieser Zeit kam es auch immer wieder zu offenen Streitigkeiten zwischen Vikernes und Aarseth. Mehrere Sachverhalte scheinen diese Rivalität zu begründen. Zum einen war Aarseth kein guter Geschäftsmann, so dass er Vikernes noch immer Geld aus der Veröffentlichung des Debütalbums „Burzum“ schuldete. Auch ein gewisses Machtdenken könnte nicht unwesentlich gewesen sein, galt Aarseth doch als der Kopf des „schwarzen Zirkels“ und der norwegischen Black Metal Szene allgemein. Ebenfalls sollte in diesem Zusammenhang die Enttäuschung Vikernes über die Person des Øystein Aarseth definitiv erwähnt werden.

Am 10. August 1993 geschah dann das für viele Unfassbare. Øystein Aarseth wird in seiner Osloer Wohnung mit über zwanzig Messerstichen ermordet. Der Täter stand für die Polizei schnell fest: Varg Vikernes. Bereits neun Tage nach dem Mord wurde er verhaftet.
Gemeinsam mit Snorre Ruch (damals zweiter Gitarrist von MAYHEM) hatte er sich von Bergen auf den Weg nach Oslo gemacht, lieh sich vorher jedoch noch einen Videofilm aus. Außerdem sollte ein Komplize mit Vikernes Bankkarte Geld von dessen Konto abheben, um ihm ein Alibi zu geben, aber man griff in der Eile zur falschen Karte. Mitten in der Nacht traf Vikernes in Oslo ein und konnte Aarseth überzeugen ihn in die Wohnung zu lassen, unter dem Vorwand über den Vertrag mit DSP reden zu wollen.

Varg Vikernes hat im Laufe der Zeit viele Begründungen für den Mord an Euronymous vorgebracht. So soll seiner Aussage nach Aarseth homosexuell und außerdem ein Kommunist (Euronymous verehrte Erich Honecker, Pol Pot und Ceaucescu sowie die staatlichen Formen wie die DDR, deren Untergang er bedauerte. Anm. d. Red.) gewesen sein. Ein anderes Mal behauptete er, Aarseth habe ihm gegenüber Mordpläne gehegt und seine Tat sei Notwehr gewesen. Schließlich bleiben immer noch die sehr gewichtigen Gründe, dass es um Geld und die Machtposition ging.

Vikernes wurde im Frühjahr 1994 des Mordes an Øystein Aarseth, der Brandstiftungen an drei Kirchen und des Besitzes von 125 kg Sprengstoff für schuldig befunden und zu 21 Jahren Gefängnis verurteilt. In der Folgezeit distanziert er sich immer mehr von Black Metal und Satanismus und wendet sich heidnischen Themen zu. Zu dieser Zeit tritt auch das rassistische Denken Vikernes offen zu Tage. Musikalisch wendet sich die Musik BURZUMs hin zu Ambientklängen. Die Gitarre wird von Vikernes als „Negerinstrument“ betitelt. Seine Gedanken hält er in dem Buch „Vargsmal“ fest. Auch über die Organisation der „Norwegischen Heiden Front“ verbreitet er weiterhin seine Ansichten. [sh]


Quo Vadis

Die Abschnitte zu dem Überalbum "De Mysteriis Dom. Sathanas", Dead und Varg Vikernes zeigen, wie omnipräsent die frühen Jahre von MAYHEM heute noch sind. Ohne die Vorgänge damals gäbe es heute sicherlich auch eine andere Band. In der Doku bemühen sich Regisseur und Band (allen voran Necrobutcher) darum, dass der dunkelste Abschnitt der Bandgeschichte keinen so großen Raum einnimmt, weil es zu sehr von der Musik ablenkt. Natürlich tut es das. Aber offensichtlich gibt es auch von Seiten der Band keine eindeutigen Distanzierungsversuche oder Statements zu den oben genannten Fakten. Auf der einen Seite heißt man das Geschehene nicht gut, auf der anderen Seite holt die dunkle Vergangenheit die Band immer wieder ein, als wäre sie ein Fluch. Alle Versuche, die Musik sprechen zu lassen, sei es mit "Wolf's Lair Abyss" oder "Ordo Ad Chao", scheitern kläglich am übermächtigen Album "De Mysteriis Dom. Sathanas". Die krampfhaften Versuche der heutigen Band, sich davon zu lösen, aber dennoch kontrovers zu sein, lenken nicht von der Tatsache ab, dass MAYHEM nur ein Schatten seiner selbst ist.

Es wird beklagt, dass MAYHEM Auftrittsverbote bekommt, wohl wissend, dass das Image, das die Band umgibt, keine tolerante Außensicht für viele Außenstehende zulässt. Andererseits spielt die Band noch immer mit dem Mythos, über den sie am liebsten ein dickes Schweigemäntelchen decken möchte. Scheinbar kommt die Band von sich selbst nicht los bzw. zehrt aus der Vergangenheit, die sie am liebsten verleugnen würde. Niemandem ist es bekannt, ob die Bandmitglieder über ein musikalisches Dasein ohne MAYHEM nachgedacht haben, aber vermutlich scheint es das nicht zu geben. Mythos und Status von MAYHEM sind zu groß und lukrativ, als dass darauf verzichtet werden könnte, darum wissend oder vergessend, dass beide Erfolgssäulen in großen Teilen auf Euronymous und Dead fußen. Die Zeit von 1988 bis 1993 ist wohl noch immer der wesentliche Punkt in MAYHEMs Bandgeschichte, auch wenn es ein Leben danach mit Maniac und Attila Csihar gibt. Vielleicht ringen nur diejenigen mit dem letzten und aktuellen Kapitel von MAYHEM, die die Band aus ihren Anfangstagen kennen und den heutigen Stil und das Auftreten mit Skepsis betrachten. Die Dokumentation kann keine Antworten auf die jetzige Phase geben bis auf die Frage "Quo Vadis?" Deswegen steht anstelle eines einfachen Reviews dieses Special. Ohne Wertung, ohne Verherrlichung, aber mit Distanz und Objektivität. [dt]
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