Eine Familienangelegenheit
Interview mit Battlelore
Epic Metal aus Finnland - Lappeenranta
Epic Metal aus Finnland - Lappeenranta
Von Freud und Leid, von Familie und Job – hier das Interview in voller Länge.
Hi Folkes, Gratulation zum neuen Album und vielen Dank, dass ihr euch für dieses Interview Zeit nehmt!
Hey, danke schön für das Interview! Ich, Maria werde die Fragen im Namen von uns allen bei BATTLELORE beantworten.
Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass ihr keinerlei Botschaften in euren Songs transportieren wollt und versucht, euch ausschließlich auf die Mittelerde-Thematik zu konzentrieren, ohne dabei persönliche Anliegen in die Musik einfließen zu lassen. Den Informationen eurer Promotion zufolge hat sich die Situation nun geändert. Trifft das zu und habt ihr wirklich nie zuvor individuelle Gedanken mit einfließen lassen?
Ich glaube, dass da ein kleines Missverständnis in der Art, wie du unsere Texte beschreibst, vorliegt. Unsere Texte sind unsere individuelle Interpretation von Tolkiens Mittelerde-Themen und Erzählungen. Der einzige Unterschied bei „Evernight“ im Vergleich zu den anderen Alben ist, dass wir keinerlei Namen oder Schauplätze der Mittelerde-Saga erwähnt haben. Auf diesem Weg klingt das Album universeller und jeder kann sich seine eigenen Vorstellungen machen, aus welchen Erzählungen die Songs hervorgegangen sind.
Ohne jeden Zweifel stellt das außergewöhnliche Video zu „Journey of the undying lands“ - neben dem kurzen Mitschnitt der Show im Tavastia Club - den Höhepunkt eurer ersten DVD „The Journey“ dar. Jyri jedenfalls ist für seine Rollenspielerpassion, die sich aus seinem Interesse am Mittelalter entwickelt hat, bekannt. Ihr habt eine professionelle Theatergruppe für dieses Video engagiert. Obwohl das sicher einen großen Aufwand bedeutete, wäre es das alles wert, dies zu wiederholen. Wird es auch zu einem der Songs auf „Evernight“ ein vergleichbares Video geben?
Eigentlich hatten wir keine professionelle Theatergruppe für das Video – Das waren alles Freunde von uns, von denen sich einige intensiv mit Live-Rollenspielen beschäftigen und uns mit all den Kleidungsstücken und Materialien halfen. Das Video mit all seinen Wendungen zu produzieren war großartig, aber ohne ein riesiges Budget ist es relativ schwierig etwas derartiges zu erreichen. Hoffentlich eines Tages wieder… Aber wir haben große Pläne für ein Video zu einem der Songs auf „Evernight“, „House of Heroes“, und ich bin mir sicher, dass jeder, der „Journey to the undying lands“ mochte, sich an diesem gleichermaßen erfreuen wird.
Seht ihr BATTLELORE als mehr an, als nur eine Band? Es scheint, als ob ihr versucht, Mittelerde auszuleben und eure Songs scheinen teilweise in einer Art Rollen gebenden Weise geschrieben zu sein. Die Liveshows mit all den Kostümen vermittlen einen ziemlich guten Eindruck von all dem. Hat jedes Mitglied der Band eine spezielle Rolle in einer größeren Gesamtgeschichte zu spielen, die auf der Bühne zum Besten gegeben wird und plant ihr darüber hinaus eine Ausweitung der schauspielerischen Elemente und der visuellen Effekte live?
Hehe, das ist eine lustige Frage. Es ist offensichtlich, dass BATTLELORE für uns mehr als nur eine Band ist. Es ist eher eine Gruppe von Freunden, die sich nach all den Jahren sehr nahe stehen und es genießen Zeit miteinander zu verbringen. Ich weiß, es klingt klischeehaft, aber BATTLELORE ist für uns in etwa wie eine zweite Familie. Und nein, unsere Familie lebt nicht in Mittelerde oder so; Jeder hat einen festen Job nebenher und darüber hinaus Familie. Nur wenn wir Musik machen oder live spielen denken wir wirklich an Mittelerde und zollen unseren Tribut an den Genius Tolkiens.
Wenn wir oben auf der Bühne stehen sind wir ganz wir selbst und spielen keine speziellen Rollen. Die Kostüme und das Bühnenbild sind ein Teil unserer Musik und der ganzen Idee, die hinter BATTLELORE steckt. Es gibt immer Pläne, die visuellen Effekte zu bereichern, aber zur Zeit ist das leider außerhalb unserer Möglichkeiten. Ich Denke, wir sollten den schauspielerischen Teil Profis überlassen, hehe!
Obwohl ihr darüber nachgedacht hattet, euer viertes Album wieder in Frankreich mit Terje Refsnes, der auch „Third Age of the Sun“ produziert hat, aufzunehmen, habt ihr euch entschlossen in die Music Bros Studios zurückzukehren, in denen eure ersten beiden Alben aufgenommen wurden. Darüber hinaus habt ihr Miitri Aaltonen als Producer gewählt. Gibt es einen speziellen Grund für dieses Vorgehen? Ihr schient damals mit Terjes Arbeit ziemlich zufrieden gewesen zu sein.
Dieses Mal war es logistisch leichter, alle nach Imatra in Finnland zu bringen, als zu einer kleinen Stadt in der Nähe von Marseille in Frankreich. Jeder hat nun eine feste Beschäftigungsstelle und einige von uns haben dieses „neue Kapitel“ im Leben erst begonnen, weshalb das Freinehmen in manchen Fällen eine Herausforderung darstellte, obwohl jeder von uns BATTLELORE an erste Stelle sieht. Es gibt keinen besonderen Grund für dieses Vorgehen und wir sind immer noch sehr zufrieden mit Terjes Arbeit. Wir würden definitiv gerne wieder mit ihm arbeiten in der Zukunft. Miitri ist ein exzellenter Produzent, weshalb die Zusammenarbeit mit ihm ebenfalls eine wahre Freude war. Außerdem kennt er bereits unser Material und die Thematik unserer Lieder, was es leicht machte, zurückzukehren und die Entwicklung in jedem einzelnen von uns nach „Sword’s Song“ zu erleben.
Obwohl ihr sagtet, dass „Third Age of the Sun“ sich auf die Atmosphäre konzentrierte, was in meinen Augen eine großartige Entwicklung gegenüber den Vorgängern darstellen würde, war ich nicht wirklich zufrieden mit dem Resultat. „Sword’s Song“ ist immer noch mein persönlicher Favorit auf Grund seiner ungezähmten Wildheit und den starken Kontrasten innerhalb der Songs, die diesen eine tolle Dynamik verleihen.
Bei „Evernight“ geht es mir ziemlich ähnlich: Die Details sind vorhanden und herausragende Passagen sorgen für neuartige Gefühlswelten, aber es ist zu unbeständig. Wie seht ihr die Intensität von „Evernight“?
Im Vergleich mit „Third Age of the Sun“ ist „Evernight“ düsterer und musikalisch erfahrener. Auf gewisse Art und Weise ist das Songwriting progressiver ausgefallen als bei jedem der vorausgegangenen Alben. Und weil das so ist, ist es auch nicht so leicht zu hören, wie man womöglich denkt. Die Melancholie ist auf dem gesamten Album präsent und es ist darüber hinaus dunkel und aggressiv. Ich denke, dass es dafür viele Gründe gibt; zum Beispiel basieren die meisten Lyrics auf der Geschichte von Akallabeth – dem Fall der Numenor, was eine traurige und furiose Erzählung darstellt. Andere Lieder basieren ebenfalls auf den dunkleren Geschichten, was den Sound maßgeblich beeinflusst hat. All diese Traurigkeit und die Wut kann - neben einem Lichtblick der Hoffnung und der Schönheit - auf dem gesamten Album vernommen werden. Aber ja, im Vergleich mit „Sword’s Song“ ist die Atmosphäre stark verändert, weil die Lieder dieses Mal nicht aus den fröhlichen und lusterfüllten Erzählungen gründen.
Wie du schon zuvor erwähnt hast ist „Third Age of the Sun“ nicht gerade ein Album zum nebenbei hören und diese Erfahrung habe ich ebenfalls gemacht. Die Details des Albums entfalten sich mit der steigenden Zahl an Durchläufen und einige Passagen sind wirklich intensiv. Trotzdem erscheint es etwas unzusammenhängend. Vielleicht sind 16 Tracks und eine Spielzeit, die eine Stunde locker sprengt doch etwas zu viel. Hattet ihr den gleichen Eindruck und versuchtet dies bei „Evernight“ besser zu handhaben?
Nun, wie schon gesagt, mag ich persönlich sämtliche Lieder unseres Vorgängeralbums und ich denke, dass sie alle ihren Platz in der BATTLELORE - Geschichte haben. Aber du hast recht.16 Songs hätten zwei Alben ergeben können anstatt einem! Ich schätze wir waren zu undistanziert und weil unser Produzent Terje Refsnes ebenfalls sämtliche Songs mochte, entschieden wir drei Songs als Bonustracks zu veröffentlichen, anstatt sie völlig wegzulassen. Das schlechte daran war, dass sich unter den Bonustracks Songs in einer unpassenden Geschwindigkeit und ähnlichem befanden. Wir trafen also nicht gerade die besten Entscheidungen damals. Aber man lebt und lernt dazu… Auf „Evernight“ wollten wir durch Tempo – und Atmosphärenwechsel verhindern, monoton zu klingen. Darüber hinaus wurde die Liederfolge von unserem Produzenten Miitri bestimmt, der noch etwas mehr Distanz zu den Songs hatte, und dem Album somit einen vollen und zusammenhängenden Klang verlieh.
Das Riffing wurde auf eurem neuen Album abgeschwächt und die Gitarren etwas mehr in den Hintergrund verlagert. Im Großen und Ganzen erscheint das Album auf gewisse Weise reduziert und abgemildert, was hier keine Kritik sein soll!
Signifikante Keyboardarrangements, die ausschlaggebend für die spezielle Atmosphäre bei „Thrid Age of the Sun“ waren, scheinen ebenfalls reduziert und arbeiten jetzt unterschwelliger. Kaisas Stimme ist das wichtigste Melodie – gebende Organ auf „Evernight“ und ihre weiche aber durchdringliche Stimme macht die Musik interessant und einzigartig. Habt ihr versucht durch die Reduktion einiger Elemente andere zu verstärken und somit eine intensivere Atmosphäre zu schaffen?
Zwei frühere Sessionmusiker Timo Hokanen am Bass und Tomi Mykkänen als Vokalist, sind der Band einige Zeit nach dem Abgang von Miika Kokkola und Patrik Mennander, die aus privaten Gründen gingen, beigetreten. Haben sie sich gut integriert? Glaubst du, dass Tomi Mykkänens Stimme ebenso gut zu BATTLELORE passt wie Patricks?
Timo und Tomi sind beide großartige Charaktere. Wir hätten keine besseren Jungs bekommen können! Sie haben sich extrem gut eingegliedert und werden als zu 100 Prozent vollwertige BATTLELORE - Mitglieder angesehen. Ihre Talente als Gitarristen (beide!), ebenso wie ihre „eigentlichen“ Jobs als Bassist und Sänger haben uns geholfen unseren Enthusiasmus zu erhalten und sie haben uns dazu inspiriert die ganze Zeit über das Beste aus uns heraus zu holen. Sie haben definitiv ihren Platz in der Band gefunden. Tomi hat eine tolle Stimme und riesige Lungen (wie man an den langen Schreien hören kann) und das steht BATTLELORE ziemlich gut. Auch singt er alle Parts von Patrik äußerst gut, da er ein echtes „Multitalent“ ist. Wir haben geplant, dass er auch cleane Vocals in Zukunft singen wird, was ihn eindeutig zum richtigen Typen als BATTLELORE - Frontmann macht.
Am Anfang war Jyri alleine für das Songwriting zuständig, aber mit der Zeit wurden auch andere Bandmitglieder in den Prozess involviert. Jussi hat einen großen Arbeitsanteil beim letzen Album übernommen. Wie hat sich das alles – speziell auf eurem jüngsten Album – entwickelt?
Unser Songwriting - Prozess läuft in etwa folgendermaßen ab: Jyri, Jussi oder ein anderes Bandmitglied erstellt ein Grundskelett mit seiner Gitarre. Dann bekommt der Rest von uns das Material als Demos oder bei Bandproben und wir komponieren unsere eigenen Parts zu all den Songs. Die Lyrics kommen von Jyri; Auf „Evernight“ hatten Jussi und Tomi mitspracherecht bei einigen Songs, aber der Kopf hinter all dem ist immer noch Jyri. Das ist es im Wesentlichen. „Evernight“ umfasst Songs von Jyri, einen Song von Tomi, Songs von Jussi und einen Instrumentalen Bonustrack von mir. Ich schätze, dass es uns mit der Zeit leichter fällt, uns beim Songwriting einzubringen, was an der guten Stimmung innerhalb der Band liegt. Jeder hat etwas zu sagen, wenn es um die Komposition der Songs geht und ebenso hat jeder die Chance Songs zu schreiben, die für BATTLELORE verwendet werden können. Und um ehrlich zu sein denke ich, dass das eine großartige Sache ist, die uns viel Abwechslung und beinahe unbeschränkte Möglichkeiten verschafft.
Auf Tour zu gehen ist ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann und es kommt vor, dass Bandmitglieder aus diesem Grund aus der Band scheiden. Habt ihr alle Familien und reguläre Jobs neben BATTLELORE oder könnt ihr euch den Lebensunterhalt mit der Band verdienen?
Hehe, unseren Lebensunterhalt mit der Band zu verdienen ist eine wundervolle Vorstellung, aber in der „hässlichen Realität“ ist das leider nicht möglich – jedenfalls noch nicht. Wir haben alle Familie und reguläre Jobs, um unsere Miete und Rechnungen bezahlen zu können. Vielleicht können wir uns eines Tages ausschließlich auf das Musizieren konzentrieren. Das wäre umwerfend. Aber wie ich schon zuvor sagte, hängen wir alle sehr an der Band und werden jede Chance zu touren definitiv wahrnehmen!
Auf Grund eures Österreicherischen Labels, Napalm Records, wart ihr in der Anfangsphase kaum in eurer finnischen Heimat bekannt. Hat sich das verändert?
Ich denke, dass wir bekannter geworden sind in Finnland, aber es hat sich nicht allzu viel verändert. Wir erreichten die Top 40 der Albumcharts (Platz 38) mit „Third Age of the Sun“ und schon das war ziemlich erfreulich! Jetzt haben wir auch einen zuständigen Promoter in Finnland, was uns hoffen lässt, dass sich die Dinge in der Zukunft zum Besten wenden.
Letztes Jahr habt ihr beispielsweise auf dem Wacken Open Air gespielt. Was sind eure Pläne für die Zukunft und habt ihr schon eine Vorstellung, wann ihr mal wieder durch Europa tourt?
Vielen Dank und viel Glück euch allen!
Dankeschön! Grüße an alle unsere europäischen Fans und mit etwas Glück sehen wir uns bald bei einem Konzert!