Children Of Bodom & Infinight

Children Of Bodom & Infinight

Children Of Bodom
Saarbrücken, Garage
23.11.2008
Lange haben Metaller darauf gewartet, dass sich die Finnen CHILDREN OF BODOM ins Saarland verirren. Ursprünglich sollten sie von THE SORROW unterstützt werden, die jedoch aus Krankheitsgründen absagten. Ersatz wurde gefunden, und so gebührt am heutigen Abend INFINIGHT die Ehre, die Show zu eröffnen.

Neunzehn Uhr, Einlass. Neunzehn Uhr zehn, ich betrete die Halle. Und die ist nicht nur gut gefüllt, die Chancen auf Plätze in den vorderen zehn Reihen sind gleich null. Aber mal abwarten, denke ich. In der Umbaupause werden viele aus den vorderen Rängen rausgehen und sich ihrer Sucht nach Nikotin ergeben. Noch ist nichts verloren. Doch ein genauerer Blick verrät: auch diese Hoffnung könnte vergeblich sein. Der Altersdurchschnitt dürfte etwa bei siebzehn Lenzen liegen, und ich fühle mich wie auf einem Kindergeburtstag, fühle mich alt und irgendwie fehl am Platz…

Aber genug gejammert (dazu später mehr). Pünktlich um acht wird das Licht gedämmt undINFINIGHT erklimmen die Bühne. (Alexandra Tausch)

Was bin ich froh, daß der Metalcore (namentlich THE SORROW) zuhause geblieben ist und man mit INFINIGHT einen Ersatz finden konnte, der mir persönlich um einiges mehr zusagt. Mal gespannt, wie sich die saarländischen Power Metaller als Vorband einer Band wie COB vor einer amtlichen Kulisse schlägt.

Und sofort wird klar, daß wohl das gesamte Publikum dem Fehlen von THE SORROW keine Träne nachzuweinen scheint. Kracher wie „Downward Spiral“, das DIO-Cover „Holy Diver“ und der Straight-Forward-Härtner „Here To Conquer“ lassen der Halsmuskulatur keine Chance und werden mit einer solch routinierten Sicherheit von der Bühne gepustet, daß man meinen könnte, INFINIGHT wären jede Woche mit einer ähnlich bekannten Band auf Tour. Martin Kleins Gesang sitzt wie eine Eins, die Gitarrenarbeit ist wie gewohnt bärenstark und mit einem Song wie „Goodbye Cruel World“ hat man den perfekten Rausschmeißer in petto. (Michael Meyer)

Nach einer 35minütigen Pause, die einerseits zum Umbau genutzt wird, andererseits zum Abtransport eines bewusstlosen Konzertbesuchers, gehen endlich die Lichter aus. Das Quintett CHILDREN OF BODOM betritt die Bühne, und bevor Frontsau Alexi „Wildchild“ Laiho auch nur einen Ton von sich gibt, rotzt er auf die Bühne und ergibt sich ganz seinen Rockstar-Manieren. Der erste Song „Follow The Reaper“ kommt sehr wirr rüber, irgendetwas stimmt nicht. Der Gesang wirkt etwas zu leise, und Janne scheint Probleme mit dem Keyboard zu haben. Überhaupt wirkt er während der ersten Hälfte des Konzertes eher abwesend und desinteressiert, man könnte meinen, er langweilt sich, weil er nicht die ganze Zeit in die Tasten hauen kann. Trotz allem zeigt er, dass er sein Instrument spielerisch beherrscht.

Nach dem zweiten Track, „Smile Pretty For The Devil“, wagt sich Alexi dann an die erste Ansage. Überhaupt sind seine Ansagen nur zur Hälfte verständlich: die unverständliche Hälfte bildet jeweils der Satzinhalt (zu schnell und undeutlich gesprochen), die verständliche Hälfte die unzähligen „fuck“s. Zugegeben, nach dem dritten Satz und über 20 „fuck“s habe ich aufgehört zu zählen. Natürlich lässt sich Alexi jeden Satz mit tosendem Applaus bestätigen.

Nach zwei weiteren Songs brennt bei „In Your Face“ das Haus und man merkt sichtlich, dass Alexi im Applaus badet. Auf jeden Song folgte bisher immer eine Pause, in der er sich mit Keyboarder Janne kurz beriet und die schwarze Masse brav klatschen ließ. Das ändert sich auch später nicht, und überhaupt ist die Performance relativ einseitig. Es folgen weitere Kracher, und bei fast jedem Song (bei den Tracks der beiden Alben „Follow The Reaper“ und „Hatebreeder“ zeigt sich das junge Publikum zurückhaltend – ob es die älteren Songs etwa nicht kennt?) geht das Publikum mit.

CHILDREN OF BODOM spielen sich quer durch ihre Diskografie und warten unter anderem mit „Sixpounder“, „Angels Don’t Kill“, „Hate Crew Deathroll“, „Bodom Beach Terror” („Hate Crew Deathroll”), „Blooddrunk“, „Hellbounds On My Trail“ („Blooddrunk”), „Children Of Decadence“, „Hate Me!” („Follow The Reaper“) und „Bed Of Razors” („Hatebreeder“) auf. Auffällig ist, dass es kein Song des Debütalbums „Something Wild” auf die Setlist gepackt hat.

Während des gesamten Gigs gab es immer wieder Augenblicke, in denen sich mir verschiedene Fragen stellten. Wieso hängen vor dem Keyboard mehrere Kleiderbügel mit Damenunterwäsche? Wieso wirft Alexi hin und wieder Plüschtiere in die Menge – waren das Geschenke anderer Fans, und er kann nichts damit anfangen? Weshalb wurde der Track „Children Of Decadence“ nach knapp einer gespielten Minute abgebrochen und erst dann wieder von vorn begonnen, als sich auch tatsächlich jeder Anwesende zu Alexis persönlicher Zufriedenstellung die Hände wund klatscht?

Nach einer knappen Stunde Spielzeit verlassen die Finnen die Bühne. Nach einer Weile betritt dann Janne die Bühne und meint unter anderem: „I fucked up the setlist, Alexi fucked up the setlist.“ Wie bitte soll der Konzertbesucher dieses Statement auffassen? Als ernst gemeinte Entschuldigung für diverse Patzer oder blödes Gefasel? Während der gesamten Show stand allein Alexi im Vordergrund, die anderen Bandmitglieder wirkten wie eine stumme und unbewegte Kulisse. Alexi brachte keine Ansage ohne zehntausend „fuck“s zustande, er rotzte in unregelmäßigen Abständen auf die Bühne und forderte immer wieder Applaus. Die melodischen Grunt-Passagen, zum Beispiel der Chorus zu „In Your Face“ kamen tonlos und ohne Gefühl rüber, als rattere Alexi den Text einfach runter. Überhaupt fehlte der Show jegliches Gefühl, als hätte man ein „Lachen verboten“-Schild aufgehängt.

Aber gehen wir in die Zugaberunde! Und auch hier gibt es kaum Positives zu berichten. Erst der zweite Zugabesong hört auf den Titel „Downfall“, ein Track, der seit dreißig Minuten gefordert wurde. Umso größer ist die Enttäuschung, als Alexi mal wieder die Hälfte der Zeit zum Strichesammeln auf der „fuck“-Liste nutzt und nach „Downfall“ sofort die Abbaumusik erklingt. Übrigens ein Song der GYPSY KINGS.

Enttäuschung wurde an diesem Abend groß geschrieben. Man merkte nicht, dass CHILDREN OF BODOM eine Band mit fünf gleichwertigen Mitgliedern ist, vielmehr stand Alexi die ganze Zeit im Vordergrund und beeindruckte mit schlechten Manieren. Zudem hätte ich von den Finnen erwartet, dass sie etwas länger als nur fünfundsiebzig Minuten auf der Bühne stehen. INFINIGHT dagegen haben sich an diesem Abend gut verkauft und gezeigt, dass man das Haus auch mit anständigen Manieren und mit einem Lachen im Gesicht ordentlich rocken kann.
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