Agalloch & Fen

Agalloch & Fen

AgallochFen
Leipzig, Moritzbastei
01.05.2013
1. Mai, Tag der Arbeit, nur der größte Teil der Bevölkerung gammelt herum. Im Fernsehen läuft Champions League, nur interessiert das kaum jemanden, da die Bayern für das Finale eh schon so gut wie gesetzt sind. Da muss einfach Abwechslung her und glücklicherweise haben sich AGALLOCH zusammen mit ihren Kumpels von FEN angekündigt. "Nur 2 Bands?" mag sich der moderne Metaller von heute fragen. Genau! Nur 2 Bands. Dafür haben diese wenigstens ein Profil, dürfen nicht nur ne halbe Stunde lang auf der Bühne rumhüpfen und geben sich wenigstens noch Mühe, damit ihr deren Shirts kauft!

FEN jedenfalls sind von Beginn an hochkonzentriert bei der Sache. Da ist nicht viel mit Hüpfen, Arme schwingen oder rumkrakeelen. Schlagzeug, Bass, Gitarre, zwei Mikros, drei Männer - mehr braucht man nicht, um interessanten Black Metal darzubieten. FEN geben sich bewusst wortkarg und als Gesamtkunstwerk. Keine Ansagen unterbrechen den Spielfluss, nicht einmal dem Publikum bleibt zwischen den Songs Gelegenheit, ihrer Begeisterung Ausdruck zu verleihen, da stets nahtlos zum nächsten Stück übergegangen wird. Somit ergibt sich interessanterweise ein ähnlicher Effekt wie beim Konsumieren des aktuellen Albums: FEN geben sich unauffällig und harmlos, schleichen sich aber still und heimlich mit heimtückischer Penetranz in den Hinterkopf rein, wo sie alsbald nur schwer herauszubekommen sind.
Den Anfang des Auftritts haben vielleicht nicht alle mitbekommen (Ich plädiere hiermit für die Einführung eines großen Gongs, vor allem bei verwinkelten Auftrittsorten), aber nach und nach füllt sich der Raum der Leipziger Moritzbastei. Und wer mit dem Bier in der Hand hergefunden hat, der bleibt bis zum Ende, fasziniert vom breitgefächerten Black Metal, der sich gerne akustisch herum schweben lässt, aber auch öfter mal die Knatterkeule hervorholt. Die etwas schiefen klaren Vocals vergisst man schnell, ebenso wie gelegentliche zu spät eingeschaltete Mikrofone. Bewegt wird sich nicht allzu viel, dafür wird eben mehr aufgesaugt. Das freut nicht nur die Hausfrau, sondern auch die Band. Am Ende darf dann endlich auch applaudiert werden. Die angesammelte Begeisterung darf nun an die frische Luft und davon gibt es reichlich. Englische Muttersprachler mit dem Hang zu Wortspielen würden da glatt ein "FENtastic!" in den Raum rufen…

Üblicherweise rennt nun der Großteil der Besucher an die Bar, zum Rauchen vor die Tür oder mal aufs Klo. In der Vorbereitung auf den Auftritt von AGALLOCH jedoch scheinen die meisten mit den Füßen am Boden festgeklebt zu sein. Als die Band dann endlich loslegt, wird die Ursache klar: Wer in der gerammelt vollen Bude einen der vorderen Plätze haben will, der muss sich entweder vorher einen sichern oder derart beeindruckende Schulterpartien aufweisen, um sich einen Weg durch die Menge bahnen zu können. Vom im Vorfeld angepriesenen phänomenalen Bühnenbild scheinen zwar lediglich zwei mickrige Kerzen übrig geblieben zu sein, aber die Licht- und Nebelanlage in der Moritzbastei zusammen mit dem eigentlichen Backsteingewölbe als Hintergrund reichen allemal für ein ordentliches Wohlfühlambiente.
Und wohlfühlen sollte man sich schon, wenn man die folgenden zwei Stunden stehend verbringt. Zwei Stunden, in denen sich AGALLOCH genügend Zeit nehmen können, um den Zuschauern all ihre musikalischen Facetten näher bringen zu können. Da bleibt auch genügend Raum für ausgedehnte instrumentale und atmosphärische Abschnitte. Bis erstmalig ein Ton den Weg von der Kehle ins Mikrofon findet, dauert es gar eine ganze Handvoll Minuten. Das Publikum fühlt sich dennoch alles andere als gelangweilt, wohlwissend, dass die Amerikaner noch viel mehr in Petto haben. Black Metal, Dark Metal, Folk, Ambient, Post Metal, Doom - AGALLOCH fühlen sich an vielen Orten wohl. Allein die melodischen Gitarrenläufe blitzen immer wieder durch und halten das Ganze irgendwie zusammen.
Das was da von vorne lautstark durch den Raum schwappt, ist nicht unbedingt Musik, bei der man viele Kalorien verbrennt. Viele der Anwesenden kommen über ein Kopfnicken nicht hinaus. Dennoch zeigen die nach jedem Song herausbrechenden Jubelstürme, dass AGALLOCH hier zielsicher den einen oder anderen Nerv getroffen haben müssen. Gegen Ende verabschiedet sich die Band nach dem SOL INVICTUS Cover "Kneel To The Cross" von der Bühne, aber jeder weiß, dass hier noch was zu holen ist. So kommen sie mit erhobenen Weingläsern zurück, um noch einmal zum großen Finale anzusetzen. So kann Metal nämlich auch sein: Anspruchsvoll, mit Niveau, Abwechslung und vor allem Stil. Und damit am nächsten Tag die Arbeit nicht allzu sehr leidet, ist auch bereits pünktlich Dreiviertel Elf Schicht im Schacht.

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