Sepultura - A-Lex

Sepultura - A-Lex
Modern Thrash Metal
erschienen am 23.01.2009 bei SPV
dauert 54:20 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. A-Lex I
2. Moloko Mesto
3. Filthy Rot
4. We've Lost You
5. What I Do
6. A-Lex II
7. The Treatment
8. Metamorphosis
9. Sadistic Values
10. Forceful Behaviour
11. Conform
12. A-Lex III
13. The Experiment
14. Strike
15. Enough Said
16. Ludwig Van
17. A-Lex IV
18. Paradox

Die Bloodchamber meint:

„A-Lex“ ist das zweite Konzeptalbum von SEPULTURA, und das erste Album ohne Gründungsmitglied und Drummer Igor Cavalera (jetzt wegen seines Karmas „Iggor“ genannt). Für ihn springt Jean Dolabella (u.a. in A. Kissers Nebenprojekt HUBRIS tätig) ein, der das neue Album eingetrommelt hat. Produzenten sind Stanley Soares und SEPULTURA. Aufgenommen wurde „A-Lex“ 2008 in den Trama Studios in São Paulo. In der mehr als 25-jährigen Bandgeschichte ist es das elfte Studioalbum der Band, die nunmehr - außer Paulo Jr. (Bass) - nicht mehr aus Gründungsmitgliedern besteht. Gitarrist Andreas Kisser stieß erst 1986 zu SEPULTURA und ist neben den Bassisten das langlebigste Bandmitglied von SEPULTURA. Frontmann Derrick Green ist genauso lange bei SEPULTURA (seit 1997) wie sein Vorgänger Max Cavalera (1984 bis 1996).


Das Konzept

Texte und Konzept basieren auf den Anthony Burgess-Bestseller „ A Clockwork Orange“ (1962), der von Stanley Kubrick 1971 verfilmt wurde. Darin verbringt Teenager Alex seine meiste Zeit damit, andere zusammenzuschlagen, auszurauben und wenn es sich um Frauen handelt, auch zu vergewaltigen. Nach einer Intrige seiner Gang, wird er inhaftiert und zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Um schneller wieder daraus zu kommen nimmt er als Proband an einem neuen Programm teil. Mit diesem Programm wird sein Gehirn frei von Gewalt „gewaschen“ und zusammen mit ihm als „geheilt“ nach 14 Tagen entlassen. In Freiheit trifft er auf neue Probleme, seine Vergangenheit holt ihn ein und scheint ihn aufzufressen. Weiterhin gewalttätig, verspürt er keine Lust mehr zu diesen Unternehmungen und hat den Wunsch, eine Familie zu gründen und befindet sich so mit vielen anderen in der Tretmühle des menschlichen Daseins.

Ob SEPULTURA die angemessene Musik für dieses Konzept geschrieben haben, ist eine Sache der Herangehensweise. DIE TOTEN HOSEN wechselten mit "Ein Bisschen Horrorshow" sozusagen ins Charakterfach der Musikszene. SEPULTURA - so kann man vorurteilsbehaftet schreiben - nutzen es vielleicht als Aufhänger um im Gespräch zu bleiben. Und irgendwie ist es doch immer so mit Konzeptalben; sie werden oft dann geschrieben, wenn der Band nichts anderes einfällt.

Dass Interludien dazwischen gestreut werden, läuft oft unter dem Diktum "Konzept". Themen und Kapitel werden angemessen aus- und eingeleitet. Vielleicht mögen die Interludien überflüssig sein für manche journalistische Leisetreter, und unter dem Deckmäntelchen der Kritik diese kurzen Verschnaufpausen ihre Vorurteile hinein projezieren. Dass sich damit SEPULTURA vielleicht auch Arbeit (ich meine keine solide sondern gute) raufgeschafft hat, scheint zunächst einmal für die wenigsten diskutabel.


Die Musik

Dieses immer währende Wechselspiel von Auflehnung der Jugendlichen gegen das „System“ der Erwachsenen und Etablierten sowie der Tretmühle Alltag, aus der so viele zu entfliehen versuchen (deswegen gibt es ja Randkulturen), ist immer noch aktuell.

Was passt da als Soundtrack besser als SEPULTURAs neues Album. Musikalisch bewegt es sich in vielen aufblitzenden Momenten zwischen den beiden Alben „Arise“ und „Chaos A.D.“. Das soll keineswegs heißen, dass "Arise"-Fans hier "Arise" finden. Spuren der Vergangenheit sind es, SEPULTURAs eigenen Vergangenheit. Schon der Song „Moloko Mesto“ zeigt wohin der Hase im Pfeffer läuft und ordnet sich wie „We ‘ve Lost You“ punktgenau fette Thrashkaliber ein.

Songs wie „Filthy Rot“ weisen Spuren von Hardcore auf, spielen wieder mit folkloristischen Anleihen und besitzen zielgenauen Punch fürs Moshen. Die von Andreas Kisser eingestreuten Melodieführungen, Akustikparts und Soli klingen, als wäre die Zeit mit Max Cavalera endgültig Geschichte. So frisch klang nur „Dante XXI“, aber „A-Lex“ soll nicht besser sein als andere SEPULTURA-Veröffentlichungen.

An dieser Stelle breche ich einen Baumstamm für Derrick Greens Gesang auf dem Album. Mir persönlich ist es mittlerweile egal, ob die Cavalera-Brüder dabei sind oder nicht. Die Cavalera-Brüder haben hier nichts mehr zu tun und zu melden. Macht das ein Album oder eine Band wie SEPULTURA deswegen automatisch schlechter? Natürlich gibt es einige Stellen, wo es nicht mehr ganz so fesselnd klingt, aber das war schon bei den früheren Alben so. Und wer Max Cavalera in den früheren SEPULTURA-Alben hört, weiß, dass er auch nicht druckvoller und besser klang als Derrick jetzt. Und die Interludien stören nicht. Grundsätzlich finde ich jede Neuerung interessant und erwähnenswert, ohne auf ein Dissens herabzusteigen.

Bei „A-Lex“ hört man das Konzept gut heraus, nicht zuletzt wegen des Instrumentals „Ludwig Van“ am Ende des Albums. SEPULTURA haben an Innovation, Eingängigkeit und Brutalität kaum etwas eingebüßt, feiern natürlich auch ihre eigene Tradition und bringen sich mit „A-Lex“ wieder ins Tagesgespräch. Insofern ist es doch gesünder die Wahl zu haben; nämlich sich zwischen SEPULTURA und SOULFLY zu entscheiden. Alex hatte diese Wahl in einer anderen Meta-Ebene zu treffen, um so leichter dürfte es den Freunden knallhart recherchierter Literaturmucke im Grenzbereich zwischen Hardcore und Thrashmetal fallen. „A-Lex“ ist - zumindest für mich - eine Reise wert, ... zum nächsten Plattenhändler. Gebt dem Album eine Chance, es ist bei weitem nicht so schlecht, wie es andernorts gerne postuliert wird.
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