Atrocity - Werk 80 II

Atrocity - Werk 80 II
Melodic Death Metal
erschienen am 29.02.2008 bei Napalm Records
dauert 46:19 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. People Are People (Depeche Mode)
2. Smalltown Boy (Bronski Beat)
3. Relax (Frankie Goes To Hollywood)
4. Don't You (Forget About Me) (Simple Minds)
5. The Sun Always Shines On TV (A-HA)
6. Hey Little Girl (Icehouse)
7. Fade To Grey (Visage)
8. Such A Shame (Talk Talk)
9. Keine Heimat (Ideal)
10. Here Comes The Rain Again (Eurythmics)
11. Forever Young (Alphaville)

Die Bloodchamber meint:

Etwas mehr als zehn Jahre ist es her, dass ATROCITY mit „Werk 80“ ihr erfolgreichstes Album veröffentlichten. Das Konzept, unkaputtbare Pop Hits aus den goldenen Achtzigern in ein elektronisch angehauchtes Metal Korsett zu pressen, ging voll auf und bescherte der Band ihren kommerziellen Höhepunkt. Seitdem haben Alex Krull & Co. jedoch gerade mal zwei „richtige“ Studioalben auf die Kette bekommen, welche auch deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben – künstlerisch, und kommerziell sowieso. Es lag also nahe, den Weg in die eigene Vergangenheit zu suchen und das bewährte Erfolgsrezept noch einmal auszubuddeln. Und hier ist es dann also, das „Werk 80 II“. Elf mal „neuer“ Stoff, den jeder schon mal gehört haben sollte, und auf dem Cover posiert Dita von Teese. So weit, so gut.

Wie bei jedem anderen Coveralbum bietet auch „Werk 80 II“ (übrigens ebenso wie der Vorgänger) sowohl Licht als auch Schatten. Um sich von Teil eins abzugrenzen, haben ATROCITY diesmal auf jedwede elektronische Spielerei verzichtet und die Songs stattdessen in ein bombastisches Gewand gekleidet. Massive Streichereinsätze, Piano, Hintergrundchöre sowie ab und an das unvermeidliche Gesäusel von Krulls Gespielin Liv Kristine (LEAVES’ EYES) – alles ist vertreten, was irgendwie nach Klischee klingt. Dass dies die im Original ja eher spartanisch inszenierten Songs teilweise unpassend überfrachtet und aufbläht, ist ein Risiko, das man wohl bewusst eingegangen ist, denn teilweise funktionieren die Umsetzungen erstaunlich gut. So ist zum Beispiel der DEPECHE MODE Superhit „People Are People“ richtig gelungen, wobei es aber auch schwer ist, so einen grandiosen Song überhaupt schlecht umzusetzen. BRONSKI BEATs „Smalltown Boy“ ist ebenfalls top, genauso wie „Fade To Grey“ (VISAGE) und die alte IDEAL Perle „Keine Heimat“, die geschickt von NDW auf NDH getrimmt wurde.

Dazwischen gibt es ein paar Songs, die zwar recht ansprechend umgesetzt wurden, aber irgendwie nicht spektakulär genug sind, um den Hörer auf die Dauer zu fesseln. Es mag daran liegen, dass ich sowohl „Hey Little Girl“ (ICEHOUSE) als auch „Such A Shame“ (TALK TALK) und „Here Comes The Rain Again“ (EURYTHMICS) im Original ebenfalls nicht so berauschend finde, aber insgesamt fehlt mir hier einfach der Mut, mal etwas anderes zu versuchen. Bei der alten Gay Hymne „Relax“ von FRANKIE GOES TO HOLLYWOOD dagegen lässt man es zwar härtetechnisch richtig krachen, aber ob das dem Stück wirklich gut tut, weiß ich immer noch nicht. Was aber auf jeden Fall bei allen Tracks deutlich wird, ist, dass Krull echt nicht die Bohne singen kann. Brüllen – okay, aber da sich auf „Werk 80 II“ fast alles im cleanen Bereich abspielt, läuft es einem ab und an doch kalt den Rücken runter.

Wie auch immer, drei mal haben ATROCITY auch noch richtig ins Klo gegriffen: das ohnehin gruselige „The Sun Always Shines On TV“ von A-HA wird vor allem aufgrund Kristines Gesang noch nerviger als das Original (auch ne Leistung, Respekt!), der an sich brillante SIMPLE MINDS Evergreen „Don’t You (Forget About Me)“ (kennt eigentlich jemand noch „Breakfast Club“?) wird ohne Rücksicht auf Verluste vollkommen verschandelt, und mit der schmierig-kitschigen Ballade „Forever Young“ aus der Feder von ALPHAVILLE geht „Werk 80 II“ dann mit einer gehörigen Portion Langeweile zu Ende.

Dennoch: alleine aufgrund der Klasse der Vorlagen ist diese Platte für Freunde des ersten Teils durchaus zu empfehlen, und auch wer generell ein offenes Ohr für die teilweise wirklich exquisite Popmusik der 80er hat, sollte in „Werk 80 II“ auf jeden Fall mal reinhören. Ob ATROCITY aber eigentlich noch eine Daseinsberechtigung als Metalband haben, kann hier nicht abschließend geklärt werden.
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