Über Eulen, Schläge auf den Kopf und Bastarde


Interview mit Cult Of Luna
Post Metal aus Schweden - Umeå
Interview mit Johannes Persson (g. + v.) von CULT OF LUNA am 20.06.2008 in Chemnitz im AJZ für die Radiosendung Mosh-Club auf Radio T in Chemnitz. www.mosh-club.de.vu und www.radiot.de
Auf der Seite der Sendung könnt ihr euch das Interview als mp3 runterladen.

Björn: Die letzten drei Tage seid ihr von LOWOOD begeleitet worden. Habt ihr die selber als Vorgruppe ausgewählt?

Johannes:
Ja.

Freunde von euch?

Mittlerweile ja, also neue Freunde. Wir haben eine Liste mit Bands, die sich bei uns beworben haben uns zu begleiten, und LOWOOD haben sich einfach interessant angehört. Mittlerweile bin ich sehr froh sie ausgesucht zu haben. Ich höre und mache schon sehr lange Musik, und es berührt mich nicht mehr viel. Und obwohl es nur zwei Mädels sind, ist ihre Musik überwältigend und trifft mich tief im Inneren. Sie sind eine der besten Bands, die ich in letzter Zeit gehört habe.

Das klappt aber auch mit dem Publikum, obwohl die Musik so anders ist?

Ich denke schon, dass gute Reaktionen vom Publikum bekommen. Unser Publikum ist sowieso breit gefächert und bei den bisherigen Konzerten haben sie bessere Reaktion bekommen, als ich es erwartet hätte.

Kommen wir mal auf euer neues Album „Eternal Kingdom“ zu sprechen. Es ist jetzt eine Woche draußen, und wie sind denn bisher die Reaktionen?

Eigentlich sehr gut. Ich bin eigentlich der Pessimist in der Band und denke immer, dass das sowieso unser letztes Album sein wird und uns danach alle Leute hassen werden, aber das Gegenteil ist eingetreten, und das war schon überraschend für mich. Wir schätzen es sehr, wenn Fans uns auf unserer musikalischen Entwicklung begleiten und auch verstehen, dass wir uns und wie wir uns musikalisch entwickeln. Die Reaktionen auf „Eternal Kingdom“ machen mich schon ein wenig glücklich.
Aber natürlich fangen jetzt die Diskussionen an, welches Album das beste Album ist, und das ist bei mir ja nicht anders bei Bands, die ich wirklich mag. Wenn man das berücksichtigt, sind die Reaktionen ganz gut.

Wenn du „Eternal Kingdom“ mit den anderen Alben vergleichst, wo siehst du die Unterschiede?

Das ist eine Frage, die man unmöglich beantworten kann. Die Alben unterscheiden sich sowieso alle stark. Aber wenn man es mit dem letzten Album „Somewhere along the Highway“ vergleicht, ist „Eternal Kingdom“ direkter und heavier und vielleicht auch etwas kompakter. „Somewhere along the highway“ basierte mehr auf den langen instrumentalen Teilen, die wir zwar immer noch haben aber nicht mehr so ausdehnen. Und auch dadurch ist „Eternal Kingdom“ noch eine Stufe heavier gworden.

In dem Review zu „Eternal Kingdom“ hat der Autor bei uns geschrieben, dass das Album mit mehr Abwechslungsreichtum besticht.

Es ist immer schwer andere Meinungen zu kommentieren, denn jede Meinung ist gültig. Ich verstehe schon, was er sagen will, aber „Somewhere along the highway“ war auch schon sehr abwechslungsreich. Wir hatten alles von Drum-Loops und sogar Country Balladen, aber zu der Meinung kann man kommen.

War das für euch eine normale Weiterentwicklung als Band oder habt ihr z.B. was beim Schreiben der Songs verändert?

Eigentlich waren wir uns sehr unsicher, ob wir uns in diese Richtung entwickeln sollte, aber was das Songwriting betrifft, haben wir viel mehr die Songs zusammen arrangiert als noch bei den letzten Alben. Sie zusammen schreiben können wir gar nicht. Wir leben ja in drei verschiedenen Städten und da ist das fast unmöglich.

Und wie schreibt ihr dann die Songs, wenn es so schwer ist, alle zusammenzubekommen?

Die Basis eines Songs steht meistens schon, wenn wir zusammenkommen, und dann jammen wir ein bisschen, und der Song entsteht recht flott. Das handelt sich bei uns nur um Stunden, bis ein Song fertig geschrieben ist. Meistens haben das Grundgerüst aber nur eine oder zwei Personen entworfen.

„Eternal Kingdom" hat neben der Musik noch das fantastische Cover, das bebilderte Booklet und die Geschichte, die dahinter steckt. Ist das eine Art und Weise die Kids davon abzuhalten, sich einfach die CD herunterzuladen und sie stattdessen dazu zu bringen, sie zu kaufen?

Ganz und gar nicht, das Cover und die Gestaltung könnten vielleicht ein Kaufanreiz sein, aber die Story nicht so sehr. Die Download-Problematik geht mir sowieso auf den Sack, besonders dieses Mal. Das hat gar nichts mit Geld zu tun. Wir bekommen kein Geld für die CDs und auch sonst bekommen nur wenige Bands Geld dafür. Es hat damit zu tun, dass man als Künstler die Kontrolle über seine Veröffentlichungen haben will. Bei diesem Album gehen Gestaltung, Musik und die Texte Hand in Hand, und es wird ein großes Ganzes daraus. Und nun hat ein Bastard von einem Journalisten sich das Recht herausgenommen, eines dieser Teile vorab in einer schlechten Qualität zu veröffentlichen.
Ich habe das in vielen Interviews angesprochen, und ich hoffe wir finden diesen Bastard, denn dann sind mir die Gesetze egal, und er wird nur noch mit einem offenen Auge schlafen können. Sollte er selbst in einer Band spielen, kann er ja mit der Musik machen, was er will. Aber solange er nur das Album reviewen soll, soll er auch nur das Album reviewen.
Ich bete zu den Göttern der Musik, dass wir herausfinden, wer es war, denn dann können wir ein Exempel an ihm statuieren, so dass so was nie wieder vorkommt. Ich werde nicht oft wütend, aber wenn ich wütend werde... Wir werden abwarten und sehen was passiert, aus welchem Land er oder sie kommt wissen wir schon.

Ich dachte immer die Downloads bei Earache haben ein Wasserzeichen, so dass sie auf eine bestimmt Person zurückverfolgt werden können.

Das interessiert mich eigentlich gar nicht. Wir haben wenig mit dem Label zu tun, und um Geld geht es sowieso nicht. Musik entsteht nicht aus dem Nichts. Es dauert Monate voller Blut, Schweiß und Tränen bei den Kämpfen innerhalb der Band. Und dann kommt jemand und nimmt es als selbstverständlich hin einen Teil aus diesem Puzzle zu veröffentlichen.

Kommen wir mal wieder zurück zu „Eternal Kingdom“. Hinter dem Album steht ein textliches Konzept. Du wirst das wahrscheinlich in jedem Interview gefragt, ob du es kurz erklären könntest, obwohl es ja auch die Promoseite zu „Eternal Kingdom“ gibt. ( http://www.myspace.com/cultoflunaeternalkingdom)

Das ist ja aber auch nur eine gekürzte Version der Geschichte. Es würde eine Stunde dauern, die komplette Geschichte zu erzählen, wie wir das Buch gefunden haben und die Geschichte darin, die voller Details ist.
Wir hatten unseren Proberaum in einer alten psychiatrischen Anstalt, die von 1920 bis 1970 oder 1980 geöffnet war. Mittlerweile sind dort Proberäume, Tonstudios, Büros, Zahnärzte und eigentlich alles drin - es ist ein riesiger Komplex. Als wir den Proberaum gewechselt haben, haben wir alles aufgeräumt und eine Kiste mit Fachzeitschriften, Instrumenten und Büchern gefunden, unter anderem auch ein Buch eines Patienten mit Namen Holger Nilsson.
Er schreibt dahin seine Geschichte auf, über die Welt, in der er lebt, das „Eternal Kingdom“, wie man es wohl auf Englisch übersetzen würde. Er wurde für Mord an seiner Frau verurteilt, und wir beginnen an dem Punkt der Geschichte, wo seine Frau stirbt und die guten und die bösen Tiere miteinander kämpfen. Die guten Tiere verlieren, und er wird von den bösen Tieren unter ihrem Anführer „Ugin“, einer Eule, in einen Berg gesperrt.

Du hast gesagt, dass die Geschichte damit endet, dass Holger in sein Gefängnis gesteckt wird. In den Erklärungen schreibst du „This is where we leave our friend Holger Nilsson on this album“. Geht die Geschichte denn weiter?

Ja, sie geht noch weiter. Wir mussten sie aber schon kürzen und etwas umschreiben für das Album. Wir mussten uns die wichtigsten Teile herauspicken und dann die Lücken dazwischen füllen. Der große Teil ist aber trotzdem wahr. Wir mussten nur etwas hinzufügen, damit sie für das Album funktioniert. Die Geschichte geht weiter und wir denken gerade...

An „Eternal Kingdom 2“?

Nein, aber wir könnten die Geschichte zum Beispiel in anderen Medien weiterführen. Wir diskutieren gerade in der Band darüber. Ein zweites Album wäre dann doch etwas langweilig. Wir wollen uns als Band weiterentwickeln, und das würde nicht passen. Die Geschichte mit Texten, dem Artwork und der Musik zu erzählen, war eine große Herausforderung für mich, und ich denke, es ist mir gut gelungen. Warum sollte ich es also wiederholen? Aber man weiß ja nie.

Ihr hattet ja nun lange euren Proberaum in einer Psychiatrie. Ihr habt diese Folterwerkzeuge gefunden, wie du sie genannt hast. Du hast das Buch von Holger Nilsson gelesen. Hast du dich da eingehender mit dem Thema Psychiatrie und Was ist normal und Was ist nicht normal befasst?

Wir hatten gestern zum Beispiel gerade in der Band das Thema, was eine psychische Krankheit ist und was nicht. Wir haben über Psychologie als Wissenschaft geredet, denn wenn man physisch krank ist, ist das einfach zu erkennen. Aber wenn irgendwas mit dem Gehirn ist, wird es schwierig, denn das Gehirn ist mit so vielen Sachen wie dem freien Willen und so verknüpft. Es ist schwierig, sich jetzt darüber zu unterhalten, aber es ist schon erschreckend, dass man eine andere Person werden könnte, wenn man einen Schlag auf den Kopf bekommt. Alle meine Werte und Normen sind irgendwo in meinem Schädel gespeichert, und wenn die weg sind, ist man eine komplett andere Person. Letzte Woche habe ich einen Film über Veteranen aus dem Irak-Krieg gesehen. Da war dieser eine Typ, der eine Kugel in den Kopf bekommen hatte und jetzt geistig behindert ist. Sie haben Fotos gezeigt, wo er ein normaler Jugendlicher war. Jetzt nimmt er von seiner Umwelt gar nichts mehr wahr, und das verängstigt mich total.
Du hast damit ein philosophisches Thema angesprochen, und wir könnten da noch Stunden darüber reden und würden zu nichts kommen. Aber es ist ein sehr interessantes Thema.

Zum Abschluss des Interviews darfst du dir noch für die Radiosendung ein Lied einer anderen Band wünschen, das irgendwie in die Bereiche Punk, Metal oder Hardcore passt.

Das ist ziemlich schwer für mich, denn das meiste Zeugs, das ich höre, passt da nicht rein. Aber ich weiß schon. Eines der besten Alben meiner Meinung nach, obwohl ich nicht so viel Metal höre, ist „Slaughter of the soul“ von AT THE GATES. Sie machen ja gerade die Reunion, und wir spielen am selben Tag wie sie auf dem Hellfest. Ich hoffe, es ergibt sich die Chance, sie zu sehen. Spiel den Titeltrack vom Album, obwohl ich das komplette Album sehr mag.
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