Panzerballett

Panzerballett

Panzerballett
Regensburg, Leerer Beutel
12.11.2013
Mir ist ja schon im Vorfeld klar, dass dies ein ganz besonderes Konzert werden wird. Metal trifft auf Jazz und wo man normalerweise langhaarige Kuttenträger gewohnt ist, versammeln sich adrett gekleidete Menschen. Statt eines Bieres darf es auch mal ein Glas Rotwein sein und damit das Ganze einen etwas gemütlicheren Charakter bekommt, gibt es natürlich auch Stühle und Tische. Eine Atmosphäre, die passender nicht sein könnte, denn immerhin gibt es mit PANZERBALLETT eine Band zu hören, deren Musik mit gewöhnlichen Maßstäben nicht kategorisiert werden kann und die sowohl an Musiker als auch Zuhörer höchste Ansprüche stellt.

Als Metalfan ist man es nicht anders gewohnt, als dass ein Konzert mit einem pompösen Intro und enormen Nebelschwaden gestartet wird. Doch hier ist eben alles anders. Die fünf Jungs von PANZERBALLETT gehen gemütlich auf die Bühne und stimmen noch einmal ihre Instrumente, erst dann begibt sich Frontmann Jan Zehrfeld ans Mikrofon, um alle kurz zu begrüßen. Zuerst äußert er die Bedenken des Schlagzeugers, dass die Lautstärke wohl den herkömmlichen Rahmen sprengen könnte, und danach sagt er einen Satz, der den Abend beschreibt wie kein anderer: „Wir fangen krass an und werden zum Ende hin immer krasser.“

Zugegeben, ich bin überrascht von der Lautstärke und der Dichte des Sounds, die mir aus den Lautsprechern entgegen kommen. In so einer Umgebung ist man diese Extremität nicht gewohnt, doch ich kann auch nicht sagen, dass mir nicht gefällt, was ich höre. Im Gegenteil, nachdem der erste Schock verklungen ist, beginne ich langsam zu begreifen, was für eine virtuose Musik zu hören ist. Virtuos und gleichzeitig brutal. Mit dem Pegel hart an der Schmerzgrenze und dem obersten Ziel, die Grenzen der Musik auszuloten. Ich spreche dabei nicht nur von langen Gitarrensoli oder schnellem Gefrickel auf den Instrumenten, sondern von einer grundlegenden Verzahnung des Liedes. Wem ein gewöhnlicher 5/4 Takt zu langweilig ist, der hat bei der Neuinterpretation des Klassikers „Take Five“ sein Lieblingsstück gefunden, und wem ein normales Riff zu langweilig erscheint, der kann beim „Zehrfunk“ den Stereoeffekt durch das abwechselnde Spielen von Sechzehntelnoten von beiden Gitarren genießen. Egal ob Polyrhythmik, synkopisches Spiel oder auch spontane Breakdowns, die in einer neuen Songentwicklung enden, die Liste der Stilmittel ist lang und als Zuhörer kann man über dieses schier endlose Repertoire, aus dem die Musiker schöpfen, nur den Kopf schütteln. Während viele Bands ihre extreme Musik durch tiefergestimmten Gitarren und ununterbrochenes Double Bass Feuer definieren, wählen PANZERBALLETT geschicktere Wege und Mittel, um aus Jazz Standards oder Eigenkompositionen extreme Musik zu schöpfen. Es genügen schon leichte Elemente aus der Metalwelt, um zusammen mit den verrückten Arrangements Musik zu erzeugen, die im Ohr des Zuhörers ähnlich brutale Effekte wie bei NILE oder SUFFOCATION erzielen. In gewissem Sinn kommen andere technisch versierte Bands wie MESHUGGAH der Musik von PANZERBALLETT schon irgendwie ziemlich nah, doch auch nur auf eine entfernte Art und Weise, die immer noch genügend Platz lässt, um beiden Bands ein eigenes Siegertreppchen zu überlassen.

Zweimal 45 Minuten gibt es zu hören - die kurze Pause ist auch dringend notwendig, um das Gehirn für eine kurze Zeit entlasten zu können. Nach Liedern wie „Zehrfunk“, „Aspirine Smoke“ oder „Euroblast“ wirken die Grundmauern der bekannten Musikwelt erschüttert, gleichzeitig kann man nur noch staunen ob der quasi noch unbekannten Klänge, die man soeben vernommen hat. Mit „Some Skunk Funk“ oder „Mustafari Likes Di Carnival“ gibt es noch weitere Highlights vom aktuellen Album „Tank Goodness“, und natürlich darf auch mein persönliches Highlight „Vulgar Display Of Sauerkraut“ nicht fehlen. Hier zeigt sich das Quintett von seiner metallenen Seite und groovt in bester DISMEMBER-Manier durch die Akkorde. Egal ob Neuinterpretation von Klassikern wie „Time Of My Life“ oder Eigenkompositionen wie der bereits erwähnte „Zehrfunk“, mit ausgiebigen Improvisationen der einzelnen Solisten, das Publikum ist nach jedem Song sichtlich begeistert. Es hat sich zwar nur eine überschaubare Menge versammelt, doch man merkt deutlich, dass nach diesem Auftritt einiges an Mundpropaganda folgen wird. Zwei Zugaben sind nötig und selbst nach „Thunderstruck“ und der Titelmelodie der Simpsons hätte das Publikum noch Lust auf mehr. Für mich ein absolut einmaliges Konzert mit einer Performance, die alle bisherigen Maßstäbe sprengt und die ich an dieser Stelle nur jedem weiterempfehlen kann.

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