Dark Tranquillity - Construct

Dark Tranquillity - Construct
Melodic Death Metal
erschienen am 24.05.2013 bei Century Media
dauert 42:22 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. For Broken Words
2. The Science Of Noise
3. Uniformity
4. The Silence In Between
5. Apathetic
6. What Only You Know
7. Endtime Hearts
8. State Of Trust
9. Weight Of The End
10. None Becoming

Die Bloodchamber meint:

Schön. Ein Wort, dessen eigentliche Bedeutung einerseits dank des unleidlichen Strebens nach literarischen Extremen nach und nach in Vergessenheit gerät sowie andererseits aufgrund seines inflationären Gebrauchs als Attribut für Banalitäten bereits stark verwässert wurde. Dennoch ist es in seinem Kern ein sehr schnörkelloses, emotionales, gehaltvolles und starkes Adjektiv. Und zudem absolut passend und als alleiniges Merkmal geeignet für die Beschreibung von "Construct", dem zehnten Album von DARK TRANQUILLITY.

Bodenständig - noch so ein Begriff, der meist fälschlicherweise mit 'langweilig' assoziiert wird. Dabei ist es nur ein Ausdruck dafür, dass die Schweden es nach zwanzig Jahren Bandgeschichte einfach nicht mehr nötig haben, mit irgendwelchen Provokationen oder billiger Effekthascherei kurzzeitig Aufmerksamkeit hervorzukrampfen. Das musikalische Aushängeschild, welches sie mit Hilfe ihrer letzten Alben großflächig eingefärbt und nuanciert haben, wird weiterhin stolz vor der Brust getragen. Die Konstanz, mit der DARK TRANQUILLITY ihre Vorstellung von melodischem Death Metal präsentieren, ist zugleich ihre größte Stärke. Kaum jemand dürfte von "Construct" groß überrascht werden, jedoch wird im Gegenzug auch keiner enttäuscht sein, der "We Are The Void", "Fiction" oder "Character" mochte.

Das neue Album erzeugt stets dieses wohlige Gefühl der Vertrautheit, sowohl beim erstmaligen wie auch beim wiederholten Hören. Immer wieder überraschen die Songs mit begeisternden, spontan wirkenden Einfällen und wühlen ausgiebig im Sound- und Melodierepertoire der Band. Da gibt es klaren, düsteren und aggressiven Gesang, griffige Gitarrenriffs und ausschweifende Melodien, einwickelnden Keyboardnebel und filigrane Pianozipfel. Gelegentlich zeigen sich kleine Ansätze von Progressivität, oftmals jedoch ist "Construct" eher direkt veranlagt. Abwechslung gibt es zuhauf, und dennoch: Im Grunde wird kaum was geboten, was die Schweden nicht auch schon vorher in irgendeiner Form produziert hätten. Wie auch immer jeder diese Aussage jetzt für sich interpretieren möchte.

Denn das kleine Problem, was ich persönlich mit "Construct" habe, ergibt sich daraus, dass die 10 enthaltenen Stücke sich während des Anhörens als die Quintessenz der letzten DARK TRANQUILLITY Alben präsentieren. Wenn zum Beispiel "What Only You Know" nur beginnt, oder "Weight Of The End" zum großen Refrain ansetzt, dreht das Gefühlszentrum Extrarunden. Jedoch nach den viel zu kurzen 42 Minuten Laufzeit stellt sich stets eine schwer erklärbare Art von Ernüchterung ein. Klar, man kann problemlos noch mal von vorne anfangen, aber so ein kleines I-Tüpfelchen, so ein kleines lustiges Muster im Schaum vom Milchkaffee, irgendwie bleibt der unterschwellige Wunsch nach so einem Highlight, was nach dem Erklingen des letzten Tons noch fest im Gedächtnis verankert bleibt.

Und da wären wir wieder beim Wort 'schön'. Denn das ist "Construct" ohne Zweifel. Echte Schönheit hat jedoch oft auch den Makel, dass sie eben keine davon hat. Diese Unzulänglichkeiten sind aber oftmals der Unterschied zwischen einem künstlichen Konstrukt und einem natürlich entstandenen Charakter und der Grund dafür, weshalb wir das letztere mehr mögen. Bevor ich mich jetzt jedoch noch weiter in pseudophilisophischem Gelaber verfange: Hört es euch einfach selbst an und ignoriert meine Herumnörgelei an Nichtigkeiten.
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