Wohlan, wohlan: Die italienischen Erfinder neuer Stilbezeichnungen legen mit „Live in Canada: The Dark Secret“ ihr erstes Tourdokument vor, und das, obwohl die europäischen Festivalauftritte im Sommer 2005 bei Fans und Magazinen gleichermassen durchwachsen aufgenommen wurden. Besagte Scheibe wurde allerdings in Montreal mitgeschnitten – mal schauen, wie sich Rhapsody dort im Juni präsentierten...
Nach einem kurzen Intro von Christopher Lee betreten die „five immortal warriors“ (dass Joey aber auch jeder Band seinen Poserstempel aufdrücken muss) die Bühne und erwischen mit „Unholy Warcry“ vom letzten Album einen Einstand nach Mass – der geniale Song, präzise Instrumentalarbeit und ein gut aufgelegter Fabio heizen der Menge perfekt ein, was mit immer wieder aufkommenden Publikumsreaktionen honoriert wird.
Nach ein paar französischen Willkommensworten geht es mit „Wisdom Of The Kings“ hochklassig weiter und bereits nach dem anschliessenden „Village Of Dwarves“ zeigen diverse „Rhapsody!“-Chöre, dass die Band auf eine loyale Fanbasis bauen kann - das mit den obligatorischen Soli versetzte „Erian's Mystical Rhymes“, sowie der Uptempo-Kracher „Dawn of Victory“ halten das Volk dementsprechend ordentlich bei Laune. Gottseidank kann man daher auf nervige Animationslaberei und ähnliches verzichten, die Musik spricht grösstenteils für sich selbst.
Bei „Lamento Eroico“ zeigt Sänger Fabio anschliessend, dass er auch live fähig ist, seinen gesamten Stimmumfang auszuschöpfen: Diese Version ist dem Original in jeder Hinsicht ebenbürtig und mag so gar nicht zu den eingangs erwähnten Negativberichten passen – eventuelle Schlussfol- gerungen seien vorurteilsfrei dem Einzelnen überlassen.
„Nightfall On The Grey Mountains“ hingegen hätte man getrost ersetzen können: Hier gerät der Fluss der Show kurzzeitig etwas aus den Fugen, was sich allerdings spätestens beim Klassiker „March Of The Swordmaster“ wieder in Wohlgefallen auflöst. Und wenn nach diversen Mitsingspielchen schliesslich das „Emerald Sword“ gezückt wird, sollten auch Fans der älteren Scheiben zufrieden sein – eine ausgewogene (gut editierte) Stunde orchestralen Metals geht ihrem Ende entgegen.
Soundtechnisch lässt das von Joey DeMaio produzierte „The Dark Secret“ wenig Raum für Kritik: Sämtliche Elemente kommen angemessen klar aus den Boxen, die Gesangsleistung ist – bis auf wenige allzu theatralische Vibratoeinlagen – durchweg hörenswert und sorgt zusammen mit dem angenehm präsenten Publikum für ein gelungenes Konzertgefühl. Die Tatsache, dass die ein oder andere Keyboardspur praktischen Aspekten zum Opfer fiel, ist da durchaus zu verzeihen – zum einen sorgt man so für ein direkteres musikalisches Gesamtbild, zum anderen macht es ja auch viel mehr Spass, diese Melodien dann pfeifend oder brummend zu ergänzen...

Wenn ihr Fans dieser Band seid, ist die in zwei Versionen erscheinende Scheibe essentiell – und falls ihr eine der besseren Fantasy-Metal-Bands mal in Aktion hören wollt, solltet ihr dieses energiegeladene Album zumindest antesten...