Gorgoroth - Pentagram

Gorgoroth - Pentagram
Black Metal
erschienen in 1994
dauert 29:17 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Begravelsesnatt
2. Crushing The Scepter (Regaining A Lost Dominion)
3. Ritual
4. Drømmer Om Død
5. Katharinas Bortgang
6. Huldrelokk
7. Under The Pagan Megalith
8. Måneskyggens Slave

Die Bloodchamber meint:

Gehen wir zurück in die gute alte Zeit. Die Jahre, als Black Metal noch undergroundig und böse, die Luft des Nordens vom Rauch brennender Kirchen geschwängert und Norwegen Heimat einiger der innovativsten und radikalsten Metalbands weltweit war. Gehen wir zurück ins Jahr 1994. Euronymous weilte zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr unter uns und MAYHEM veröffentlichten posthum das legendäre Album „De Mysteriis Dom Sathanas‟. DARKTHRONE hatten in diesem Jahr schon ihr drittes Black Metal Album am Start, „Transilvanian Hunger‟, wie wir alle wissen. Von SATYRICON bekamen wir „The Shadowthrone‟ geschenkt, von EMPEROR das monumentale Werk „In the Nightside Eclipse‟, ENSLAVED hauten gleich zwei Alben raus, „Vikingligr Veldi‟ und „Frost‟ und IMMORTAL werkelten bereits an ihrem dritten Album „Battles in the North‟. Das war das Jahr 1994. Doch eine Band, die in den folgenden Jahren einen immensen Rummel um sich vereinigen würde, haben wir unerwähnt gelassen. Denn in diesem Jahr erschien auch das Debüt von GORGOROTH, einer Band aus Bergen, deren Image den norwegischen Black Metal für unzählige Metalheads geprägt hat und die jenseits des Musikalischen das Prinzip der Seifenoper im Black Metal etabliert hat. Aber eins nach dem anderen.

Man sieht an den genannten Namen und Daten, dass GORGOROTH zwar früh dabei waren, aber nicht zur ersten schwarmetallischen Generation Norwegens gehören. Die Band wurde 1992 gegründet, als es in Oslo und Bergen bereits brummte und wesentliche Teile des Mythos geschrieben waren. Doch sie waren immer noch so früh dran, dass sie bald zu den ganz Großen der Szene zählen konnten. Und mit ihrem Debüt „Pentagram‟ haben sie die Blaupause für etwas abgeliefert, das von vielen kopiert werden sollte. „Pentagram‟ ist gradlinig, kalt, flirrend und hasserfüllt. Das liegt nicht zuletzt an der Performance des ersten Sängers der Band. Hat sollte nach seinen Leistungen auf „Pentagram‟ wieder in der Versenkung verschwinden, doch hier hat er sich in der Musikgeschichte verewigt. Ganz sicher ist er kein großer Vokalakrobat, doch schon die ersten Töne seines manischen, koboldhaften Gekreisches machen deutlich, dass weder heute, geschweige denn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung als Durchschnittsware bezeichnet werden konnte. GORGOROTH haben bereits auf ihrem ersten Album eine eigene Stimme gefunden, wobei die Einflüsse von MAYHEM im Riffing deutlich zu erkennen sind. Doch sie grenzen sich von ihren Zeitgenossen dadurch ab, dass sie sehr schnell auf den Punkt kommen, temporeich nach vorne preschen und vor allem zerstören wollen. Die Atmosphäre ist bei anderen Bands epischer und mystischer, bei GORGOROTH ist sie vor allem kompromisslos gewalttätig.

Das Songmaterial auf „Pentagram‟ ist dabei durchweg hochwertig. Vor allem mit einem Song wie „(Under) The Pagan Megalith‟ beweist Mastermind Infernus, dass er einiges zu bieten hatte. Manchmal lugt auch eine Melodie hervor, nur um im nächsten Moment wieder in eisiger Kälte zu erstarren und der Gewalt eines arktisches Sturmes Platz zu machen. „Pentagram‟ ist dabei durchaus abwechslungsreich und lohnt auch nach mehr als zwanzig Jahren den ein oder anderen Hördurchgang, denn so klischeebeladen die Aussage klingt: Irgendwie fühlt sich Black Metal heute einfach anders an. Es ist ein wenig von der Magie der Anfangs, die auf „Pentagram‟ durchschimmert und das allein bedeutet, dass jeder wahre Schwarzmetaller das gute Stück im Schrank stehen haben sollte.

Doch zu GORGOROTH gibt es noch einiges mehr zu sagen, wenn auch nicht nur Gutes. Mit ihren beiden kommenden Alben haben sie ihren Ruhm gefestigt, denn auch „Antichrist‟ und „Under the Sign of Hell‟ sind bei allen Unterschieden als Klassiker zu bezeichnen. Vor allem auf Letzterem beweist Pest, dass er in der Geschichte der Band der deutlich überlegene Vokalist ist. Doch nach dieser unheiligen Trilogie begann der unaufhaltsame Verfall, der mit ihrem zunehmenden Ruhm einherging. Der neue Frontmann Ghaal wurde zum Aushängeschild der Band und nicht zuletzt durch die Fotos von Peter Beste zur Ikone des norwegischen Black Metal erhoben. Doch musikalisch ging es abwärts, ein Album wie „Incipit Satan‟ vermag kaum mehr als eine blasse Ahnung dessen zu vermitteln, was einmal die Qualität der Band ausgemacht hat. Dazu kamen dann persönliche Animositäten, Spaltungen und Rechtsstreitigkeiten um den Namen, bzw. die Marke GORGOROTH. Über viele Jahre bot die Band mehr Schmierentheater als ernstzunehmende Musik. Dies sollte sich jedoch mit dem letzten Album „Quantos Possunt Ad Satanitatem Trahunt‟ noch einmal ändern, auf dem Infernus Pest wieder zurück holte und noch einmal die Erinnerungen an die alten Tage aufleben ließ. Doch auch Pest ist inzwischen wieder Geschichte und ob von GORGOROTH noch einmal etwas Substanzielles zu hören sein wird, ist fraglich.

Lehnen wir uns also zurück. Schließen wir die Augen und reisen wir ins Jahr 1994. In die Tage, als die Winter noch verschneit waren, wahre Männer mit Hellebarden auf Bandfotos posierten und sich niemand vorstellen konnte, dass in den kommenden zwanzig Jahren Corpsepaint tausendfach für pubertäre Lachnummern auf YouTube missbraucht würde. Lehnen wir uns zurück und genießen ein Album, das vielleicht kein Meisterwerk des Genres ist, doch das viel von der magischen Aura vermittelt, die den Black Metal Norwegens in diesen Tagen ausmachte.
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